Der Startschuss für die Einführung des Monitorings fiel in Tschechien – mit mehr als 200 Filialen für Billa einer der wichtigsten Märkte in Zentral- und Osteuropa. Seit Ende 2013 ist der gesamte Filialbestand aufgeschaltet, neu eröffnete Filialen werden sofort mit eingebunden. Bis Ende des Jahres 2014 sollen auch die 135 Filialen in der Slowakei mit dem Energiemonitoring ausgestattet sein, und 2015 folgen 98 Filialen in Rumänien.
Das tschechische Filialnetz mit durchschnittlich 1.000 bis 1.500 qm Verkaufsfläche ist technisch sehr heterogen ausgestattet. „Außer den Rechnungen der Energieversorger hatten wir bis dato keine belastbaren Daten zu den Energieverbräuchen der einzelnen Filialen und somit keine Vergleichszahlen, die belegen, wie effizient die Technik arbeitet“, erklärt Markus Sarg, Projektleiter in der Abteilung Technik und Export CEE/Italien von Rewe. „Ohne diese Daten kann man auch kein Energiemanagement betreiben, da man nicht weiß, wo man mit Einsparmaßnahmen ansetzen soll und auch nicht prüfen kann, welchen Effekt durchgeführte Maßnahmen haben.“
Abhilfe schaffen soll das Online-System „ShopInsight“ für das technische Management und die Energieoptimierung von Filialketten, das Hörburger AG und Device Insight GmbH entwickelt haben. Das web-basierte System fasst die Daten der Filialen online zusammen und ermöglicht Datenaufbereitung und -analyse automatisch an zentraler Stelle. Dadurch erhält die Handelskette eine stets aktuelle und übergreifende Darstellung des eingebundenen Filialnetzes. Mithilfe der Online-Sichtbarkeit werden ineffizient arbeitende Teile der Anlagen zeitnah erkannt, die bis dato unsichtbar im Hintergrund unnötige Mehrverbräuche verursachten. Die Energieflüsse vor Ort in der Filiale werden transparent und erlauben, die Lebenszykluskosten der eingesetzten Technik zu berechnen. Daneben werden in den einzelnen Filialen technische Bestandsaufnahmen vorgenommen, um Energiesparpotenziale beurteilen zu können. Daraus abgeleitet wird ein Maßnahmenkatalog, der verschiedene Energiesparmaßnahmen und Verbesserungsmöglichkeiten vorschlägt.
Alle Daten einbeziehen
Bevor das System flächendeckend in den tschechischen Filialen zum Einsatz kam, wurde das System zunächst in 18 Filialen getestet. Dabei wurden die Bedingungen analysiert und festgelegt, welche Daten genau erfasst werden. Durch sein modulares Konzept bietet das System die passende Lösung für Filialketten aller Branchen mit Geschäften jeder Anzahl und Größe. Bei Billa werden zunächst der Gesamtstromverbrauch und, wo es aufgrund der Einspeisesituation erforderlich ist, zusätzlich die Verbräuche der Kälteerzeugung und Unterabnehmer erfasst.
Das System ist offen konzipiert, sodass jederzeit auch Daten wie Gasverbrauch, Temperaturen und Anlagenstörungen aufgezeichnet werden können. So werden mittlerweile auch Betriebsdaten und Temperaturdaten der Kältetechnik von einem anderen Automatisierungssystem automatisch mit erfasst. „Uns war es wichtig, keinen Daten-Friedhof zu schaffen. Daher haben wir uns vorher genau angeschaut, wie viele Daten wir wirklich verarbeiten können. Dabei haben wir festgestellt, dass wir aus dem Gesamt-Stromverbrauch schon sehr viele Schlussfolgerungen ableiten können, zumal in Osteuropa Strom der höchste Kostenfaktor ist“, erläutert Markus Sarg.
In jeder Filiale wird zunächst vier Wochen lang der aktuelle Stromverbrauch lückenlos aufgezeichnet, dabei werden neben dem gesamten Stromverbrauch auch Stromspitzen und Auffälligkeiten im Verbrauch erfasst. Erst nach diesem Zeitraum werden mögliche Maßnahmen zur Energieeinsparung bewertet und umgesetzt. Das Energiemonitoring läuft weiter. Die Ergebnisse aus den vierwöchigen Messungen dienen als Referenzgröße, um nach Umsetzung der Maßnahmen Energie- und Kosteneinsparungen besser darstellen zu können.
Ziel ist es, mindestens 10 Prozent der Energie pro Filiale einzusparen. Neben den zeitnahen organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Energieeinsparung der Bestandsfilialen fließen die Erkenntnisse vor allem auch in die Ausstattung neuer Filialen, denn mithilfe exakter Verbrauchsdaten einiger Filialen lassen sich energetische Optimierungsziele für neue Filialen leichter definieren. Dabei achtet Billa auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und wägt diese jeweils auch nach den Gegebenheiten vor Ort ab.
„Dauerbrenner“ ausschalten
Beispielsweise wurde in einer Filiale nach dem initialen vierwöchigen Monitoring festgestellt, dass in der darunter gelegenen Tiefgarage das Licht ununterbrochen Tag und Nacht brannte. Daraus resultierten enorme Zusatzkosten für das insgesamt 8.000 Watt starke Garagenlicht bei einer durchschnittlichen Brenndauer von 8.760 Stunden pro Jahr. „Um hier den Stromverbrauch zu reduzieren, haben wir die Hälfte der Leuchten entfernt und Zeitschaltuhren sowie Helligkeits-Sensoren (Tag-/Nacht-Erkennung) eingebaut. Unter Einbeziehung einiger anderer Maßnahmen in der Filiale konnten wir so den Stromverbrauch um 30 Prozent senken“, sagt Sarg.
Neben der zentralen Aufzeichnung des Stromverbrauchs legt Billa Wert auf die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Filialen vor Ort. „Wir versuchen, mit Workshops dafür ein Bewusstsein zu schaffen. Denn schließlich sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Filialen vor Ort, die die Technik bedienen. Das Sichtbarmachen des Stromverbrauchs hilft uns dabei, unsere Kollegen noch weiter für das Thema Energieeffizienz zu sensibilisieren und Bedienfehler zu vermeiden,“ erklärt Markus Sarg.
Im weiteren Prozess des Energiemanagements kann das System bei Bedarf um Steuerungsfunktionen in den Filialen erweitert werden, um damit z.B. elektrische Verbraucher direkt zu steuern oder Temperaturen zu regeln. Auch das Webportal wird laufend weiterentwickelt, wobei ständig aktuelle Kundenwünsche in die Entwicklung einfließen. Das Spektrum reicht von neuen Auswertungs- und Benchmarking-Funktionen bis hin zur automatischen Früherkennung von Anlagenfehlern, die zu schleichendem Mehrverbrauch führen können.
Foto: Rewe International AG
Grafiken (2): ShopInsight
Weitere Informationen: www.billa.at