Inventurdifferenzen moderat gesunken | stores+shops
{{{name}}}

Vorgeschlagene Beiträge

Anzeige

Inventurdifferenzen moderat gesunken

Die Inventurdifferenzen sind 2010 im Vergleich zu 2009 geringer ausgefallen. Doch das bedeutet nicht, dass die zugrunde liegende kriminelle Energie abgenommen hätte. Die Dunkelziffer nicht entdeckten Diebstahls ist weiterhin enorm. Der Handel sieht sich nach wie vor gezwungen, erheblich in Diebstahlprävention zu investieren.

Die aktuelle EHI-Studie zur Entwicklung der Inventurdifferenzen zeigt spürbare Verbesserungen: Im Vergleich 2010 zu 2009 sind die Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel rückläufig. Dennoch schmälert eine Inventurdifferenz im Mittel von 0,60 Prozent – bewertet zu Einkaufspreisen in Prozent vom Nettoumsatz – nach wie vor die Renditen im Einzelhandel. Jährlich investiert der Handel nach wie vor rund 1,2 Milliarden Euro in Präventiv- und Sicherungsmaßnahmen, um seine Waren vor Diebstahl zu schützen.

Inventurverluste: 3,7 Milliarden Euro

Im gesamten Einzelhandel summieren sich die zu Verkaufspreisen bewerteten Inventur-
differenzen auf 3,7 Milliarden Euro. Nach wie vor stiehlt – statistisch gesehen – jeder deutsche Haushalt jährlich Waren im Wert von über 50 Euro im Einzelhandel. Auf den Lebensmittel-
handel projiziert bedeutet dies, dass rund jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse passiert. Und das, obwohl die polizeiliche Kriminalstatistik 2010 einen Rückgang um 1,6 Prozent auf nunmehr 387.662 angezeigte Fälle registriert hat.

Angesichts dieser Zahlen und vor allem angesichts der enormen Dunkelziffer nicht aufgedeckter Taten von einer entspannten Lage zu sprechen, wäre fatal. Trotz rückläufiger Statistiken wird im Handel nach wie vor gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist.

Enorme Dunkelziffer

Zunächst muss man wissen, dass die Kriminalstatistik nur angezeigte Fälle berücksichtigt. Diese machen weniger als 2 Prozent des Gesamtschadens aus. Es bleiben aber jährlich rund 30.000.000 Ladendiebstähle unentdeckt, das entspricht 100.000 Delikten je Verkaufstag mit einem durchschnittlichen Schaden von über 60 Euro!

Hinzu kommt, dass jeder der rund 2,5 Millionen Beschäftigten im deutschen Einzelhandel einen „durchschnittlichen statistischen Schaden“ von 350 Euro im Jahr verursacht. Dadurch wird sehr schnell deutlich, dass nur wenige unehrliche Mitarbeiter enorme Schäden verursachen, nämlich insgesamt 800 Millionen Euro. Die rein quantitativ häufigeren Kundendiebstähle führen zu einem entsprechend höheren Schaden in Höhe von 1,9 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahlen machen deutlich, worum es geht.

Der betrieblichen Praxis folgend wurden für die Studie die Erhebungen – bewertet zu Nettoeinkaufspreisen in Relation zum Nettoumsatz, also Bruttoumsatz ohne Mehrwertsteuer, erfasst.

Fast 5 Prozent weniger Inventurverluste

Das durchschnittliche Niveau der Inventurdifferenzen 2010 hat sich – bei gleicher Grundgesamtheit – mit 0,60 Prozent vom Nettoumsatz gegenüber 0,63 Prozent im Jahr 2009 verbessert. Prozentual sind die Verlustraten damit um 4,8 Prozent gesunken. Mit Ausnahme der Baumärkte und der Fachgeschäfte im Bekleidungshandel haben alle untersuchten Betriebsformen leichte Verbesserungen registrieren können.

Deutliche Rückgänge der ausgewiesenen Verluste sind bei Supermärkten bis 2.500 qm sowie Textilkaufhäusern und Warenhausunternehmen festzustellen. Obwohl ein direkter Vergleich der Inventurdifferenzen verschiedener Unternehmen nur eingeschränkt möglich ist, können im Jahresvergleich – differenziert nach Branchen – folgende Mittelwerte als Orientierung angegeben werden:

Im Lebensmittelhandel (inkl. C&C-Märkte) liegen die durchschnittlichen Inventurdifferenzen bei 0,52 Prozent. Die C&C-Märkte schneiden traditionsgemäß mit Werten um 0,2 Prozent am besten ab. Die SB-Warenhäuser liegen mit 0,55 Prozent vom Nettoumsatz genau auf ihrem Vorjahresniveau, bei Supermärkten bis 2.500 qm betragen die durchschnittlichen Differenzen 0,56 Prozent, während große Supermärkte im Schnitt 0,58 Prozent ausweisen. Drogeriemärkte liegen mit durchschnittlich 0,89 Prozent erneut unter Vorjahresniveau. Die an der Studie beteiligten Baumarktunternehmen haben durchweg höhere Inventurdifferenzen feststellen müssen, durchschnittlich 0,68 Prozent.

