Als 2018 diverse Mobile-Payment-Anbieter in den deutschen Markt eintraten, entschloss sich das EHI, mögliche Veränderungen im Bezahlverhalten in Deutschland zu begleiten. Um Handel und Verbraucher über Mobile Payment mit dem Smartphone aufzuklären, wurden sowohl Verbraucher- als auch Händlerbefragungen dazu durchgeführt.

Kontaktlose Zahlungsmethoden sind im deutschen Handel flächendeckend vorhanden.

Kontaktlose Zahlungsmethoden sind im deutschen Handel flächendeckend vorhanden.
Foto: EHI

In der jüngst durchgeführten Händlerbefragung wird deutlich, dass sich Handelsunternehmen in den vergangenen drei Jahren intensiv mit Mobile Payment auseinandergesetzt und viele Erkenntnisse gesammelt haben. Die Interviews wurden im August 2021 mit 20 IT- und Finanzmanagern aus großen Handelsunternehmen in Deutschland durchgeführt.

Eher stationär als online

Alle befragten Unternehmen sind bereits in der Lage, NFC-basierte Bezahlverfahren zu akzeptieren, da kontaktlosfähige Terminals am Point of Sale (POS) im Einsatz sind. Dies bedeutet, dass NFC-basierte Mobile-Payment-Apps von z. B. Apple Pay, Google Pay oder den Apps der Sparkassen und VR-Banken ohne zusätzliche Verträge oder Mehraufwand akzeptiert werden können.

Bei mehr als der Hälfte der Handelsunternehmen sind auch QR- oder Barcode-basierte Mobile-Payment-Apps im Payment-Mix vertreten. Dazu zählen z. B. Alipay, Wechat Pay, Payback Pay oder Bluecode. Für diese ist allerdings ein Scanner an der Kasse notwendig.

Nur drei der befragten Handelsunternehmen gaben an, dass sie Mobile-Payment-Verfahren auch in ihrem Checkout im Onlineshop anbieten. Hier wurden vor allem Apple Pay und Google Pay genannt. Ein Grund für die aktuelle Zurückhaltung im E-Commerce sind fehlende Transaktionszahlen vom POS, da kaum ein Händler entsprechende Zahlen von seinem Acquirer erhält.

Im Handel wird der Wunsch nach europäischen und kostengünstigen Verfahren immer lauter.

Caroline Coelsch

Projektleiterin Forschungsbereich Online- und Mobile-Payment, EHI Retail Institute

Viel Knowhow vorhanden

Um mobile Bezahlverfahren mit dem Smartphone am POS zu akzeptieren, müssen sowohl technische als auch kaufmännische Voraussetzungen auf Handelsseite erfüllt werden. Anders als in 2019, kann man inzwischen attestieren, dass große deutsche Handelsunternehmen einen sehr guten Wissensstand zu diesem Thema haben. Immer mehr Unternehmen bauen eigene Payment-Abteilungen auf und beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Zahlungsverkehr und Mobile Payment. Ihnen ist klar, dass auf technischer Seite entweder kontaktlosfähige Terminals oder QR- oder Barcode-Scanner notwendig sind.

Auf kaufmännischer Seite sind Akzeptanzverträge mit den gängigen Schemes wie z. B. Girocard, Visa, Mastercard, American Express oder Mobile-Payment-Apps wie Wechat Pay, Alipay, Bluecode und Payback Pay erforderlich. Bei der Befragung fiel auf, dass QR- und Barcode-basierte Verfahren im Handel deutlich an Beliebtheit dazugewonnen haben. 2019 waren noch viele Befragte der Überzeugung, dass sich zukünftig die NFC-Technologie durchsetzen wird.

Die Möglichkeit der betriebsunabhängigen Nutzung auf mobilen Endgeräten und das Revival der QR-Codes durch die Corona-Pandemie sind Gründe für diesen Wandel. So ist nicht verwunderlich, dass die befragten Händler der Meinung sind, dass sich NFC- und QR- oder Barcodes in Zukunft gleichermaßen durchsetzen werden.

Bluecode mit Potenzial

Das Angebot an mobilen Bezahlverfahren für das Smartphone wird immer größer, da immer mehr Anbieter auf den Markt kommen. So wird der Wunsch nach europäischen und kostengünstigen Verfahren im Handel immer lauter. Aus diesem Grund stellt das europäische Scheme Bluecode für viele Händler eine interessante Lösung dar. Der Großteil der befragten Handelsunternehmen kann sich eine Akzeptanz dieser Zahlungsart gut vorstellen.

Allerdings ist das Verfahren hierzulande noch nicht so bekannt wie in Österreich, was eine flächendeckende Durchdringung in Deutschland erschwert. Seit der letzten Händlerbefragung in 2019 ist darüber hinaus auffällig, dass Handelsunternehmen vermehrt in eigene Händler-Apps mit Bezahlfunktion investiert haben. In vielen Fällen wurden bestehende Loyalty-Apps mit einer Bezahlfunktionalität aufgerüstet.

Es scheint, als versuche der Handel eigene, kostengünstige Alternativen zu schaffen, die über Rabattaktionen oder Loyaltyprogramme zusätzliche Mehrwerte bieten sollen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Payback bereits seit 2016 mit der eigenen Payback Pay App und dem Sammeln von Payback-Punkten.

Mobile-Payment-Initiative: Für Aufklärung und Transparenz

In 2018 hat das EHI zusammen mit Partnern die „Mobile-Payment-Initiative“ unter der Leitung von Caroline Coelsch vom EHI gegründet. Ziel der Initiative ist es, Handel und Verbraucher über die verschiedenen Bezahl-Lösungen aufzuklären und mehr Transparenz im Markt zu schaffen. Partner sind u. a. Bluecode, Epay, CGI Deutschland, Google Deutschland, Payback, Payone und S-Payment.

Mehr Informationen unter www.mobile-payment-initiative.de

Paypal goes POS

Paypal, ein Player, den man eigentlich nur aus dem E-Commerce kennt, versucht ebenfalls seit geraumer Zeit, am POS Fuß zu fassen. Über die App und einen QR-Code sollen Kund:innen zukünftig auch stationär bezahlen können. Zum Zeitpunkt der Befragung standen die Handelsunternehmen diesem Thema jedoch noch sehr skeptisch gegenüber.

Viele halten sich mit dieser Entscheidung zurück, da Paypal als teure Zahlungsart im E-Commerce bekannt ist. Zudem wird perspektivisch die Gefahr damit verbunden, dass kostengünstigere Zahlungsarten wie z. B. die Girocard oder eigene Händler-Apps vom POS verdrängt werden könnten.

Paypal ist über Google Pay bereits seit 2019 am POS verfügbar. Diese Partnerschaft wird durch Mastercard ermöglicht. Verknüpfen Verbraucher ein Paypal-Konto mit Google Pay, wird eine virtuelle Debit Mastercard auf dem Android Telefon gespeichert. Mit dieser virtuellen Karte bezahlt der Verbraucher am POS, der Betrag wird direkt vom Paypal-Konto abgebucht. Für den Händler entstehen dadurch keine Paypal-, sondern Debit MC-Gebühren.