Mobile Datenerfassung (MDE) gehört im Handel mittlerweile zum Alltag: 85 Prozent aller Unternehmen nutzen mobile Geräte für zahlreiche Prozesse rund um Verkauf, Logistik und Organisation. Das belegt die aktuelle EHI-Studie „Technologie-Trends im Handel 2021“. In puncto Hardware geht der Trend dabei klar in Richtung Smartphone: Zum einen bieten neuere MDE-Geräte für den professionellen Einsatz mittlerweile oft vergleichbare Funktionalitäten wie private Handys. Zum anderen sinken offenbar die Bedenken des Handels gegenüber herkömmlichen Smartphones für den Store. „Tablets und Smartphones werden inzwischen bei der Mehrheit der Unternehmen zusätzlich zum klassischen MDE-Gerät eingesetzt“, so Studienautor Ulrich Spaan vom EHI. Mehr als jedes zehnte Unternehmen verzichtet sogar vollständig auf klassische MDE-Geräte.
Ausgestattet mit mobilem Betriebssystem, Touchscreen, Datenverbindungen und Kamera ergeben sich neue Einsatzmöglichkeiten für die neue, smarte Generation von Mobilgeräten. Neben den Informationsaustausch zwischen Filialen und Zentrale tritt zunehmend die Kommunikation der Mitarbeitenden untereinander. Zwei von drei Unternehmen haben laut EHI-Studie Anwendungen zur besseren Vernetzung des Verkaufspersonals bereits im Einsatz oder konkret in Planung (siehe Abbildung).
Millennials mögen’s mobil
„Wir sehen einen eindeutigen Trend zum vernetzten Mitarbeiter“, bestätigt Christoph Saalmann vom Software-Hersteller Reflexis. Der Anbieter von Echtzeit-Lösungen zur Betriebs- und Personalverwaltung gehört seit 2020 zu Zebra Technologies, einem der führenden Hersteller von MDE-Hardware. Der Anteil der Millennials an der Belegschaft steige kontinuierlich an, der Austausch per Smartphone entspreche ihren Bedürfnissen, so Saalmann.
Mit mobilen Apps können Arbeitgeber also gerade bei jüngeren Mitarbeitenden punkten. Vor allem mobile Workforce-Lösungen kommen gut an. Auch die Mehrheit der HR-Manager zeigt sich dafür mittlerweile aufgeschlossen. Laut einer aktuellen EHI-Umfrage zum Thema New Work im Handel trauen knapp 60 Prozent der Befragten dem Filialpersonal eine selbstbestimmte Arbeitszeitkoordination voll oder zumindest teilweise zu.
Neben etablierten Anbietern wie Atoss, Bütema oder Reflexis bieten verschiedene Start-ups cloudbasierte Apps für Workforce- und Taskmanagement als SaaS-Lösung an, darunter beispielsweise Storeforce, Yoobic oder Quinyx. Die Anwendungen erlauben es Filialmitarbeitenden, eigenständig Schichten zu übernehmen oder zu tauschen, Dienstpläne und Zeitkonten in Echtzeit einzusehen oder Urlaubsanträge digital einzureichen.
Bring-your-own-device
„Den schnellen Überblick über Einsatzzeiten und wichtige Änderungen per Push-Nachricht empfinden die meisten unserer Mitarbeiter als Mehrwert“, sagt Jan Gruschka, Marktleiter beim Bio-Supermarkt Tjaden’s in Hamburg. Das Familienunternehmen nutzt für seine 15 Standorte seit kurzem die cloudbasierte Personaleinsatzplanung von Quinyx. Mehr als 90 Prozent der Mitarbeitenden haben die App bereits auf ihrem privaten Smartphone installiert. Laut Gruschka sei die tägliche Planungszeit allein in seinem Markt um 20 Minuten gesunken. Auf das Jahr hochgerechnet gewinnt das Unternehmen durch den verringerten Planungsaufwand rund 1.500 Stunden, die sich gewinnbringender nutzen lassen.
