Die EU-Kommission sorgt sich um das Erreichen der vereinbarten Klimaziele. Noch in diesem Jahr werden daher sowohl das produzierende als auch das nicht produzierende Gewerbe, also auch der Einzelhandel, in die Pflicht genommen: Eine Energieeffizienz-Richtlinie schreibt allen Unternehmen vor, künftig die Energieverbräuche, aber auch die erzielten Einsparungen zu protokollieren. Ausgenommen davon sind kleine und mittlere Unternehmen. Alle anderen Unternehmen müssen bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit nach EN 16247-1 durchführen. Diese Audits müssen von qualifizierten Fachleuten abgenommen und alle vier Jahre wiederholt werden.
In einem Energieaudit wird der Energieverbrauch eines Unternehmens systematisch untersucht und analysiert. Zunächst werden die Ziele, Anwendungsbereiche, Grenzen und die Untersuchungstiefe des Energieaudits festgelegt. Der Auditor analysiert anschließend unternehmensinterne Prozesse und das Nutzerverhalten.
Auf dieser Basis lassen sich geeignete Energiekennzahlen und Maßnahmen für eine Verbrauchsreduzierung ermitteln. Hinzu kommt eine Bewertung dieser Maßnahmen anhand von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die dem Handel den Return on Investment aufzeigen sowie ein zusammenfassender Bericht. Die Durchführung eines Energieaudits muss nachgewiesen werden – das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird die Einhaltung der neuen Vorschriften mit Stichproben kontrollieren. Der Nachweis erfolgt mittels einer Bestätigung des Energieauditors.
Herr Theux, worin sehen Sie die stärkste Belastung für den Handel bei der Umsetzung der Energieeffizienz-Richtlinie?
Nach heutigem Stand müsste ein solches Energieaudit für jede einzelne Filiale durchgeführt werden. Doch ist bei diesem Punkt das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wir setzen uns dafür ein, dass ein Audit an repräsentativen Standorten eines Filialisten ausreicht, um den Handel nicht über die Maßen zu belasten.
Ein Handelsgeschäft lässt sich kaum mit einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes vergleichen. Doch die Regeln gelten für alle. Wie geht man als betroffener Einzelhändler damit um?
Ein Audit sorgt zunächst einmal für Transparenz in Sachen Energieverbrauch und nennt Empfehlungen zur Steigerung der Energieeffizienz. Der filialisierte Einzelhandel im Besonderen ist geprägt von einer dezentralen Verbrauchsstruktur mit räumlich voneinander getrennten Standorten. Oft ist der Handel Mieter, und die Mitarbeiter haben weder Zeit noch die Expertise, sich mit Haustechnik zu beschäftigen. Hinzu kommen wechselnde Öffnungszeiten, wechselnde Sortimente und teilweise hohe Personalfluktuation. Energieeffizienzmaßnahmen im Handel müssen diese Bedingungen berücksichtigen, und die dazu gehörige Regelungstechnik sollte vor allem einfach zu bedienen sein.
Ihr Rat an die Branche?
Damit Fortschritte auf dem Gebiet der Energieeffizienz nachhaltig wirken, sollte man nach Umsetzen der Maßnahmen den Energieverbrauch dauerhaft überwachen, beispielsweise mit einem zentralen Monitoring des Verbrauchs aller Filialen. Wichtig ist auch eine klare Zielvereinbarung mit dem jeweiligen Dienstleister, der damit für das Erreichen des definierten Zieles Verantwortung übernimmt. So verliert die EU-Richtlinie nicht nur ihren Schrecken, sondern kann als Kostenbremse zur Ergebnisverbesserung beisteuern.
Das Interview führte Bruno Reiferscheid.