„Gastronomie ist ein hoch anspruchsvolles, komplexes Thema. Einzelhändler, die in diesen Bereich einsteigen wollen, müssen voll und ganz dahinter stehen“, betont Annette Mützel, Geschäftsführerin der Wiesbadener Konzeptagentur und Unternehmensberatung Foodservice Solutions. Die Fragen lauten: Welche Fläche steht zur Verfügung? Welcher finanzielle Spielraum ist vorhanden? Welches Konzept passt zum Unternehmensauftritt und zur Zielgruppe? Wie hoch ist die Frequenz im Haus, und mit wie vielen Kunden pro Tag ist zu rechnen? Wie steht es um die bauliche Ausstattung der Räumlichkeiten? Entsprechen die Decken (geschlossen), die Wände und Böden (rutschfest) den Vorschriften bezüglich Hygiene? Sind Wege für Zuluft, Abluft, Fettabluft (immer über das Dach) und Fettabwasser vorhanden? Für die nachträgliche Installation werden oft hohe Investitionen fällig, in denkmalgeschützten Gebäuden ist sie mitunter gar nicht durchführbar. Ist der Anschluss an eine zentrale Kälteanlage möglich? Das wäre optimal, da steckerfertige Geräte Wärme und Geräusche erzeugen und auch mehr Energie verbrauchen. Das sind nur einige der Fragen, die im Vorfeld von Einrichtung und Eröffnung stehen und die externe Profis mit Ideen, Erfahrung und umfangreichen Planungshilfen begleiten können.
Verschiedene Wege führen zu handelsgastronomischen Konzepten: Bedienung oder Selbstbedienung, letztere wahlweise in der sogenannten Cafeteria Line, also eine durchgehende Ausgabetheke, oder im Free-Flow, also verschiedene Verpflegungsinseln, auf die der Gast frei zuströmen kann. Die Produktion kann am Ort der Ausgabe stattfinden, in einer kleinen Vorbereitungsküche oder in einer Großküche. Es kann mit Frischkost, auf Basis von Cook & Chill, wobei die Gerichte vorbereitet, für eine Zwischenzeit gekühlt und dann regeneriert werden, oder mit Tiefkühlkost gearbeitet werden. Die verschiedenen Verpflegungssysteme, Speisen und Getränke erfordern ihr spezielles Umfeld und besondere technische Lösungen für eine optimale Lagerung, Verarbeitung und Präsentation. „Die Logistik ist ein wichtiges Thema. Ware muss angeliefert werden, und das möglichst nicht über die Laufwege der Kunden. Wenn sich die Fläche nicht ‚unsichtbar‘ über rückwärtige Lastenaufzüge oder Flure bestücken lässt, ist ein Lager für den Tagesbedarf einzurichten, das vor Geschäftsöffnung gefüllt werden sollte“, erläutert Annette Mützel.
Optimale Flächennutzung
Bei der eigentlichen Küchenplanung geht es dann vor allem um optimale Flächennutzung und die Effizienz sowie, im Falle der derzeit sehr angesagten Front-Cooking-Stationen, bei denen Speisen vor den Augen der Kunden zubereitet werden, um den Einklang von Funktionalität und Ambiente. „Wir analysieren zunächst alle Abläufe und planen dann auf Wunsch nach Maß, um jeden Quadratmeter nutzbar zu machen und die benötigten Geräte und Arbeitsbereiche im optimalen Zusammenspiel zu positionieren“, sagt Christina Zauner, die beim Lohberger Küchen Competence Center im österreichischen Schalchen für den Bereich Marketing zuständig ist. Lohberger, einst Herdfabrik, bietet komplette Konzeptionen von der Küchenplanung bis zur Inbetriebnahme an.
Kühla Kühltechnik & Ladenbau aus Vechta-Langförden ist ebenfalls auf die Stückzahl-eins- Fertigung spezialisiert. Neben dem Know-how in Holztechnik und Kühlmöbelfertigung sind die Edelstahl- und Mineralwerkstoff-Verarbeitung zentrale Kompetenzen. Mineralwerkstoffe werden zum Beispiel als Thekenabdeckung, Rückschrank-Arbeitsplatten, dekorative Elemente oder neu als Becken angeboten. Ihre Vorteile laut Geschäftsführer Thomas Brackland: „Sie sind leicht zu reinigen, hygienisch, langlebig, stabil, fugenlos zu verarbeiten und in vielen Farben erhältlich.“
Auch Ubert Gastrotechnik ist nicht nur als Hersteller von Foodservice-Equipment bekannt. Das Raesfelder Unternehmen plant und realisiert komplette Gastronomiekonzepte, allen voran Front-Cooking-Lösungen inklusive der Abluftsysteme. Diese sind gerade im Einzelhandel ein entscheidendes Thema, sollen Verkaufsbereiche und Ware doch keinesfalls geruchsbelastet werden. Eine quasi unsichtbare Alternative zu Decken- oder Wandhauben ist das „Clean Air Mobile“ von Ubert. Die Front-Absaugtechnik lässt sich in variabler Breite wahlweise in Front-Cooking-Systeme integrieren oder als Insellösung betreiben, wenn Hauben-Lösungen nicht zum Einsatz kommen können.
