Gutscheinkarten: Rechtliche Konflikte vermeiden | stores+shops
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Gutscheinkarten können zur Kostenfalle werden, wenn Händler:innen finanzaufsichtsrechtliche Vorgaben übersehen.
Foto: Andrey Popov/stock.adobe.com

Gutscheinkarten: Rechtliche Konflikte vermeiden

Gutscheine von Handelsunternehmen werden in den letzten Monaten durch gerichtliche Entscheidungen sowie Abmahnungen seitens Wettbewerbern zunehmend auf die Probe gestellt. Wie vermeidet man Konflikte mit der Finanzaufsicht und hohe Geldbußen?

Wie einschneidend die Konsequenzen sein können, wenn nach dem Finanzaufsichtsrecht erlaubnispflichtige Dienstleistungen ohne entsprechende Lizenz durch die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) erbracht werden, zeigt sich nicht zuletzt an dem Beispiel der Jochen Schweizer Mydays Group. Der Mutterkonzern Pro SiebenSat 1 Media SE veröffentlichte im Geschäftsbericht 2023 die sogenannten „Ausführungen zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz-Sachverhalt“. Dieser „Sachverhalt“ hatte zuvor zu einer vorübergehenden Verweigerung des Testats durch den Abschlussprüfer geführt. Dabei ging es um ein Verfahren zur Tätigkeit der Jochen Schweizer Mydays Group, die Gutscheine ohne eine BaFin-Erlaubnis ausgab und dabei offenbar die Grenzen der Ausnahmen von der Erlaubnispflicht nicht einhielt. Die Folge: Nach einer Verständigung mit dem zuständigen Amtsgericht München und der Staatsanwaltschaft München im Herbst 2024 musste die Pro Sieben Sat 1 Media SE nach Presseberichten Bußgelder im mittleren einstelligen Millionenbereich bezahlen. Das Unternehmen stellte sein Geschäftsmodell in diesem Zusammenhang danach um.

Erlaubnispflicht beachten

Gutscheine sind in der Struktur dem nach Finanzaufsichtsrecht regulierten E-Geld häufig sehr ähnlich. Auch bei der Abwicklung von Gutscheinen kann es zu regulierten Zahlungsdiensten kommen. Wenn Unternehmen E-Geld-Geschäft betreiben und wenn sie Zahlungsdienste erbringen, bedürfen sie in der Regel einer Erlaubnis der BaFin, bevor sie tätig werden. Wenn solche Unternehmen diese Erlaubnis nicht haben, können sich die Geschäftsführer deswegen strafbar machen. Gegen das Unternehmen selbst und gegen Aufsichtsorgane des Unternehmens können Geldbußen verhängt werden.

Bereichsausnahmen sorgfältig prüfen

Gutscheine werden häufig als nicht-regulierte Instrumente unter Inanspruchnahme von Bereichsausnahmen des Finanzaufsichtsrechts ausgegeben. Es muss jedoch in jedem Einzelfall sehr sorgfältig geprüft werden, ob eine Bereichsausnahme tatsächlich anwendbar ist.

Dabei kommt es auf eine sorgfältige Auslegung der einzelnen Merkmale der gesetzlich geregelten Bereichsausnahmen an. Die BaFin bietet in Form von Merkblättern Hilfestellung an und stellt darin auch konkretisierende Anforderungen auf. Insbesondere fordert die BaFin für vorausbezahlte Karten, dass der gespeicherte Betrag 250,00 Euro, bei wiederaufladbaren Karten das Gesamtzahlungsvolumen 250,00 Euro je Kalendermonat, nicht überschreiten darf. Diese Anforderungen sind strikt zu berücksichtigen.

 

Handelsunternehmen sollten sich in Zweifelsfällen die Erlaubnisfreiheit ihres Gutscheinkarten-Geschäftsmodells bestätigen lassen.

Dr. Matthias Terlau

Rechtsanwalt/Partner, Köln

Besonders bekannt geworden sind die Ausnahmen des beschränkten Netzes von akzeptierenden Dienstleistern (sog. Limited Loop) und des sehr beschränkten Produkt und Dienstleistungsspektrums (sog. Limited Range); sie kommen häufig zur Anwendung. Limited Loop zum Beispiel dann, wenn Gutscheinkarten nur bei wenigen Unternehmen akzeptiert werden, beispielsweise City-Karten, die innerhalb bestimmter, weniger Postleitzahl-Bezirke verwendet werden können. Oder Karten, die nur in einem Fußballstadion oder in einem Shopping-Center akzeptiert werden. Die Limited Range-Ausnahme kommt für Gutscheine in Betracht, wenn damit nur eine feste Anzahl funktional verbundener Waren oder Dienstleistungen bezahlt werden kann, z. B. Tank-Gutscheine oder Beauty-Gutscheine. Auch die Ausnahme des Handelsvertreters oder die Ausnahme des Zentralregulierers kommen im Zusammenhang mit Gutscheinen, insbesondere bei deren Vertrieb, häufig zum Einsatz.

Abstimmung mit BaFin

In Zweifelsfällen kann sich eine gezielte und gut vorbereitete Anfrage an die BaFin empfehlen, mit der Bitte um eine Bestätigung der Einschätzung zur Erlaubnisfreiheit. Eine solche Abstimmung mit der BaFin ist sogar im Gesetz vorgesehen. Häufig besteht zudem die Pflicht zur Anzeige an die BaFin, wenn man Gutscheine unter bestimmten Bereichsausnahmen ausgibt.

Änderungen durch PSD3

Aktuell findet die Reform der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) statt. Die EU-Kommission hat im Juni 2023 neue Gesetzestexte in Form einer Payment Services Regulation und in Form einer PSD3 vorgeschlagen. Derzeit (Frühjahr 2025) laufen nach wie vor Erörterungen dieser Entwürfe in den jeweiligen Gesetzgebungsorganen der EU, also im Europäischen Parlament und im EU-Rat. Eine Einigung und Finalisierung werden im Laufe des Jahres 2025 erwartet

Bisher sieht es im Gesetzgebungsverfahren so aus, als bliebe für Limited Loop und für Limited Range alles beim Alten. Die Handelsvertreterausnahme ist dagegen Teil der Diskussion. Hier sind auch Änderungen bei den Anzeigepflichten zu erwarten. Die gesamte Entwicklung sollte man daher weiter beobachten.

Rechtssicher aufstellen

Die zunehmenden Abmahnungen durch Wettbewerber führen aktuell zu Unruhe unter Handelsunternehmen. Diese sollten ein erlaubnisfrei betriebenes Geschäftsmodell in jedem Fall vorher intensiv prüfen und die Ausgestaltung rechtssicher aufstellen.

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