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Tchibo spürt die Folgen durch die Corona-Pandemie vor allem in der Beschaffung.
Foto: Tchibo

Tchibo: Notfallkonzepte in Zeiten von Corona

Die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf die Lieferketten der Markenartikelindustrie. Drei Fragen an Dr. Jan Schneider, Head of Logistics Operations bei der Tchibo GmbH in Hamburg.

Herr Dr. Schneider, die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf die Lieferketten der Markenartikelindustrie. Inwieweit ist Ihr Unternehmen betroffen?

Zurzeit spüren wir die Folgen der Corona-Pandemie vor allem in der Beschaffung. Wir sind mit unseren Wochenwelten stark an die Einhaltung der geplanten Liefertermine gebunden. Somit stellt uns jede Verspätung vor besondere Herausforderungen. Ein bedeutender Teil unserer Waren stammt aus Asien, insbesondere China. Durch die vorübergehende Schließung von Fabriken und Lägern sind Verspätungen im Warenzulauf entstanden. Diese potenzieren sich durch Engpässe auf dem Transportweg durch Ausfälle von Schiffsabfahrten und fehlende Leercontainer. Auch alternative Transportrouten wie der Bahnverkehr und Luftfracht kamen zwischenzeitlich zum Erliegen.

In den vergangenen Wochen kam dann erschwerend auf der Absatzseite die vorübergehende Schließung unser 1.000 Tchibo-Filialen hinzu. Im Fernverkehr behindern stundenlange Staus insbesondere an einigen osteuropäischen Grenzen den flüssigen Güterverkehr. Zudem merken wir die zunehmend kritische Auslastung einiger KEP Dienstleister in Zeiten des E-Commerce-Wachstums in Form von verlängerten Zustellzeiten.

Welche vorausschauenden Maßnahmen sollte ein „Notfallkonzept“ aus Ihrer Sicht innerhalb der Handelslogistik grundsätzlich beinhalten, um eine durchgängige Lieferkette auch in unvorhersehbaren Krisenzeiten zu gewährleisten?

Kurzfristige Potenziale liegen in der Flexibilisierung der Lieferkette, wie die Umstellung des Transportträgers, Auswahl des Lagerstandorts zur Rüstung oder die Filialversorgung per Push oder Pull. Diese manuellen Eingriffe sind in der Regel arbeitsintensiv und nur eingeschränkt skalierbar. Reichen diese Sonderprozesse nicht aus, sind konkrete Maßnahmen für Artikelersatz erforderlich. Kurzfristige Alternativprodukte können durch den Wiedereinsatz von Restmengen aus vorherigen Verkaufsphasen, Kooperationen oder selektives Nearshoring beschafft werden. Sobald es nicht mehr rein um die Warenversorgung geht, sondern konkrete Pandemiegefahr für Lager- und Verkaufsstandorte besteht, wird ein detailliertes betriebliches Kontinuitätsmanagement benötigt.

Welche zusätzlichen Maßnahmen wurden innerhalb der Logistik Ihres Unternehmens zur Bewältigung der aktuellen Situation getroffen?

Vom „business as usual“ sind wir derzeit ein gutes Stück entfernt. Die Vielzahl an möglichen Szenarien einer Beeinträchtigung unseres logistischen Netzwerks in Europa kann man nicht im Detail vorbereiten. Es ist wichtig, Panik zu vermeiden und stattdessen die Aktivitäten verschiedener Schnittstellen zu orchestrieren und klare Verantwortlichkeiten festzulegen. Für die intensivierten Abstimmungen im Tages- und Projektgeschäft nutzen wir noch mehr als bisher schon die neuen Medien, z. B. Teams und Skype Konferenzen sowie JIRA Projektpläne und digitale Kanban Boards. Aus jeder Krise erwachsen bekanntlich auch Chancen, wofür wir uns mit dem einzigartigen Tchibo Geschäftsmodell aus Filial-, Depot/Handels- und Online-Geschäft auch in der Logistik gut gerüstet sehen.

Das Interview führte Thomas Kempcke.

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