Innovationsansätze zur Digitalisierung des stationären Handels | stores+shops

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Der Handel muss sich den Herausforderungen des digitalen Alltags stellen.
Foto: Adobe.Stock/Yingyaipumi

Innovationsansätze zur Digitalisierung des stationären Handels

Mit der Digitalisierung verändern sich die Erwartungen der Kund:innen. Sie leben in einem zunehmend digitalisierten Alltag und wünschen sich ein Kundenerlebnis, welches ganz auf Sie zugeschnitten ist. Damit ergeben sich für den Einzelhandel Innovationschancen und erweiterte Geschäftsmodelle.

Konsument:innen von heute sind anspruchsvoll und informiert, sie wollen teilen und zugleich die Kontrolle über ihre Daten behalten. Ihr stetiger Begleiter ist das Smartphone, das sie zur Produktrecherche nutzen, für den Austausch mit den Anbietern und mit anderen Konsument:innen in sozialen Medien bis hin zum eigentlichen Kauf – inklusive Bezahlung. Dabei differenzieren sie nicht zwischen rein digitalen Einkaufsprozessen oder solchen vor Ort.

Um die Phasen beim Shopping – Pre-visit, During-visit und Post-visit – optimal zu unterstützen, muss sich der Handel den Herausforderungen des digitalen Alltags stellen und umfassende Strategien entwickeln. Dafür bedarf es Services, die Menschen unterstützen. Keine Einzellösungen, sondern vielmehr ein Zusammenspiel aus passenden Geschäftsprozessen, Produkten und aktuellen Technologie-Trends wie künstlicher Intelligenz (KI), Augmented und Virtual Reality, Data und Analytics.

Digitale Innovationsvielfalt als Hebel

Der Wettbewerbsdruck sowie neue Technologien drängen stationäre Händler dazu, ihr Geschäft zu optimieren und im Sinne der Effizienz zu automatisieren. Gleichzeitig muss es mithilfe unterschiedlicher Ansätze gelingen, gute Services anzubieten und die Ladenbesuche unterhaltend zu gestalten.

Zunächst steht im Handel ein smartes Store Design stärker denn je im Fokus. Digitale Produktinformationen, eine Beratung über interaktive Displays sowie Anwendungen, die via QR-Code-Scan ergänzende Informationen liefern oder Kund:innen in größeren Läden gar durch das Sortiment navigieren sind erst der Anfang. Dank gewonnener Kundendaten lassen sich diese Prozesse außerdem personalisieren. So können sich die Kund:innen beispielsweise etwa am Eingang eines Nike-Stores per App identifizieren, nach dem Grab-and-Go-Prinzip die mit Rfid-Chips ausgestatteten Sneakers einfach in die Einkaufstasche legen und beim Verlassen des Geschäfts automatisch bezahlen.

Ein anderes Szenario: Durch eine Brille kann die Kundschaft mithilfe von Augmented oder Virtual Reality die neuen Schneeboots virtuell zum passenden Skianzug in einer Alpen-Szenerie betrachten. Der Händler stellt damit Ware aus, die er nicht auf Lager führt und versendet per Dropshipping, was wiederum Lagerkosten spart.

Auch das Messen von Besucherströmen ist möglich. Durch Wärmebildkameras an Ein- und Ausgängen kann der Einzelhändler zudem die Kundenströme in seinen Läden messen, darauf basierend Aktionsprodukte platzieren sowie die Verweildauer der Kund:innen vor den Produkten messen. Analog zu den Ansätzen aus dem Online-Marketing lassen sich KPIs wie die Conversation-Rate errechnen, die dank Instore Analytics und in Kombination mit z.B. Wetterdaten als Basis für ein intelligentes Preismanagement mit digitalen Preisschildern oder automatischen Aktionsverkäufe genutzt werden können.

Wie „smarter verkaufen“ heute gelingt

Gleich ob smartes Store Design, Virtual Reality oder Instore Analytics. Aus dem Zusammenspiel verschiedener technologischer Ansätze entstehen für Händler:innen veränderte Geschäftsmodelle, wie das nachfolgende, fiktive Beispiel zeigt: Angenommen, ein Schuhfiliallist beschließt, alle seine Filialen in Innenstadt-Premiumlagen als Showroom zu formieren und – anstatt wenige Schuhmodelle in verschiedenen Farben und Größen mehrfach auf Lager zu haben –, auf dem freigewordenen Lagerplatz noch mehr Modelle auszustellen. Die Kund:in lässt sich vor Ort inspirieren, erlebt die Passform und bestellt die Sneakers. Der Versand erfolgt aus einem Zentrallager. Erweiternd zu Multichannel- kann der Händler mit Omnichannel-Maßnahmen – wie Click & Collect, Reserve-to-Store und Return-to-Store – die Kunden in der Pre-visit Phase zum Storebesuch verleiten. Zu beobachten zum Beispiel bei Ikea oder Zara.

Anbieter wie Shopgate, die Standardlösungen an gängige Shopsysteme anbinden, helfen auch kleineren Händlern dabei, ihr Geschäftsmodell zu erweitern. Einen weiteren Ansatz bilden Unternehmen wie schuh24.de oder schuhe.de, welche sich als Vermittler zwischen den stationären Handel und Plattformen wie Amazon und Zalando schalten, um die Bestände des Einzelhandels auf Marktplätze zu spiegeln.

Die damit verbundenen Erfolgspotenziale der Internetökonomie, etwa schnelles Skalieren und kontinuierliches Transformieren, sollte auch der stationäre Handel für sich nutzen. Technische Voraussetzung hierfür bieten die API-Ökonomie und damit die kontrollierte Bereitstellung von Daten, digitaler Dienste und Assets sowie das Plug & Play-Prinzip – also kostengünstige, schnelle und flexible Anbindungsmöglichkeiten, etwa an Marktplatzsysteme.

So können auch kleinere Einzelhändler im Zusammenschluss bestehen und größere Händler in den Ausbau investieren, skalieren sowie attraktive Angebote sicherstellen. Unternehmen des stationären Handels sollten miteinander kooperieren. So könnte etwa eine Gruppe von Einzelhändlern ihre physischen Stores oder ihre technischen Infrastrukturen verbunden mit Services als Plattform zur Verfügung stellen und durch Mieten, Provisionen oder durch Cross-Marketing-Verkäufe davon profitieren. Händler, die diese Möglichkeit nicht haben, könnten dieses Angebot in Anspruch nehmen und dafür bezahlen. Vielleicht würden hier auch andere Teilnehmer aktiv, die Services wie Payment, Lieferung oder Versicherungen zur Verfügung stellen.

Letztlich zeigt sich: Der stationäre Handel wird weiterhin in einem anspruchsvollen Wettbewerbs- und Konsumumfeld agieren. Es gilt daher, die passenden digitale Innovationsansätze zu finden, Veränderungen am Geschäftsmodell zu antizipieren und dieses innovationsgetrieben sowie unter Nutzung technologischer Möglichkeiten weiterzuentwickeln.

Ein Gastbeitrag von Dr. Oliver Bohl, Geschäftsführer von Triplesense Reply und Vorsitzender der Fokusgruppe Digital Commerce im BVDW und Dr. Shakib Manouchehri, Lehrbeauftragter an der Wilhelm Büchner Hochschule.

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