Viele Jahre war, sowohl aus Banken- als auch Handelssicht, die Idee eines geschlossenen Bargeldkreislaufs mehr Vision als Wirklichkeit. Man versprach sich davon weniger Kosten, Transparenz der Geldströme und mehr Sicherheit. Doch inzwischen ist aus der Vision Wirklichkeit geworden. In einem geschlossenen Bargeldkreislauf sind im Handel alle Prozessschritte automatisiert, es findet dabei keine manuelle Bargeldverarbeitung mehr statt. Die offene Kassenlade mit Noten und Münzen im Zugriff kann heute der Vergangenheit angehören. Statt der täglichen Geldversorgung kann Bargeld „abgeschöpft“ werden, wenn es gebraucht wird.

In einem geschlossenen Bargeldkreislauf erfolgt die gesamte Bargeldentsorgung an der Kasse und im Backoffice komplett automatisiert. Eine „intelligente“ Kassette bzw. der Rollenspeicher in einem Cash-Recycler sind mit einem Speicher-Chip ausgestattet, durch den alle Bargeldbewegungen transparent und nachvollziehbar sind. Die Daten sind revisionssicher, Manipulationen sind ausgeschlossen, auf das 4-Augen-Prinzip kann verzichtet werden.  

Wie kann diese Automatisierung erfolgen? Beispielsweise durch automatische Systeme im Kassenbüro. Diese übernehmen die Einzahlung von Einnahmen ebenso wie die Ausgabe von Bargeld als Wechselgeld. Dadurch entfallen manuelle Zähl- und Kontrollprozesse durch die Mitarbeiter bei Schichtanfang und Schichtende. Das spart viel Zeit, und die Mitarbeiter können sich ihren eigentlichen Aufgaben widmen. Eine tägliche Geldentsorgung ist dann nicht mehr notwendig, d.h. die Anfahrtszyklen von Werttransporteuren können reduziert werden, was Kosten spart.  

Geschlossene Cashhandling-Systeme an den Kassen können mit Recycling-Funktion ausgestattet werden; eingezahltes Bargeld kann dann direkt als umlauffähiges Wechselgeld zur Verfügung gestellt werden. Die Kunden können Münzen und Scheine selbst einzahlen und erhalten passendes Wechselgeld vom Automaten zurück. Dies schließt Kassendifferenzen praktisch aus. Solche Systeme senken auch das Überfallrisiko an der Kasse. Neue Mitarbeiter können zügig eingearbeitet werden, die Schichtwechsel werden schneller.  

Sowohl kleinere Einzelhändler als auch Filialketten werden zunächst ihre traditionelle Kasse beibehalten wollen. Ein erster Schritt hin zu einem geschlossenen Bargeldkreislauf kann darin bestehen, die Banknoten im Backoffice in einem automatischen Kassentresor zum Bargeld-Recycling zusammenzuführen. Ein solches sogenanntes Konsolidierungsgerät fasst sowohl in der Version für Geldkassetten als auch in der Safebag-Variante mehrere Tausend Banknoten.

Kassentresor

Für den Transport des Geldes stehen in einem geschlossenen System verschiedene Behältnisse zur Verfügung. Dies ist zum einen die Kassette. Diese wird bereits seit vielen Jahren von Banken als Banknotenspeicher in Geldautomaten eingesetzt. Die Kassette lässt sich in den Fahrzeugen der Werttransporteure in Racksystemen arretieren und zugriffsicher schützen. Auf Kundenwunsch oder je nach Ländervorgabe ist die Tinteneinfärbe-Technologie noch ein besonderes Sicherheits-Feature.

Rollenspeicher, die typischerweise vom Handel eingesetzt werden, sind ebenfalls ein mobiles, revisionssicheres Notenspeicher-Medium. Auch hier kann man durch den Einbau einer Tinteneinfärbe-Lösung den Weg von der Kasse ins Cash Office noch sicherer machen. Hierbei werden nach Überschreitung einer definierten Zeitspanne die Geldnoten eingefärbt und damit unbrauchbar. Es geht also um den sicheren Transport sowohl innerhalb der Filiale als auch außerhalb Richtung Cash Center durch die Werttransporteure.  

