Herr Göttert, welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf Marketingaktivitäten?
Der Konsument und seine individuellen Bedürfnisse sind elementare Bestandteile der Wertschöpfungskette: Ein Kunde produziert Inhalte, Bewertungen und Empfehlungen. Seine Aktivitäten steuern Logistikprozesse und Produktionskapazitäten. Das Produkt, das in Vergangenheit im Mittelpunkt der Marketingaktivitäten stand, wechselt in die zweite Reihe. Folglich müssen Prozesse in Unternehmen neu ausgerichtet und deren Automatisierungsgrad erhöht werden. Neue Technologien sind gefragt, die u.a. in der Lage sind, Daten in Echtzeit zu verarbeiten und unterschiedlichste Kommunikationskanäle zu integrieren. Relevante Einblicke in das Kundenverhalten lassen sich nur gewinnen, wenn über Point of Sale (PoS)- und E-Commerce-Transaktionen hinaus gedacht wird.
Wie erhalten Einblicke in das Kundenverhalten Relevanz?
Aus technologischer Sicht durch unternehmensübergreifende Plattformlösungen, Data-Analytic-Systeme oder Systeme zur personalisierten Ausbringung von Werbung in den mobilen und Online-Kanälen. Diese müssen effizient mit den Backend-Systemen der Unternehmen verbunden sein.
Warum ist die Fokussierung auf den Konsumenten unumgänglich?
Die digitale Aufrüstung auf Konsumentenseite und vergleichsweise geringe Kosten bei der Befeuerung von Web-, Social-Media- und E-Commerce-Kanälen mit Werbebotschaften führt zu einer Reizüberflutung. Einfache Werbebotschaften laufen Gefahr, als störend empfunden zu werden. Im richtigen Kontext zur richtigen Zeit zugestellt, bietet technologiegestütztes und personalisiertes Kundenmanagement die Chance, dass Werbung vom Kunden als Entscheidungshilfe empfunden wird. Erforderlich sind relevante Informationen über den Konsumenten, zum Beispiel zu seinen Aktivitäten und Vorlieben. Anschließend gilt es, Informationen in Echtzeit auszuwerten und darauf basierend ebenfalls in Echtzeit die Botschaft abzusetzen, die beim Kunden den Reizimpuls auslöst, ein entsprechendes Angebot anzunehmen. Das Marketing wird zur Plattform für den individuellen Dialog mit dem Konsumenten werden.
Was ist bezüglich der Digitalisierung im Marketing bereits möglich?
In Vergangenheit wurde einem Konsumenten nach dem Kauf eines Produkts im Online-Shop Werbung zu vergleichbaren Produkten zugestellt. Heute ist es möglich, dem Online-Kunden ergänzende Produkte oder Leistungen anzubieten. Manche Online-Händler können aufgrund technologischer und prozessualer Kompetenz antizipieren, welche konkreten Produkte ein Kaufinteresse finden und sie bewerben bzw. anbieten. Informationen über Gewohnheiten und Konsumverhalten außerhalb des Einflussbereichs eines Unternehmens hingegen fehlen noch weitestgehend. Diese Daten zu gewinnen, ist eine soziale, ethische und technologische Herausforderung, da Konsumenten selbstbestimmt entscheiden, ob und welche Daten von ihnen erhoben und genutzt werden dürfen. Ohne wirtschaftliche Anreize zu setzen sowie die Datensicherheit und Nutzungsmotivation klar zu kommunizieren, wird es schwer, Konsumenten davon zu überzeugen, ihre Daten preiszugeben.
Wofür können Daten eines Kunden eingesetzt werden?
Die Daten geben der Marketing-Abteilung die Möglichkeit, anhand von nutzenstiftenden Argumenten zu versuchen, bei den potenziellen Kunden das Interesse an einem Produkt zu wecken. Relevante Informationen bzw. Werbebotschaften müssen passgenau zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort zugestellt werden. Bestandteil einer Marketing-Strategie wird sein, auch Mobile-Devices zu integrieren, um z. B. über Advertising-Exchange-Systeme in Echtzeit zu agieren.
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