Im gesamten Bekleidungshandel sind die durchschnittlichen Inventurdifferenzen mit 0,48 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres geblieben. Während die Bekleidungsfachgeschäfte höhere Verluste feststellen mussten, konnten Textilfachmärkte sowie vor allem Textilkaufhäuser einschließlich Warenhausunternehmen ihre Inventur-Mankos verringern. Die durchschnittlichen Inventurdifferenzen der beteiligten Möbelhäuser unterschiedlichster Sortimentsausrichtung konnten ihre Differenzen auf 0,39 Prozent vom Nettoumsatz reduzieren.

Verursacher

Nach Einschätzung der befragten Handelsexperten entfallen im Durchschnitt aller Branchen 52 Prozent des Schwundes auf Kundendiebstähle, während man wertmäßig den eigenen Mitarbeitern 22 Prozent anlastet. In absoluten Zahlen ergeben sich daraus etwa 1,9 Milliarden Euro Schaden durch Kundendiebstähle und 800 Millionen Euro durch eigene Mitarbeiter. Es steht außer Frage, dass im Verkaufsraum und an der Kasse mit mindestens zwei Dritteln aller Verluste die meisten Diebstähle erfolgen. Im Durchschnitt aller Branchen entstehen etwas mehr als die Hälfte der Verluste im Verkaufsraum und knapp 18 Prozent an der Kasse.

Weiterhin ernstes Problem

Nach den aktuellen Einschätzungen der Studienteilnehmer rechnet der Handel mit einer Zunahme in allen Bereichen der Einzelhandelskriminalität – sicher geprägt durch die alltägliche Konfrontation. Im Fokus steht vor allem der professionell organisierte Ladendiebstahl im Sinne von Bandendiebstahl und Diebstahl auf Bestellung von professionell agierenden Tätergruppen, die bei jedem Zugriff wertmäßig hohe Schäden verursachen. Auch die zunehmende Gewaltbereitschaft potenzieller Täter bereitet den Einzelhändlern Sorgen.

Handel investiert gezielt in Sicherheit

Im Durchschnitt aller Branchen gibt der Handel rund 0,33 Prozent vom Umsatz für Sicherheitsmaßnahmen aus. In 2011 werden vor allem Personalschulungen weiter forciert, speziell Schulungen des Kassenpersonals. Der Einsatz und die Optimierung von Analysesoftware für Bondatenauswertungen wird ebenso weiter vorangetrieben wie gezielte Datenauswertung anhand von Warenwirtschaftssystemen. Danach folgt die Ausweitung des sichtbaren Kamera- und Videoeinsatzes. Ferner werden Testkäufe in verschiedenen Ausprägungen wieder vermehrt durchgeführt.

Insgesamt gibt der Einzelhandel jährlich 1,2 Milliarden Euro für Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Inventurdifferenzen aus. Die gesamten Kosten, die dem Einzelhandel jährlich durch Inventurdifferenzen und deren Vermeidung entstehen, betragen knapp 5 Milliarden Euro.

Zugegeben, das Niveau der durchschnittlichen Inventurdifferenzen von 0,6 Prozent – berechnet zu Einkaufspreisen in Relation zum Nettoumsatz – stecken die meisten Unternehmen bei ihrer Kalkulation locker weg, und manch einer fragt sich, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, mehr in Prävention, Personalschulung und Sicherheitstechnik zu investieren.

Würden Einsparungen an Detektiveinsätzen, an Testkäufen, an Warensicherung und Kameraüberwachung sowie an Loss-Prevention-Tools am Ende nicht zu mehr Ertrag führen? Antwort: Mitnichten, denn die Reduzierung von Sicherheitsmaßnahmen würde sofort mit erhöhtem Diebstahl genau dort „bestraft“. Ladendiebe lernen schnell. Hinzu kommt, dass begehrte Produkte heute schon gar nicht mehr in offener Präsentation und Selbstbedienung verkauft werden können, nur umfassende Sicherungsmaßnahmen verhindern dort Verluste. Die Zusammenarbeit mit der Polizei bei der Bekämpfung von Ladendiebstahl bewerten die meisten Handelsunternehmen als gut. Allerdings wird die anschließende Strafverfolgung als vollkommen unzureichend bemängelt.  