Zum anderen gibt es Safebags als Transport-Medium. Dies sind Beutel aus Polyurethan mit Selbstklebesiegel, die für Noten und für Münzen konzipiert sind. Safebags benötigen ein weiteres Transport-Behältnis sowie eine zusätzliche Transportsicherung zum Schutz der Menschen und der Werte.

Welche Variante vorteilhafter ist, hängt vom jeweiligen Fall ab. Für die Kassette spricht, dass sie sich durch Revisionssicherheit auszeichnet und mit einem elektronischen Siegel ausgestattet ist, das jeden Manipulationsversuch sichtbar macht. Auch ist für die Bargeldbearbeitung bis einschließlich im Cash Center kein manueller Eingriff mehr nötig. Auch ist die Kooperation bei der Bargeldver- und -entsorgung zwischen Handel und Banken nur mit der Kassette möglich. In Handelsgeschäften gefüllte sortenreine Kassetten können direkt in die Geldauszahlung eines Kreditinstituts übernommen werden. Hierdurch wird, auch im Sinne der Deutschen Bundesbank, der Geldkreislauf verkürzt. Durch die automatische Banknotenprüfung, welche die Systeme vornehmen, ist dabei auch immer die Umlauffähigkeit der Banknoten sichergestellt. Frühere Wertstellung bei Eigentumsübergabe verbessert den Cashflow des Händlers.  

Die maschinell verschlossene Safebag-Variante empfiehlt sich vorrangig als Einstiegslösung sowie für kleinere Einzelhändler, für die die professionelle Entsorgung durch ein Werttransportunternehmen unwirtschaftlich ist und die aus diesem Grunde ihre Tageseinnahmen bislang selbst zur Bank brachten.  

Für die Sicherheitstransporteure lässt sich das sogenannte Bürgersteigrisiko bei der Abholung von Safebags durch innovative Transportsicherungskoffer mit Tinteneinfärbe-Funktion minimieren. Allerdings bleibt beim Entsorgungsprozess mit Safebags ein manueller Prozessschritt bestehen: das Öffnen des Safebags im Cash Center, bevor das Geld in die Zählmaschine geht. Im Ausland sind Safebags unverzichtbar, weil die dortigen Bestimmungen den Einsatz von Kassetten erschweren oder, wie in Frankreich, ganz verbieten.  

Echte Durchgängigkeit aller Prozesse und lückenlose Transparenz des gesamten Bargeldreislaufs erfordert, dass die gesamte eingesetzte Technik und alle Beteiligten – von der Infrastruktur im Handel bis hin zum Cash Center – an dem Informationsaustausch beteiligt sind. Der Technikanbieter Wincor Nixdorf beispielsweise bietet hierfür eine Informationsplattform an. Über diese Plattform kann jeder Berechtigte erfahren, wo genau sich seine Werte befinden, ob bei der Bereitstellung oder beim Transport der Gelder Abweichungen vom Zeitplan auftraten und wer die Gelder gerade wo bearbeitet – ein ähnliches Verfahren, wie es im Paketversand als Tracking und Tracing bekannt ist.  

Welche Trends und neuen Technologien zeichnen sich beim Cashhandling ab? Unter anderem neue Transportsicherungssysteme wie das sogenannte Softcar-Konzept. Es handelt sich dabei um eine „Ein-Mann-Logistiklösung“. Diese wird in Schweden seit 15 Jahren erfolgreich praktiziert und soll jetzt auch in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden.

Foto: Wincor Nixdorf

Die wichtigsten Kriterien

  • In einem geschlossenen Bargeldkreislauf sind alle Prozessschritte des Bargeldhandlings automatisiert, es findet keine manuelle Bargeldverarbeitung mehr statt.  
  • Die komplette Transparenz im Bargeldprozess ist erst erreicht, wenn alle am Prozess Beteiligten an den Informationsaustausch angeschlossen sind.  
  • Echte Durchgängigkeit des gesamten Bargeldprozesses ist erst gegeben, wenn der Transportweg in die lückenlose Überwachung der Geldbewegungen einbezogen ist.  
  • Die Geldkassette zeichnet sich durch Revisionssicherheit und ein elektronisches Siegel aus, das jeden Manipulationsversuch aufdeckt. Zudem ist für die Bargeldbearbeitung einschließlich Cash Center kein manueller Eingriff mehr notwendig.  
  • Die maschinell verschlossene Safebag-Variante empfiehlt sich vorrangig als Einstiegslösung sowie für kleinere Einzelhändler, die bislang ihre Tageseinnahmen selbst zur Bank bringen, weil die professionelle Entsorgung durch ein Werttransportunternehmen für sie unwirtschaftlich ist.

