Der Onlinehandel stellt besondere Anforderungen an die Informationstechnologie, vor allem in den Bereichen Warenwirtschaft, Abwicklung von Bestell- und Bezahlvorgängen und an die logistischen Prozesse. Der weiterhin expandierende Schuh- und Mode-Onlinehandel Zalando mit Unter-
nehmenssitz in Berlin arbeitete lange noch mit einem selbst entwickelten Warenwirtschaftssystem.
2010 war aber endgültig klar, dass diese Lösung den Bedarf an Funktionen nicht mehr abdecken konnte und durch eine anpassbare Standardsoftware ersetzt werden sollte. Bevor sich Zalando dann für die auf dem System „Comarch ERP Enterprise“ des Anbieters Comarch basierende Mode- und Lifestyle-Branchenlösung „Impuls Fashion XL“ des Comarch-Partners Impuls entschied, wurden zunächst einmal die generellen Kriterien definiert, die ein Online-Handelsunternehmen wie Zalando an ein ERP-System stellt:
Automatisierung
Das Geschäftsmodell des Verkaufs von Waren über das Internet zielt darauf, große Mengen von Bestellungen möglichst automatisiert, also ohne manuelle Eingriffe zuverlässig abzuwickeln – von der Bestellung des Kunden im Online-Shop über die Kommissionierung der Ware, die Fakturierung und die Lieferung bis zu Rechnungsstellung und Bezahlung. Dies setzt das reibungslose Zusammenwirken von IT-Komponenten wie Warenwirtschaft, Buchhaltung, Bezahlsystem und Webshop voraus.
Hinzu kommt die Anforderung, innerhalb der automatisierten Prozesse auf Ereignisse reagieren zu können wie zum Beispiel die Versandbestätigung eines Logistikdienstes, eine Retoure oder eine Reklamation. Eine Retoure sollte sich ebenso automatisiert abwickeln lassen wie eine Bestellung einschließlich einer vom System automatisch erstellten Gutschrift.
Integration
Onlinehändler stehen häufig vor der Aufgabe, die Warenwirtschaft mit unterschiedlichen Softwaresystemen verbinden zu müssen. Dazu gehören der Webshop ebenso wie externe Logistik- oder Bezahl-Dienstleister. Da hier Standard-Formate und Standard-Schnittstellen nicht die Regel sind, ist eine Integrationstechnik erforderlich, die ohne viel Aufwand verschiedene Softwaresysteme aneinander anpasst. Dazu zählen auch standardisierte EDI- und Payment-Verfahren.
Neukundenanlage
Online-Shops führen bei einer Neukundenanlage Bonitätsprüfungen durch. Auch hier spielen die Aspekte Integration und Automatisierung eine Rolle, denn für diese Prüfungen sind entweder spezielle Softwaresysteme oder aber externe Dienstleister anzubinden. Darüber hinaus lässt sich mit automatisierten Routinen der Dubletten-Prüfung feststellen, ob ein als säumiger Zahler bekannter Kunde sich unter anderem Namen anmeldet.
Verfügbarkeit und Skalierbarkeit
Online-Shops gelingt es teilweise, innerhalb weniger Jahre ihren Umsatz zu vervielfachen. Die Software-Umgebung muss in der Lage sein, die damit einhergehenden „Belastungen“ verarbeiten zu können, sie muss also skalierbar sein. Daher sollte die Software so ausgelegt sein, dass sich Hardware-Erweiterungen ohne Anpassung der Software vornehmen lassen. Sowohl die Suche im Angebot des Shops als auch die Abwicklung des Bestellprozesses und des Bezahl-Prozesses müssen auch unter dem „Ansturm“ vieler Käufer zuverlässig, das heißt ohne lange Wartezeiten funktionieren.
Informations-Management
IT-Systeme für den Onlinehandel müssen nicht nur Bestellungen abwickeln können. Eine zentrale Aufgabe besteht darin, eine Fülle unterschiedlicher Informationen zu verwalten, und das in einem sich dynamisch verändernden Umfeld, weil sich Produktinformationen, Sortimente und Preise ständig ändern können und zwischen unterschiedlichen Systemen und Kanälen ausgetauscht werden müssen. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die Output-Formate. Unterschiedliche Formate für Online und Print, beispielsweise Grafiken in unterschiedlichen Auflösungen, müssen komfortabel verwaltet werden können.
Anbindung von Bezahlsystemen
Es existiert eine ganze Anzahl von Bezahlsystem-Anbietern, die sich in die Webshop-Umgebung einbinden lassen. Um Kauftransaktionen korrekt abwickeln zu können, bedarf es hier einer fein abgestimmten Prozesssteuerung. So hat während des Kaufvorgangs eine Bonitätsprüfung sowie, bei Kreditkarten-Transaktionen, eine Authentifizierung zu erfolgen. Die Ereignisverwaltung des ERP-Systems muss entsprechend reagieren, wenn die Prüfungen ein negatives Ergebnis liefern. Weiterhin muss bei Lastschrift- und Kreditkartenverfahren gewährleistet sein, dass das Geld des Kunden zum richtigen Zeitpunkt eingezogen wird.
Die ERP-Lösung von Comarch und Impuls konnte Zalando hinsichtlich dieser Anforderungen überzeugen. Zalando wickelt mit dieser im September 2010 eingeführten Lösung nun die Beschaffung ab, organisiert den Vertrieb und führt die Bestände. Die Sortimente Schuhe und Kleidung erfordern eine spezielle Bestandsführung, da hier zwischen Farben und Größen differenziert werden muss. Die neue ERP-Lösung ist an den Webshop angebunden. Die Auftragsannahme erfolgt im Shop, von wo aus die Informationen an die ERP-Software weitergegeben werden. Die Pflege und Historisierung der Artikelpreise erfolgt in der Warenwirtschaft.
Das System hat vollständig überzeugt.
Frank Biedka
Laut Frank Biedka, Geschäftsführer von Zalando, konnte sein Unternehmen mit der neuen Warenwirtschaft eine effiziente Bestandsführung realisieren und den Verantwortlichen transparente Informationen über die Warenflüsse bereitstellen. Die Prozesse werden exakt dokumentiert und sind leicht nachvollziehbar. Biedka gibt an, dass Zalando nun seinen Wareneingang ebenso wie Nachbestellungen besser steuern kann. Qualitätskontrollen sind effizienter durchzuführen.
Die neue Warenwirtschaft ist stark skalierbar, erfolgreich getestet wurde laut Biedka ein Anwachsen des Bestellvolumens um den Faktor 20. Zudem ist die Software in der Lage, mehrere verschiedene Firmen in einer Datenbank abzubilden und unterstützt Zalando so bei seinen internationalen Geschäften. Somit sieht sich Zalando mit seinem ERP-System für die Zukunft gut gerüstet.
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