Aus Sicht von Maximilian Thost spricht vieles dafür, dass sich private Handys am Arbeitsplatz weiter durchsetzen: „Nahezu jeder Mitarbeiter im Einzelhandel hat heute einen Supercomputer für alle Bereiche des privaten Lebens in der Tasche“, sagt der Country-Manager D-A-CH bei Quinyx in Hamburg, und ergänzt: „Warum sollten sie also nicht die Möglichkeit erhalten, per Smartphone auch ihr berufliches Leben mit eigens dafür entwickelten Apps zu steuern?“ Allerdings nicht über private Messenger wie Whatsapp oder Telegram. Eine eigene App für das Workforce-Management erlaube es, berufliche Inhalte klar von privaten zu trennen. So sei sichergestellt, dass Mitarbeitende weder nach Dienstschluss in ihrer Privatsphäre gestört noch während der Arbeitszeit durch private Kanäle abgelenkt werden.
Smarte To-Do-Liste
Im Gegensatz zu Excel-Tabellen oder Listen bieten digitale Personalmanagement-Lösungen die Möglichkeit, den Personalbedarf anhand unterschiedlicher Bedarfstreiber automatisch zu prognostizieren. Zudem lassen sich innerhalb einer Schicht Aufgaben priorisieren und konkreten Teammitgliedern zuweisen. To-Do‘s, die sich unmittelbar auf den Servicegrad auswirken, beispielsweise eine zusätzliche Kasse oder das Nachfüllen ausverkaufter Artikel, haben in der Regel Vorrang vor Routinetätigkeiten, andere müssen innerhalb fester Frist erledigt werden. „Unsere Algorithmen können automatisch alle Aufgaben und ihre jeweiligen Bearbeitungszeiten, Zeitfenster sowie die erforderlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter berücksichtigen“, betont Quinyx-Manager Maximilian Thost. In größeren Märkten können sogar Standorte und Wegezeiten eingeplant werden, damit ein Mitarbeiter nicht quer durch den Markt geschickt wird, obwohl ein anderer in der Nähe frei wäre.
Für Christoph Saalmann von Reflexis zählen effiziente Kommunikation und Transparenz zu den entscheidenden Vorteilen des smarten mobilen Task-Managements in Echtzeit: „Unsere Lösung erspart dem Filialpersonal umständliches Suchen nach anstehenden Aufgaben in E-Mails oder im Intranet“, sagt er. Führungskräfte erhalten umgekehrt den sofortigen Überblick, wer was bereits erledigt hat und können daraus lernen und nachjustieren: „Auf allen Ebenen wird das Verbesserungspotenzial sofort transparent“, verdeutlicht Christoph Saalmann.
Mobile Geräte: Wohin geht der Trend?
Smartphone oder professionelles MDE-Gerät – aus Sicht von Christian Brand, Leiter Marketing bei der Bütema AG in Bietigheim-Bissingen, ist die Sache klar:
„Der Trend geht eindeutig zum Smartphone. Viele „rugged“ Mobile Devices für den Gebrauch in Lager oder Logistik sind heute mit dem aktuellen Apple- oder Android-OS bestückt und können somit fast wie Smartphones genutzt werden. Auf der Retail-Fläche bieten dagegen herkömmliche Smartphones Vorteile, da sie weniger wiegen und sich oft besser in der Tasche verstauen lassen. Mit der Möglichkeit, ERP-Prozesse mobil per Smartphone auszuführen, bleiben Verkaufsmitarbeiter für den Kunden auf der Fläche präsent. Logistik-Mitarbeiter nutzen unsere App – den mobilen ,InStore Assistant’ (ISA) – aber teilweise auch auf ihren privaten Smartphones, beispielsweise Kurierfahrer im Pharmagroßhandel. Grundsätzlich unterstützt unsere Software alle gängigen Formate, also auch Tablets.