Einfaches Handling
Günther Muth, Leiter Marketing und Vertrieb bei Aichinger, Spezialist für Food-Einrichtungskonzepte und -lösungen aus Wendelstein, hat eine weitere Möglichkeit parat, um Abluft-Probleme in den Griff zu bekommen: „Es empfiehlt sich, Gastronomie-Bereiche mit Luftschleiern abzutrennen. Das reduziert Gerüche auf den Handelsflächen, aber auch umgekehrt – je nach Umfeld – das Eindringen von hygienekritischer Luft in die Gastronomie-Zone.“
Bei den Küchengeräten zeichnen sich insbesondere zwei Entwicklungen ab, wie auf der Messe Internorga in Hamburg deutlich wurde. Die Geräte werden immer einfacher im Handling und sind bewusst auch von ungelerntem Personal zu bedienen. Zudem stecken immer mehr Funktionen in einem Gerät, womit Raum gespart und die Variabilität erhöht wird. Darüber hinaus steigt die Energieeffizienz stetig. Einige interessante Geräte und Konzept-Neuheiten:
„SelfCookingCenter 5 Senses“ heißt ein neues multifunktionales Kochgerät von Rational, Landsberg, das braten, kochen, dämpfen und backen kann, alle Abläufe auf das jeweilige Gargut, dessen Größe sowie Mengen abstimmt und das auch anzeigt, was es gerade macht. Sekündlich kontrolliert das Gerät Temperatur, Feuchte, Garzeit und Luftgeschwindigkeit, damit ein Gericht am Ende so schmeckt und aussieht, wie es der Koch per Touchscreen-Display vorgibt. Unterschiedliche Gerichte können gleichzeitig im Garraum zubereitet werden. Die automatische Reinigung startet bedarfsgerecht.
Mit der Kühltheke „Sirius3“ gewann Aichinger den Zukunftspreis der Internorga. Die geringe elektrische Leistungsaufnahme von weniger als 200 Watt pro Laufmeter Theke setze in der Branche einen neuen Standard, so die Begründung der Jury.
„Snacking“ gehört zu den gastronomischen Mega-Trends, auf den NordCap, Bremen, Anbieter von gewerblicher Kühl-, Koch- und Spültechnik, mit der Kombinationsvitrine „Snacky“ eingeht. Diese bietet mit einer warmen und einer kalten Vitrinenseite auf kleiner Fläche die Voraussetzung für eine vielfältige Speisekarte von Frühstück bis Abendsnack. Das integrierte Vorratssystem ermöglicht die Lagerung von Zutaten, das ausziehbare Schneid- und Belegebrett die frische Zubereitung vor dem Kunden. Craft Beer hieß das Getränke-Thema Nummer eins der Internorga. Hagola Gastronomie-Technik, Goldenstedt, präsentierte passend dazu eine stecker- und schankfertige „Eventbar“, die durch kompakte Bauweise sowie integriertes versenkbares Fahrwerk überall in- und outdoor einsatzbereit ist. Die mobile Theke ist für alle gängigen Fassgrößen geeignet und bietet zusätzlichen Stauraum für Flaschen.
Variabilität
Voll im Zeitgeist liegen derzeit auch Smoothies, Frappés und Slushes. Damit Gäste schnell und flexibel bedient werden können, stellte Manitowoc, Herborn, die „Multiplex Blend-In-Cup-Ausgabestation“ vor, mit der sich rund 400 Getränkearten mixen lassen. Das Unternehmen steht Einzelhändlern, die dies wünschen, auch von der Menüplanung über die technische Bedarfsanalyse und Wirtschaftlichkeitsberechnung bis hin zum After-Sales-Service zur Verfügung. Deutschland-Geschäftsführer Hans-Werner Schmidt rät: „Es sollten möglichst modular aufgebaute Elemente genutzt werden, um jederzeit schnell auf Änderungsbedarf reagieren zu können.“
Winterhalter, Meckenbeuren, Spezialist für gewerbliche Spülsysteme, lancierte auf der Internorga eine Durchschub-Spülmaschine mit einer neu entwickelten Option „ClimatePlus“. Diese nutzt mit einer integrierten Wärmepumpe nicht nur die thermische Energie aus ihrem Innenraum, sondern erstmalig auch die Wärme aus der Raumluft, um das Tank- und Nachspülwasser zu erwärmen – das spart Energie. Gleichzeitig werden die Temperatur und der Feuchtigkeitsgehalt der Abluft deutlich reduziert und kühle, trockene Luft an den Raum abgegeben.
