Es waren zwei eher schlechte Nachrichten, mit denen Karsten Sach vom Bundesumweltministerium (BMU) seinen Vortrag beim EHI-Kongress „Energiemanagement im Einzelhandel“ eröffnete: Deutschland wird seine Klimaziele für 2020 verfehlen, zudem hat das Land seine Rolle als klimapolitischer Vorreiter verloren.
„Wenn wir es nicht schaffen, unseren CO2-Ausstoß zu reduzieren, müssen wir Emissionsrechte zukaufen – und das kann sehr teuer werden“, warnte der Leiter der Abteilung Klimaschutz, Europa und Internationales. Daher sei es besser, das Geld rechtzeitig in die Optimierung der eigenen Strukturen zu investieren. Mit dem Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“ unterstütze das BMU dieses sehr komplexe Vorhaben. Und auch die Klimaschutzoffensive des Handelsverbands Deutschland werde mit Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative vom BMU gefördert.
Dass der Einzelhandel Verantwortung übernimmt und sich für die Energiewende und den Klimaschutz engagiert, betonte Lars Reimann vom Handelsverband Deutschland (HDE). Aus seiner Sicht kann die Branche noch mehr Potenzial freisetzen, wenn wichtige Gesetzesreformen zeitnah umgesetzt werden. „Wir fordern eine faire Finanzierung der Energiewende und eine Stärkung der Kaufkraft der Verbraucher“, betonte Reimann.
Wie engagiert der Handel bereits jetzt in die Verbesserung seiner Energiebilanz investiert, zeigt der Energie-Monitor 2018 des EHI. Demnach haben 41 Prozent der Lebensmittelhändler in den vergangenen fünf Jahren jeweils mehr als 25 Millionen Euro in Energieeffizienzmaßnahmen investiert, ein gutes Drittel gab dafür fünf bis 25 Millionen Euro aus. Und auch im Nonfood-Bereich, wo nicht in kostenintensive Kältetechnik investiert werden muss, flossen bei 52 Prozent der Unternehmen zwischen fünf und 25 Millionen Euro in die Energieoptimierung.
Handlungsfelder jenseits des Tagesgeschäfts
Trotz dieser Investitionen lautet das Fazit der Studie: Der Energieverbrauch bleibt weitgehend konstant, und die Kosten steigen. Die Impulsvorträge und Fachdiskussionen des EHI-Kongresses thematisierten daher unter dem Motto „Grenzüberschreitendes Energiemanagement“ aktuelle und zukünftige handelsrelevante Energie- und Nachhaltigkeitsthemen und damit wichtige Anregungen für Klimaschutz-Projekte in den Unternehmen.
Neben Kältetechnik und Beleuchtung, Digitalisierung und Lastmanagement rückten Handlungsfelder jenseits des Tagesgeschäfts verstärkt in den Fokus: die Einbindung von Produzenten, das effiziente Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden sowie die Verantwortung für verwendete Materialien.
Auch der Bereich Verkehr und Logistik nahm einen breiten Raum ein. Die Kongressbesucher diskutierten Visionen für eine Transformation des Verkehrssystems in Richtung nachhaltige Mobilität, konkrete Best-Practice-Beispiele für den Einsatz von Elektrofahrzeugen sowie verschiedene Optionen für Ladesäulen auf dem eigenen Gelände.
Der EHI wird das Thema E-Mobilität ab sofort mit einer eigens gegründeten Initiative vorantreiben – als Beitrag zu einer nachhaltigen Verkehrswende, aber auch da der Gesetzgeber Dieselfahrverbote sowie Investitionen in E-Ladesäulen vorgibt. Die gemeinsam mit Chargepoint, Digital Energy Solutions, Digitronic, inno2grid, Schneider Electric und Viessmann gegründete EHI-Initiative soll Händlern Investitionsentscheidungen erleichtern und eine Plattform für die Diskussion der verschiedenen Angebote bieten.
Die Erkenntnis, wie wichtig Austausch und Diskussion bei Themen wie Klimaschutz, Energiemanagement und Nachhaltigkeit sind, zog sich wie ein roter Faden durch beide Kongresstage. „In Zeiten voller Unsicherheit ziehen Menschen oft enge Grenzen“, mahnte Moderator Jörg Probst: „Aber gerade bei einem so grenzenlosen Thema wie dem Klima müssen wir über unsere Grenzen hinweg schauen und handeln.“
Fotos: EHI/Axel Schulten
Weitere Informationen: https://www.energiekongress.com/