Netzwerk aus allen beteiligten Akteuren.

Christian Fischer

Senior Branchenmanager Cash Logistics, GS1 Germany

Bargeldlogistik braucht Standards

Christian Fischer, Senior Branchenmanager Cash Logistics, <a href=

GS1 Germany wird in diesem Jahr eine Arbeitsgruppe bilden, die einheitliche Standards für Information und Transparenz im Bargeldkreislauf aushandeln soll. Es geht um eine lückenlose Nach- und Rückverfolgbarkeit der Geldströme.

CashEDI (Cash Electronic Data Interchange) ist ein Projekt der Deutschen Bundesbank, um Bargeldprozesse transparenter, effizienter und sicherer zu gestalten. GS1 Germany unterstützt als Partner und Berater Banken, Handel und Wertdienstleister bei diesem Thema. Im Rahmen von CashEDI bietet die Bundesbank den Bargeldakteuren (Kreditinstitute, Handel, Wertdienstleister) die Möglichkeit zum elektronischen Austausch von Daten des Bargeldverkehrs. Die im Handel etablierten GS1-Standards finden damit auch Anwendung in der Bargeldlogistik.  

Bei dem Bargeldkreislauf der Zukunft geht es um ein Netzwerk aus allen beteiligten Akteuren des Bargeldmarktes. Die Grenzen zwischen Handel und Banken werden fließend, Transparenz sorgt für Sicherheit und Vertrauen zwischen den Akteuren. Die Grundlagen für dieses Szenario werden dieses Jahr gelegt. Die Ausstattung jedes Bargeldakteurs mit einer eindeutigen Unternehmensnummer (Globale Lokationsnummer GLN) von GS1, der Aufbau von Artikelkatalogen anhand der Global Trade Item Number (GTIN) mit standardisierten Dienstleistungen und einer elektronischen, einheitlichen Sprache (EDI) stellen die Weichen für die Zukunft.  

Bis diese Synergien voll zum Tragen kommen, sind im Dialog zwischen den Netzwerkpartnern Vereinbarungen zu treffen. Themen zur Optimierung mittels GS1-Standards sind genug vorhanden. So sorgen durchgängige Kommunikationswege unter Vermeidung von Medienbrüchen für Schnelligkeit und eine automatisierte Kommunikation. Das gilt für Geldkassetten, Automaten, Cashmanagement-Software und den übergreifenden Bargeldtransfer. Die Möglichkeit des Tracking und Tracings über die GLN führt zu erhöhter Transparenz, die das Risiko minimiert und dadurch auch bessere Versicherungsprämien ermöglicht. Standardisierte Dienstleistungen von der Aufbereitung über die sogenannte Portionierung bis zum Transport eröffnen neue Geschäftsmodelle.  

Wichtig ist immer die End-to-End-Betrachtung der Wertschöpfungskette in der Bargeldver- und -entsorgung. Dabei gilt es, eine Balance zu finden zwischen der Forderung nach Flexibilität einerseits und Standardisierung und Effizienz des Bargeldkreislaufs andererseits. Ein praktisches Beispiel ist die Entwicklung von systemübergreifenden Geldkassetten, die über alle Prozessstufen des Bargeldkreislaufs in Geräten unterschiedlicher Hersteller eingesetzt werden können und den Transport, die Übergabe und die Bearbeitung von Banknoten vereinfachen können.  

Zur Erreichung dieses Ziels startet GS1 Germany im 2. Quartal 2012 die „Cash Community“ im Rahmen ihrer Bargeldlogistik- Initiative. Netzwerkpartner aus Handel, Banken, Versicherungen, Herstellung und Dienstleistung sind eingeladen, sich aktiv an diesem Weg zu beteiligen.

Ein Beitrag von Christian Fischer

Kontakt: fischer@gs1-germany.de