Mit der App „Mein Billa“ verfolgt der österreichische Lebensmitteleinzelhändler ein klares Ziel: die Belegschaft begeistern und enger ans Unternehmen binden. „Gerade im Handel ist das schwieriger als in anderen Branchen“, sagt Serpil Patek, bei Billa in der internen Kommunikation für digitale Medien verantwortlich. Fluktuation sei ein hoher Kostenfaktor, erklärte Patek im November 2018 auf den EHI Technologietagen. Das österreichische Tochter-Unternehmen von Rewe International suchte deshalb nach einer zeitgemäßen und wirkungsvollen Möglichkeit, alle rd. 19.000 Mitarbeiter in den 1.070 Filialen auf digitalem Weg von den Vorteilen des Arbeitgebers Billa zu überzeugen.
2016 entstand die Idee, eine Mitarbeiter-App zu entwickeln: Zum einen hat sich das Smartphone privat längst als multifunktionaler Begleiter etabliert. Mit durchschnittlich gut 30 genutzten Apps pro Monat managen die Menschen ihr Leben heute per App, meldet das auf mobile Anwendungen spezialisierte Marktforschungsinstitut App Annie. Zum anderen stoßen herkömmliche Plattformen für die interne Kommunikation wie Intranet oder Mitarbeiterzeitung im weitläufigen Filialnetz eines Lebensmittelhändlers an ihre Grenzen. So verfügen weniger als 10 Prozent der Billa-Mitarbeiter über einen eigenen PC-Arbeitsplatz mit E-Mail- oder Intranet-Zugang. Die Filial-PCs seien in der Regel für andere Aufgaben belegt, dem Personal vor Ort fehle zudem meist die Zeit, sich am Filialrechner über exklusive Angebote, Karriere- oder Weiterbildungsmöglichkeiten zu informieren, so Patek. Social-Media-Funktionen wie Liken, Kommentieren, Fotos teilen oder Abstimmen stärken zudem das Gemeinschaftsgefühl und geben den Mitarbeitern eine Stimme.
„Mein Billa“
Argumente, die Vorstand und Betriebsrat überzeugten. So stand im Mai 2017 „Mein Billa“ erstmals für iOS und Android in den öffentlichen App-Stores zum Download bereit. Neue Mitarbeiter sollen sich die App gleich am ersten Arbeitstag bei Google Play oder iTunes aufs private Handy laden und sofort nutzen können. Das Log-in erfolgt anhand von Personalnummer und Intranet-Passwort, über das jeder Billa-Mitarbeiter verfügt. Mit dem EAN-Code auf der (analogen) Mitarbeiterkarte kann beim ersten Log-in bei Bedarf ein neues, persönliches Passwort für App (und Intranet) generiert werden. „13.000 Mitarbeiter sind täglich in der App, der Prozess ist gut“, so das Fazit von Alexander Wimmer, Abteilungsleiter IT Portalsysteme bei Rewe International und dort für die technische Umsetzung der Mitarbeiter-App verantwortlich.
Bei der Frage, ob „Mein Billa“ als native App oder Web-App realisiert werden sollte, entschied sich Wimmer für eine Hybrid-Lösung. Während native, also speziell für das jeweilige mobile Betriebssystem entwickelte Apps mit eigener Logik Vorteile bei Performance und Sicherheit bieten, sind plattformunabhängige Web-Apps kostengünstiger und flexibler, und zwar nicht nur in der erstmaligen Entwicklung, sondern auch bei späteren Updates und Erweiterungen. Die grundlegende Navigation, das User-Profil sowie das Log-in mit Schnittstelle zur Personaldatenbank wurden aus Performance- und Sicherheitsgründen allerdings nativ umgesetzt. Dazu holte sich das IT-Team den österreichischen App-Entwickler Bluesource Mobile Solutions als Partner an die Seite. Nativ ist auch die digitale Mitarbeiterkarte, ein Bonussystem für Einkäufe mit Bezahlfunktion mit Offline- und Online-Verfügbarkeit. Alle anderen Inhalte und Funktionalitäten werden über Webviews aus das zentrale Content-Management-System (CMS) eingebunden und können so in Eigenregie schnell eingespielt und ergänzt werden. „Den nativen Anteil sehr klein zu halten, war eine gute Entscheidung“, so Alexander Wimmers Fazit nach den ersten 20 Monaten.
