Menschen greifen über mobile Geräte auf Produktinformationen zu. Solange dies bequem möglich ist, liegt die Vermutung nahe, dass Kunden viel online und weniger in der Innenstadt einkaufen. Für Händler stellt sich also die Frage: Wie kann der lokale Handel vom Online-Handel profitieren?
Zum Beispiel, indem der Einzelhandel auch auf Online-Marktplätzen auf sein Angebot aufmerksam macht. Diese Schlussfolgerung zogen die Wirtschaftsförderung Mönchengladbach (WFMG) und das E-Web Research Center der Hochschule Niederrhein aus ihrer Studie „Auswirkungen des Online-Handels auf Städte und Gemeinden in NRW am Beispiel der Stadt Mönchengladbach“. Ein darin angestellter Vergleich vorhandener Online-Marktplätze ergab, dass eine Zusammenarbeit mit Ebay für Händler empfehlenswert sei: „Bei Ebay erreichen die Händler über 17 Millionen aktive Käufer in Deutschland und 157 Millionen weltweit.“ Aus Sicht von Dr. Stephan Zoll, Vice President bei Ebay Germany, bietet das Studienprojekt einen geeigneten Anknüpfungspunkt, um einmal zu testen, wie attraktiv sich eine Kooperation für alle Beteiligten gestaltet. Daher startete Ebay Deutschland das Pilotprojekt „Mönchengladbach bei Ebay“ am 2. Oktober 2015 mit „mg.retail2020“ – einem Projekt der WFMG und des E-Web Research Centers der Hochschule Niederrhein.
Händler stellen sich Herausforderungen
„Neben den mehr als 400 gewerblichen Online-Händlern aus Mönchengladbach, die Ebay schon länger als Vertriebskanal nutzen, bieten ab heute zusätzlich rund 50 Einzelhändler aus der Stadt im Rahmen von ‚Mönchengladbach bei Ebay‘ ihre Produkte auf unserem Online-Marktplatz an“, sagte Ebay-Deutschland-Chef Zoll zum Start des Pilotprojekts.
Lokal ansässige Händler eint die Hoffnung, von einer steigenden Kundenanzahl im Laden zu profitieren oder Käufer über die lokale Zielgruppe hinaus zu erreichen. Die Motivation, sich im Projekt zu engagieren, ist bei den Ladeninhabern auch persönlich gefärbt: Ingrid Schrey, Inhaberin des Lederwaren-Fachgeschäfts „Lamm-Pion“, ist beispielsweise davon überzeugt, im Ebay-Shop Personen erreichen zu können, die sich für Lederwaren interessieren, das Fachgeschäft in der Harmoniestraße 38 jedoch noch nicht kennen. Die Möglichkeit, auf Lederbekleidung und Accessoires für Damen wie Herren hinzuweisen, bietet sich ihr sonst nur bei Messen.
Sabine Kuch, Inhaberin vom „Haus der Braut“ in der Hindenburgstraße 51, verkauft festliche Outfits rund um die Hochzeit, das Gala-Dinner oder die Erstkommunion. Der Unternehmerin ist bereits einmal in den Sinn gekommen, einen eigenen Onlineshop zu eröffnen, doch scheut sie bislang den administrativen Aufwand. „Innerhalb des Projekts habe ich interessante Ansprechpartner, die ich sonst als Einzelkämpferin nicht hätte“, betont Kuch. Sie verfolgt sowohl das Ziel, die Kundenfrequenz im Laden zu erhöhen als auch Erfahrungen dahingehend zu sammeln, wie aufwendig Administration und Logistik für einen eigenen Onlineshop sind.
Das Kunsthaus Krichel bietet bei Ebay Bilder sowie Kunstobjekte, Souvenirs und dekorative Artikel an. „Es ist ein sehr interessanter Ansatz von ‚Mönchengladbach bei eBay‘, viele lokale Einzelhändler auf einer gemeinsamen Einstiegsseite zu bündeln“, sagen Rolf und Natalie Krichel, die das Familienunternehmen in der Hindenburgstraße 41 leiten. Beide erhoffen sich, dass die Webseite für eine höhere Aufmerksamkeit sorgt, sodass die Einzelhändler voneinander und gleichzeitig von der Reichweite des Marktplatzes profitieren.
Auf der Einstiegsseite bieten 50 Händler momentan rund 200.000 Artikel an. Angebote in den individuellen Shops der Händler können Nutzer in den Rubriken „Fashion“, „Elektronik, „Haus & Garten“, „Feinkost“, „Freizeit & Sport“, „Beauty & Gesundheit“ sowie Antiquitäten & Kunst“ einsehen. Auch ein „Händler der Woche“ wird vorgestellt.
Voraussetzung ist, dass Händler die Ebay-Präsenz eigenhändig gestalten und ihre eigene Shop-Seite pflegen: Das bedeutet zum Beispiel, dass sie Produktfotos und -texte erstellen sowie hochladen. Außerdem müssen Händler ein elektronisches Warenwirtschafts-System betreiben, um die Anzeige stationärer Waren-Verfügbarkeiten in Echtzeit gewährleisten zu können. Dabei bietet Inventorum mit seiner iPad-Kassenlösung Unterstützung an: Die Software erleichtert nach Angaben des Berliner Unternehmens sowohl die Kundenverwaltung als auch die Buchhaltung und ermöglicht es Ladenbetreibern, Warenbestände über eine vorhandene Schnittstelle für den Verkauf auf Ebay zu exportieren. Händler können ihre Ware somit online anbieten und per „Click & Collect“-Service auch die Abholung im Geschäft vereinbaren. Käufern steht es offen, die Produkte entweder bei der Abholung im Geschäft zu bezahlen oder die Rechnung online zu begleichen und sich die Artikel deutschlandweit nach Hause liefern zu lassen. Wichtig zu wissen: Im Falle eines online erzielten Umsatzes sind Händler gehalten – je nach Kategorie – eine verkaufsabhängige Gebühr von bis zu 8 Prozent an den Plattformbetreiber zu entrichten.
Jetzt bleibt es spannend, wie Kunden den neuen Vertriebsweg bis Mitte des Jahres 2016 annehmen werden. Bis dahin soll das Pilotprojekt laufen, bevor über weitere Schritte entschieden wird.
Fotos: mg.retail2020 (3), Inventorum (1)
Zur Einstiegsseite: www.mg-bei-ebay.de
Weitere Informationen: www.hs-niederrhein.de , www.inventorum.com/de/ , www.wfmg.de