Eine breitere öffentliche und politische Diskussion der Problematik des Ladendiebstahls könnte zu einem stärkeren Unrechtsbewusstsein und einer größeren gesellschaftlichen Ächtung dieser vermeintlichen Bagatelldelikte beitragen. Der Bagatellisierung und Entkriminalisierung des Ladendiebstahls muss vehement widersprochen werden, Strafverfahren müssen schnell und konsequent geführt werden.

Die hohe Zahl der Diebstahldelikte im Handel wird auch mit gesellschaftlichen Problemen und Wertewandel begründet. Aspekte wie fehlendes familiäres Umfeld, unzureichende Bildung, steigende Armut, mangelnde Integration von Immigranten, zunehmende Verschuldung von Privathaushalten, aber vor allem auch die fehlende Vorbildfunktion in Politik und Wirtschaft fördern das abnehmende Unrechtsbewusstsein für Ladendiebstahl. Gemessen an der gefühlten Verschwendung bei der Verwendung öffentlicher Gelder erscheinen 3,7 Milliarden Euro Inventurdifferenzen als geradezu geringfügig. Dennoch ist hier die Politik vor allem im Bildungssektor gefordert, für mehr Rechtsbewusstsein und Anerkennung von Eigentumswerten zu sorgen.

Kameraeinsatz weiter erforderlich

Den gesellschaftlichen Werteverfall kann der Handel nicht stoppen, er kann nur weiter in Datenanalysen, Sicherheitstechnik und aufmerksames Personal investieren, um die Verluste durch Ladendiebstähle in einem für ihn erträglichen Rahmen zu halten. Vor allem der Aufmerksamkeit und der Sensibilität von Mitarbeitern kommt eine Schlüsselrolle zu. Verlängerte Öffnungszeiten bei geringerer Personalbesetzung machen es immer schwieriger, eine Flächenaufsicht zu gewährleisten und erfordern zum Ausgleich effektive Warensicherungen und Überwachungsmaßnahmen mittels Kameratechnik.

Doch gerade hier blockieren Politik und Datenschutz. Richtig ist, dass überall dort, wo Kameras deutlich sichtbar installiert sind, ein Straftäter immer damit rechnen muss, sofort, aber auch noch im Nachhinein, identifiziert und zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auch für die Polizei sind Kamerabilder nach Straftaten oft das einzige Instrument zur nachträglichen Täteridentifizierung. Die Polizei gibt sogar Empfehlungen zur optimalen Kamerapositionierung, damit im Ernstfall Bilder des Täters mit bestehenden Bilddatenbanken der Polizei abgeglichen werden können.

Tatsache ist aber, dass die verschiedenen Datenschutzbehörden der Bundesländer die bestehenden Gesetze unterschiedlich auslegen. Dies erschwert die Bestrebungen bundesweit agierender Handelsunternehmen, den Anforderungen überall gerecht werden zu können. Auch die zurzeit zur Diskussion stehenden Regelungen zum Datenschutz der Beschäftigten wirft mehr Fragen auf, als klare Regelungen zu schaffen.

Der Handel wünscht daher glasklare, bundeseinheitliche gesetzliche Regelungen, die den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte seiner Mitarbeiter und Kunden in gebührender Weise berücksichtigen, aber keineswegs den Eigentumsschutz und die Kriminalitätsbekämpfung einschränken. Dies gilt auch für die Zulässigkeit der verdeckten Videoüberwachung als Ultima Ratio! An der aktuellen Untersuchung des EHI zu den Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel beteiligten sich 88 Unternehmen mit fast 15.000 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von knapp 61 Milliarden Euro erwirtschafteten.

Kontakt: horst@ehi.org

Studie: Inventurdifferenzen 2011

Weitere Daten, Hintergründe und detailliertere Auswertungen zur Entwicklung der Inventurdifferenzen sind als Studie des EHI beim EHI-Verlag zu beziehen. EHI-Mitglieder können die Studie kostenlos als Download abrufen.

Format:: 21 x 21 cm; 60 S.

ISBN:: 978-3-87257-372-8

Preis:: 495,00 EUR inkl. MwSt.

Mehr Infos unter:: www.ehi.org/gb/verlag/shop-seiten

Mail:: vertrieb@ehi.org

Fon:: +49-221.5 79 93-64

Produkt-News