Digitaler Dienstplan
Aktualität und relevante Funktionen schaffen für die Mitarbeiter Mehrwert. Bis Ende Oktober wurde „Mein Billa“ rd. 24.000-mal heruntergeladen. Beliebte Funktionen sind vor allem die digitale Mitarbeiterkarte und der digitale Dienstplan. Den Personaleinsatzplan in der App bereitzustellen, sei eine der besten Entscheidungen gewesen, resümierte Serpil Patek auf den EHI Technologietagen. Damit sei es gelungen, wenige Monate nach dem Start mehr als die Hälfte der Mitarbeiter in die App zu holen. Auch Gewinnspiele wie der Adventskalender mit einem freien Tag als Hauptgewinn beflügeln Download-Zahlen und Seitenaufrufe.
„Mein Billa“ ist eine der wenigen Unternehmens-Apps, die Mitarbeiter auf dem privaten Smartphone und offiziell nur außerhalb der Arbeitszeit nutzen. Aber auch auf der Fläche setzen erste Handelsunternehmen bereits auf Smartphone und Tablet statt MDE – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, die Mitarbeiter durch ein modernes und persönliches Arbeitsgerät zu motivieren, ausgestattet mit nutzerfreundlichen, intuitiv zu bedienenden Apps, wie sie aus dem privaten Umfeld gewohnt sind.
Auch bei dem Projekt von Selina Ulmer und Jenny Jasper von dmTech in Karlsruhe spielte das Thema Mitarbeitermotivation eine zentrale Rolle. Das Duo ist in der IT verantwortlich für die Filialwarenwirtschaft und hat bei dm die Einführung von Smartphones als Ersatz für klassische MDE in den Filialen umgesetzt. Mehr als 24.000 Mitarbeiter in Deutschland wurden 2017 mit Firmenhandys vom Typ „Samsung S5“ ausgestattet – binnen 3 Monaten, ohne Referenzprojekt und ohne, dass vorab jede Frage bis ins letzte Detail geklärt werden konnte, wie Ulmer und Jasper bei ihrem Vortrag auf den EHI Technologietagen in Düsseldorf betonten. Mittlerweile ist auch der internationale Rollout von rd. 8.000 weiteren Smartphones abgeschlossen.
dm-Mitarbeiter-App
Als mobiler Verkaufsberater und vielseitiges Kommunikations- und Arbeitswerkzeug haben sich die neuen Geräte dank passender dm-Apps
inzwischen fest etabliert. „Das Thema hat schnell eine hohe Eigendynamik entwickelt“, sagt Selina Ulmer. Im Gegensatz zum MDE wollten die Mitarbeiter ihr persönliches Smartphone kaum noch aus der Hand legen. Jeder Mitarbeiter verfüge jetzt über sein eigenes, personalisiertes Gerät, auf dem genau die Apps bzw. Funktionen installiert sind, die für den eigenen Job benötigt werden. Ergänzend dazu kann sich jeder seine persönlichen Favoriten aus dem geschlossenen dm-App-Store herunterladen, darunter beispielsweise eine Radio-App, diverse Office-Anwendungen oder E-Learning-Angebote wie das Lernspiel Filialhelden, bei dem jeder Mitarbeiter in die Rolle eines Filialleiters schlüpfen kann. Über die Plattform „dmBlogger“ findet ein direkter Austausch statt, beispielsweise beantworten technisch versierte Mitarbeiter dort die Fragen ihrer Kollegen. Funktionen wie ein Social Dashboard (zeigt auf einen Blick aktuelle dm-Beiträge auf Facebook, Instagram und Youtube) und ein vereinfachter Zugang zu Produktinformationen unterstützen die Mitarbeiter bei der Kundenberatung.
