Ab dem 28. Juni 2025 wird das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wirksam, das auch die Nutzung von Bankdienstleistungen und die bargeldlose Kartenzahlung im Handel im Speziellen betrifft. Eine erfreuliche Nachricht für schätzungsweise 1,2 Mio. Blinde und Menschen mit Sehbeeinträchtigungen in Deutschland. Denn ab diesem Zeitpunkt müssen alle neuen Zahlungsgeräte am Point of Sale über mindestens zwei sensorische Kanäle verfügen, um das bargeldlose Bezahlen barrierefreier zu gestalten.
Mehrere sensorische Kanäle
Ein wichtiger Aspekt für die Barrierefreiheit besteht darin, dass Verbraucher mehr als einen sensorischen Kanal nutzen können, zum Beispiel eine schriftliche Anzeige auf einem Display und eine Sprachausgabe. Zudem müssen die Abläufe auf verständliche Weise dargestellt werden, damit die Nutzer sie einfach und sicher wahrnehmen können. Insbesondere für sehbehinderte Menschen sind eine angemessen große Schriftart und ausreichender Kontrast wichtig.
Bislang sind die am PoS eingesetzten Bezahllösungen mit sensorischen und taktilen Funktionen an den Tasten des PIN-Pads ausgestattet, um eine Kontrolle über die Eingabe während des Bezahlvorgangs zu ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise ein Fühlpunkt auf der Taste 5.
Bei der neuen Generation von PoS-Terminals auf Android-Basis werden jedoch vermehrt Terminals eingesetzt, die nur eine glatte Touchscreen-Oberfläche für die PIN-Eingabe haben und so für Kunden mit Beeinträchtigungen keine Orientierung mehr bieten.
Bessere Orientierung bei der PIN-Eingabe
Darauf haben erste Anbieter wie Fiserv (in Deutschland vertreten durch Telecash from Fiserv) bereits vor einigen Jahren reagiert und mit den „Clover“-Produkten neue Lösungen auf den Markt gebracht: So gibt es beispielsweise als Ergänzung zur Touchscreen-Oberfläche einen Aufsatz für die vereinfachte Eingabe. Darüber kann bei anderen Produkten z. B. mit einem Rahmen um den Bildschirm eine taktile Orientierungshilfe geschaffen werden. Das erleichtert die PIN-Eingabe am PoS-Terminal für sehbehinderte Menschen.
Diese Lösungen stellen einen ersten unterstützenden Ansatz für betroffene Käufer dar. Gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz muss jedoch noch ein zweiter sensorischer Kanal hinzugefügt werden, der Informationen über den Status und den Ablauf des Bezahlvorgangs liefert.
Informationen zur Benutzerführung
An Geldautomaten in Deutschland findet man häufig Hinweise zur Verwendung von Kopfhörern für die Benutzerführung. Neben der Anzeige auf dem Bildschirm stellt die Sprachausgabe den vom Gesetz geforderten zweiten sensorischen Kanal dar, der den Verbrauchern während der Nutzung Anweisungen und Informationen über den Status des Vorgangs liefert. Im Rahmen der Umsetzung bei PoS-Terminals beschäftigt man sich ebenfalls mit einer solchen Lösung.
Bisher werden lediglich einfache Hinweistöne, zum Beispiel bei der Annahme kontaktloser Zahlungen, ausgegeben. Zukünftig sollen Informationen zur Benutzerführung über einen alternativen Kanal bereitgestellt werden. Grundsätzlich ist es aber auch wichtig, dass sich die Darstellungen für Kund:innen mit eingeschränktem Sehvermögen anpassen lassen, um Barrieren abzubauen – wie durch vergrößerte Schriften und verschiedene, besser sichtbare Farbkontraste.
Einführung von standardisierten Lösungen
Die verschiedenen Terminalhersteller beschäftigen sich intensiv mit Ansätzen zur Bewältigung dieser Herausforderung. Dabei spielen standardisierte Lösungen eine entscheidende Rolle, um Verbraucher:innen eine möglichst einheitliche Anwendung bei verschiedenen Bezahlterminals zu ermöglichen. Die Implementierung einer solchen einheitlichen Lösung steht derzeit auf der Agenda der European Card Stakeholder Group (ECSG). Diese Gruppe zielt darauf ab, eine Reihe von harmonisierten SEPA-Kartenstandards zu definieren, die für kartengestützte Zahlungen gelten.
Die Implementierung an einem PoS-Terminal im Handel ist dabei nur ein Teilaspekt der Betrachtung. Es müssen auch viele andere Nutzungsbereiche berücksichtigt werden, wie zum Beispiel der Fernabsatz. Derzeit befindet sich die Branche noch in der Entwicklung von Spezifikationen und weiteren Konsultationen zur Umsetzung. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die Abstimmung mit den Verbänden der betroffenen Verbraucher:innen, um einheitliche Lösungen auf dem Markt zu etablieren, die dem Ziel des Barriereabbaus gerecht werden.
Gastautor Jörg Stahl ist bei Telecash from Fiserv für die technologische Weiterentwicklung des Produktportfolios zuständig und Sprecher/Vorsitzender des Bundesverbands der Electronic Cash Netzbetreiber e.V. (BecN)