Key Facts
- Apple Pay ist am 11. Dezember 2018 in Deutschland gestartet.
- Mobiles Bezahlen mit dem „Apfel“ ist mit Apple-Hardware an allen NFC-Terminals im Handel möglich.
- Durch das vorausgehende Entsperren des iPhones entfällt die zusätzliche Authentifizierung bei Beträgen oberhalb von 25 Euro.
- Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben noch keine Apple-Pay-Lizenz. Die Girocard kann als Bezahlart (noch) nicht hinterlegt werden.
- Die EHI Mobile-Payment-Initiative stellt umfassende und transparente Informationen zum mobilen Bezahlen in Deutschland bereit.
Über vier Jahre nach der Einführung in den USA war es am 11. Dezember dann auch in Deutschland soweit: Der Bezahldienst von Apple kann seitdem an allen NFC-fähigen Terminals genutzt werden, praktisch also überall dort, wo mit den hinterlegten Karten auch kontaktlose Transaktionen möglich sind. Die Optionen der Kartenauswahl sind allerdings noch sehr begrenzt, da auch die Zahl der Apple-Pay-Vertragspartner ausgesprochen überschaubar ist. Zu den namhaftesten direkten Partnern zählen American Express, Comdirect und die Deutsche Bank, zu den indirekten auch Mastercard und Visa. Es fehlen komplett die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die sich bislang nicht mit den von Apple geforderten Lizenz-/Postengebühren anfreunden können.
Die digitale Hinterlegung der Bezahlkarte erfolgt in der iPhone-Wallet. Wird diese, wie beispielsweise die American Express- Karte, bereits als Bezahlstandard für iTunes oder im App-Store genutzt, wird sie von Apple direkt als erste Auswahloption beim Freischalten von Apple Pay angeboten. Der Bezahldienst kann dann nach wenigen Sekunden genutzt werden. Andere Apple-Pay-Partner generieren zur Abwicklung eine (virtuelle) Mastercard Debit mit Anbindung an das Kundenkonto. Hier kann es bis zur Freischaltung durch das kontoführende Kreditinstitut schon mal ein bis zwei Tage dauern.
Schneller Bezahlvorgang
Der Bezahlvorgang ist einfach und sehr schnell: Das iPhone wird via Fingerprint oder Face-ID entsperrt. Dann wird (beim iPhone X) zweimal kurz die rechte Seitentaste gedrückt (Aktivierung der Apple-eigenen NFC-Schnittstelle) und das iPhone an das Bezahlterminal gehalten. Durch die vorausgegangene Fingerprintoder Face-ID-Authentifzierung im Rahmen des Entsperrungsvorgangs am iPhone entfällt auch bei Beträgen über 25 Euro eine zusätzliche Pin-Authentifizierung am Händlerterminal. Das dürfte der eigentliche „Clou“ sein, denn Bezahltransaktionen mit Beträgen von mehr als 100 Euro sind damit genauso schnell wie Transaktionen unter 10 Euro.
Erste Einschätzungen des EHI lassen betrags- und branchenunabhängige Standard-Kassierzeiten von (deutlich) unter 10 Sekunden (vom Nennen des Zahlbetrags bis zum Aushändigen des Kassenbons) vermuten. Damit wäre Apple Pay mindestens so schnell, vermutlich aber sogar schneller als kontaktloses Bezahlen, zumal das Herausholen von Brieftasche oder Portemonnaie, in der sich eine physische Karte befindet, entfällt. Und auch die Barzahlung mit mittleren Abwicklungszeiten zwischen 15 und 24 Sekunden (je nach Branche) wird dadurch unterboten, die konventionelle Kartenzahlung natürlich erst recht.