Solcherart Vorteile erhofft sich auch Holger Wellner vom Modehaus Wellner in Hameln von seiner Mitte 2018 eingeführten Kunden-App, über die Kampagnen von Markenherstellern und eigene Aktionen wie Einladungen zu Events, Gutscheine und Rabatte ausgespielt werden. Um den Mitarbeitern einen Anreiz zu geben, die App bei den Kunden zu bewerben, hat Wellner das Tool ganz bewusst für sein Verkaufsteam geöffnet und mit Zusatzfunktionen ausgestattet. So können Mitarbeiter beispielsweise über den integrierten Messenger direkt mit ihren Stammkunden kommunizieren oder sie in eine exklusive Gruppe einladen. Über die App haben sie zudem Zugriff auf die Kundenkartei und können neben der Einkaufshistorie auch selbst hinterlegte Notizen zum Kunden abrufen. „Unsere Mitarbeiter sollen den Kunden unsere App anpreisen und ihnen bei der Installation helfen. Das machen sie umso eher, wenn sie selbst auch einen Mehrwert von der App haben“, sagt Wellner. Die Mitarbeiter nutzen die App am liebsten auf den 5 Firmen-iPads – damit die Kunden nicht denken, sie würden privat surfen.
Key Facts
- Filialmitarbeiter haben oft keinen PC-Zugang. Eine Mitarbeiter-App fürs private Smartphone ist ein zeitgemäßer Weg, Mitarbeiter zu informieren, zu vernetzen und ans Unternehmen zu binden.
- Nützliche Funktionen (digitaler Dienstplan, Mitarbeiter-Bonuskarte, interne Stellenbörse), Gewinnspiele und Social Media-Elemente sorgen für intensive Nutzung.
- Apps für Filialwarenwirtschaft auf dem persönlichen Firmen-Smartphone statt MDE motivieren die Filialmitarbeiter und fördern Austausch und Unternehmensbindung.
- Kunden-Apps etablieren sich schneller und erfolgreicher, wenn die Verkaufsmitarbeiter einen Anreiz haben, sie auch selbst zu nutzen und aktiv zu bewerben.
Mobile Apps entlasten Mitarbeiter
Für uns sind vor allem digitale Anwendungen interessant, die es den Mitarbeitern erleichtern, unsere unterschiedlichen Formate effizient und effektiv zu betreuen. Unser Serviceprozess wird schon seit Jahren durch eine mobile Lösung unterstützt, die täglich mehr als 3000 Mitarbeiter weltweit nutzen. Aktuell ergänzen wir diese Eigenentwicklung mit Standardsoftware beispielsweise für Personaleinsatzplanung, Visual Merchandising, Urlaubsanträge oder Reisekosten. Uns ist wichtig, einfache und intuitive Lösungen bereitzustellen: damit unsere Mitarbeiter nicht mehr alles Kopf haben müssen, sondern jederzeit sicher und mobil auf alle erforderlichen Informationen zugreifen können.
Dirk Röder
Head-of-IT bei der beeline Group in Köln
Von Whatsapp zur Mitarbeiter-App
Als die Kommunikation über Whatsapp für die Mitarbeiter zu unübersichtlich wurde, hat das Modehaus Ramelow gemeinsam mit dem Schweizer Dienstleister Beekeeper eine Mitarbeiter-App eingeführt. Die Business-Plattform unterstützt die Mitarbeiter bei der internen Kommunikation in Echtzeit.
B-PEP: Produktivität im LEH steigern
Zufriedene Kunden sind das Ziel jedes Supermarktes. Die Mitarbeiter spielen dabei eine entscheidende Rolle. Um den Kunden den bestmöglichen Service bieten zu können, ist eine bedarfsoptimierte Personaleinsatzplanung (B-PEP) erforderlich. Es gilt, den richtigen Mitarbeiter in der richtigen Abteilung zur richtigen Zeit einzusetzen und das alles zu den „richtigen” Kosten.