Blanco Professional, Oberderdingen, präsentierte Tablett-Abräumwagen mit optionaler Verkleidung in Edelstahl und 13 Farbvarianten sowie mit dem „Pasta Point“ ein gastronomisches Rundum-Konzept inklusive Marketing-Paket. Die ganzheitliche Front-Cooking-Lösung, die einen Mindestplatzbedarf von 6 qm hat, wurde zusammen mit Hilcona Foodservice entwickelt. Innerhalb von 45 Sekunden können damit frische Pastagerichte serviert werden.
Fotos: Aichinger (1), Manitowoc (2), Rational (1), Ubert (1)
Weitere Informationen gibt es unter: www.aichinger.de, www.blanco-professional.com, www.hagola.de, www.kuehla.de, www.lohberger.com, www.manitowoc-de.com, www.nordcap.de und www.rational-online.com
Von grünen Smoothies bis Premium-Fleisch
Ein zugkräftiges Speisen- und Getränkeangebot ist wichtiger Bestandteil von gastronomischen Einrichtungen im Handel. Karin Tischer, Inhaberin von Food & More aus Kaarst, informiert über die aktuellen Trends.
Auch Speisen unterliegen Moden und folgen gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Menschen essen immer öfter außer Haus, gleichzeitig möchten sich viele gesünder ernähren. Laut einer gemeinsamen Studie der Universitäten Göttingen und Hohenheim gibt es inzwischen in Deutschland 30 Prozent ernährungssensibilisierte Verbraucher, wobei der Anteil bei den Frauen höher liegt. „Das Bedürfnis nach Frische ist ausgeprägt. Salate, Früchte, gesunde Säfte und grüne Smoothies, ob aus Salatgurke und Zitrone, Wirsing, Grünkohl, Brokkoli oder Kaktus, liegen im Zeitgeist. Generell steht das Besondere und Überraschende hoch im Kurs“, berichtet Karin Tischer.
Vegane Küche ist derzeit „in“, doch kein Trend ohne Gegentrend. Gleichzeitig gewinnen Premium-Fleisch-Konzepte an Bedeutung. Für Einzelhandelskonzepte seien diese jedoch weniger relevant, es sei denn, es sind komplette und gehoben positionierte Restaurants an die Retailflächen angebunden. In diesem Fall gibt es eine Tendenz zum „Leisure Fine Dining“, das heißt hochwertiges Essen wird in entspannter Wohlfühl-Atmosphäre serviert. In Bistro- und Café-Bar-Bereichen könne indes Nutzen aus dem Hype ums Snacking gezogen werden. „Kleine Häppchen zwischendurch, die den Energiehaushalt aufrechterhalten, sind sehr beliebt. Typisch deutsch ist die Vorliebe für Backwaren.“
Karin Tischer und ihr Team sind nicht nur als Trendscouts in der Welt unterwegs, sie entwickeln auch Konzepte, Produkte und Rezepturen. Die Kaffeehauskette Starbucks begleiteten sie bei ihrem Markteintritt in Deutschland und adaptierten das Konzept landesspezifisch. Für das A und O erfolgreicher Einzelhandels-Gastronomie hält die Food & More-Geschäftsführerin ein klares Konzept mit Key-Produkten, das zum Unternehmensauftritt passt und dessen Profil stärkt. „Oftmals ist das gastronomische Angebot zu vielfältig. Der Trend geht zu ‚weniger ist mehr‘, was sich meist auch wesentlich besser rechnet“, rät Karin Tischer. Für sehr wesentlich hält sie überdies die Inszenierung. Ihre Ideen: „Ein Möbelhaus könnte beispielsweise Geschirr, Besteck und Gläser einsetzen, die im Haus auch verkauft werden und über einen Show-Tisch auf der Gastro-Fläche darauf aufmerksam machen. Ein Modegeschäft könnte Dekoration, Servietten etc. an die jeweiligen Farben der Saison anpassen.