Apple Pay
Auf dem Kassenbon wird eine kontaktlose Transaktion mit der hinterlegten Karte ausgewiesen. Der Händler kann somit nicht nachvollziehen, ob der Kauf kontaktlos mit einer Karte oder via Apple Pay durchgeführt wurde, zumindest derzeit noch nicht. In jedem Fall werden die vereinbarten Gebühren fällig, die auch bei physischer Präsenz der Karte gelten. Bei hinterlegter Amex-Karte gelten damit die Gebühren für die Akzeptanz von American Express-Karten, bei virtueller Debit Mastercard sind es die Konditionen für die Akzeptanz von Debit Mastercard – für den Händler zwar günstiger als Mastercard-Kreditkarten, aber teurer als die Akzeptanz von Girocard.
Strahlen Kunde und Kassiererin nach einer „superschnellen“ Apple-Pay-Transaktion noch gleichermaßen, hält sich der Spaß in den Finanzabteilungen der Unternehmen dann doch in Grenzen. Wesentlich lieber wären den Payment-Verantwortlichen im Handel die akribisch ausgehandelten, deutlich günstigeren Konditionen der Girocard. Doch die gibt es nur bei Akzeptanz der digitalen Girocard – sei es über die Sparkassen-App oder die VR Bank-App, in jedem Fall aber nur mit Kunden, die mit Android-basierten Smartphones ausgestattet sind. Allerdings kann der Kunde auch in der Sparkassen- oder VR-App optional anstelle der für den Händler preiswerteren Girocard eine von seinem Kreditinstitut ausgegebene Kreditkarte digital hinterlegen.
Auch bei den Lösungen der Deutschen Kreditwirtschaft wird analog zu kontaktlosen Girocard-Transaktionen die Übertragungstechnik NFC genutzt, allerdings ist die NFC-Schnittstelle auf Android-Smartphones im Gegensatz zu iOS-Geräten nicht vom Hersteller geschützt. Es können daher – anders als bei Apple – auch keine Lizenzgebühren durch die Hardwarehersteller eingetrieben werden.
Google Pay
Ähnlich wie die Deutsche Kreditwirtschaft ist auch Google im letzten Jahr hierzulande ins mobile Bezahlen eingestiegen. Google Pay läuft ebenfalls ausschließlich auf Android-basierten Smartphones. Das Besondere: Neben Mastercard und Visa-Karten kann auch das Paypal-Konto als Bezahlart hinterlegt werden. Mit Paypal vollzieht einer der kundenseitig beliebtesten Online-Zahlungsdienstleister den Schritt in den stationären Einzelhandel.
Zum Jahresende 2018 hat dann auch der Lebensmittel-Discounter Netto verkündet, ab sofort einen in der Netto-App hinterlegten Paypal-Account zu akzeptieren. Damit entwickelt sich auch die historisch älteste Mobilbezahllösung im deutschen Einzelhandel, die bereits 2013 gestartet ist, weiter. Neben der Zahlungsart Paypal ist bei Netto auch über den Dienstleister Paymorrow alternativ ein genereller Lastschrifteinzug vom Kundenkonto installierbar. Paymorrow wiederum ist auch bei Payback Pay, der Mobilbezahllösung des führenden deutschen Kundenbindungsprogramms als (einziger) Zahlungsdienstleiser aktiv.
Paypal: Konditionen unbekannt
Welche Konditionen Paypal bei stationärer Akzeptanz verlangt, ist nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass diese deutlich unter denen im Online-Geschäft liegen. Auch Shell Deutschland kooperiert bereits mit Paypal als Zahlungsart an Tankstellen.
Die Zahlungsabwicklung sowohl bei Google als auch bei Apple gilt als besonders sicher, weil keine Karten-Echtdaten transferiert werden, sondern pro Transaktion generierte Verschlüsselungsnummern, die nicht vom Händler oder gar von unberechtigten Dritten, sondern nur in Hintergrundsystemen entschlüsselt und mit den erforderlichen Konto- und Kundendaten verbunden werden können.
Möchte der Kunde wahlweise ein iOS- oder Android-Smartphone für mobile Bezahlanwendungen nutzen, bietet sich mit der Wirecard-App Boon bereits seit 2015 die Möglichkeit. Die Besonderheit: Die Anwendung ist unabhängig von Kreditinstituten und Netzbetreibern, für Kunden allerdings mit einer geringen monatlichen Nutzungsgebühr verbunden.
Im Gegensatz zu Apple Pay, Google Pay und den Lösungen der Kreditwirtschaft rund um die digitale Girocard, die allesamt ausschließlich auf NFC setzen, ist die Identifikation zwischen Smartphone und Kasse/Kassenterminal bei der Netto-App mittels eines Zahlencodes und bei Payback-Pay mittels QR-Code möglich. Der QR-Code wird dabei auf dem Smartphone des Kunden generiert und über einen Flachscanner (z.B. bei dm-drogerie markt) oder einen Teleskopscanner (z.B. bei der Rewe) ausgelesen. Der Vorteil eines QR-Codes ist die vom Hersteller des Smartphones völlig unabhängige Nutzungsmöglichkeit. QR-Codes lassen sich(auch ohne Lizenzgebühren) sowohl auf Apple- Geräten als auch in der Android-Welt problemlos kreieren. Auch die in Deutschland bereits für chinesische Touristen angebotenen Bezahllösungen Alipay und Wechat Pay arbeiten mit QR-Codes und können so vergleichsweise problemlos in die Kassen integriert werden.
Bluecode: Unabhängig
Mit Barcode-Identifikation funktioniert das in Österreich entwickelte, mittlerweile auch in Deutschland verfügbare Mobil-Bezahlsystem Bluecode. In Deutschland wird Bluecode bereits bei Konsum Dresden, Globus St. Wendel und Galeria Kaufhof eingesetzt. Die Entwickler betonen, dass es sich bei dieser Lösung um die einzige „echte“ europäische, von internationalen Brands wie Mastercard oder Visa, Apple oder Google unabhängige Mobile-Payment-Lösung handelt. Erforderlich ist bei Bluecode lediglich eine Kontoanbindung.
Die bislang erwähnten 10 mobilen Bezahllösungen mit ihren teilweise recht unterschiedlichen technischen Ansprüchen zeigen, welche Dynamik und Komplexität mittlerweile am Kassenplatz Einzug gehalten hat – und dabei lässt sich mobiles Bezahlen in der jährlichen EHI-Statistik für den deutschen Einzelhandel wohlgemerkt noch nicht einmal im Prozentbereich erfassen. Daneben gibt es kontaktlose kartenbasierte Zahlungen, die sich gerade in 2018 sehr positiv entwickelt haben und bei der Girocard mittlerweile rund 20 Prozent aller Transaktionen ausmachen dürften. Vor allem aber gibt es auch weiterhin das Gros der kontaktbehafteten Kartenzahlungen, Kunden- und Gutscheinkarten, Coupons und Gutscheine – und nicht zu vergessen die Barzahlung mit einem Umsatzanteil von nun erstmals unter 50 Prozent.
Für die Kassierkräfte ist diese Bezahlvielfalt eine echte Herausforderung. Aber auch die Finanz- und Payment-Verantwortlichen sind oft ratlos, welche Verfahren für ihre Zielgruppen relevant sind, wie eine zukunftsorientierte technische Infrastruktur aussehen muss und mit wem Konditionen verhandelt werden können. An diesem Punkt setzt die EHI Mobile-Payment-Initiative an, die sich im Spätsommer 2018 mit den Partnern Bluecode, CGI Deutschland, Girocard (Euro Kartensysteme), Google, GS1 Germany, Ingenico, Mastercard, Payback, Roqqio, Visa und Wirecard konstituiert hat.
Ziel ist es, umfassende und transparente Informationen zum mobilen Bezahlen in Deutschland bereitzustellen, ein grundlegendes Verständnis über diese innovative Technologie bei Verbrauchern und im Einzelhandel zu schaffen und Kenntnisse über die verschiedenen angebotenen Verfahren deutlich zu erhöhen. Damit soll der Einzelhandel in die Lage versetzt werden, jederzeit ein optimales Angebot mobiler Bezahllösungen umzusetzen.