Knapp die Hälfte der vom EHI befragten 76 Handelsunternehmen und 25 Shopping- bzw. Fachmarkt-Center bietet inzwischen E-Ladestationen auf Kundenparkplätzen an, ein Viertel plant es und für ein weiteres Viertel ist es irrelevant, so der Status quo in der D-A-CH-Region laut EHI-Whitepaper „Elektromobilität im Handel 2021“. Hauptmotivation ist für 80 Prozent die Kundenbindung, lediglich an dritter Stelle wird mit 50 Prozent Zustimmung die Gesetzeslage genannt.

Im Durchschnitt finden wöchentlich 19 Ladevorgänge an einem Ladepunkt mit Handelsbezug statt. 55 Prozent der Befragten gaben eine durchschnittliche Nutzungszeit ihrer Ladestationen zwischen 30 und 60 Minuten an, wobei dies im Lebensmittelhandel auf 77 Prozent und bei Shoppingund Fachmarkt-Centern nur auf 11 Prozent zutrifft. Hier gab mit 45 Prozent die Mehrheit an, dass die durchschnittliche Ladezeit ein bis zwei Stunden beträgt.

Deutschlandweit erste „Chargelounge“ mit integrierter Schnelllade-Tankstelle auf dem Ludwigsburger Ikea-Parkplatz.

Deutschlandweit erste „Chargelounge“ mit integrierter Schnelllade-Tankstelle auf dem Ludwigsburger Ikea-Parkplatz.
Foto: Ikea

Der Anteil derer, die den Strom kostenfrei für alle abgeben, ist gesunken (29 Prozent), 12 Prozent bieten den Strom nur Kund:innen kostenfrei an und 29 Prozent verschenken ihn generell nicht. Normalladestationen (AC) machen mit 79 Prozent den Großteil des Ladenetzwerks aus, installiert werden die Ladestationen vornehmlich im Rahmen von Neu- und Umbauten (63 Prozent).

Der Aufbau von Ladestruktur unterstützt den Handel dabei, Neukundschaft zu gewinnen, Frequenzen zu steigern und die Verweildauer zu erhöhen. „Bieten Handelsunternehmen ihre eigene Ladeinfrastruktur an, haben sie darüber die Möglichkeit, Kundendaten zu erhalten und die Kundenbindung zu erhöhen. Außerdem kann der Ladestrom trotz längerer Amortisierungsdauer ein interessanter Revenue-Stream sein“, so Tobias Scharfen vom Software-Anbieter für E-Mobilität Has to be.

Wer eigenen Strom anbietet, benötigt eine Software, mithilfe derer sich der Ladestrom sowie die zugehörige Infrastruktur, Ladekarten und -Apps betreiben lassen. Has to be bietet eine Cloud-basierte Software, die Hardware-neutral und skalierbar ist – also in anderen Ländern erweitert werden kann –, eine multinationale Abrechnung ermöglicht sowie Ladekarten verschiedener Anbieter, Kreditkarten und Paypal als Zahlungsmittel akzeptiert. Hinzu kommen eine White-Label- App sowie ein Portal, das individuell gebrandet werden kann.

Perspektivisch wird die Basis für neue Erlösquellen geschaffen.

Sven Krauter

Coneva

Ganzheitliches Energiemanagement

„E-Mobilität oder auch Lademanagement sind Teil eines ganzheitlichen Energiesystems“, sagt Sven Krauter von Coneva. Der auf digitale und nachhaltige Energieservices spezialisierte Software-Anbieter begleitet Handelsunternehmen bei ihrer Energiemarktintegration. Um auf „grüne“ Energieversorgung umzustellen, müssen Hürden wie hohe Investitionskosten in Technologien (Ladesäule, Batteriespeicher etc.) überwunden werden, die zudem mit Investitionsalternativen im Kerngeschäft konkurrieren.

Maßnahmen sollten also nicht isoliert betrachtet werden, sondern zu einem Energiesystem vernetzt werden. „Mithilfe eines integrierten Energiemanagements lassen sich dauerhaft die Betriebskosten für Einzelhandelsimmobilien senken. Perspektivisch wird so die Basis für neue Erlösquellen geschaffen“, so Krauter. Die Kosten eines Ladeinfrastrukturaufbaus lassen sich u.a. mit einem dynamischen Lastmanagement reduzieren. Weiterhin kann die Ladeinfrastruktur mit einer PV-Anlage verbunden werden, um die Stromerzeugung nachhaltig für den Eigenverbrauch zu nutzen.

Darüber hinaus lässt sich der Energieverbrauch durch Speicherlösungen und die Flexibilisierung von Assets (Backöfen, Kälte- und Klimatechnik) weiter optimieren.

Wir erleben einen starken Zuwachs an Technologien, die künftige DC-Stromversorgungsnetze befördern.

Holger Kretzschmar

Maschinenfabrik Reinhausen

Ladestation als Hub

Welche Möglichkeiten die Hardware einer Ladestation bietet, berichtete Holger Kretzschmar von der Maschinenfabrik Reinhausen, die sich mit den Nischen der elektrischen Energietechnik beschäftigt. „Wir erleben einen starken Zuwachs an Technologien, die künftige DC-Stromversorgungsnetze befördern“, so Kretzschmar. Seiner Meinung nach tragen jedoch vor allem High Power Charger (HPC) – Schnellladestationen – zur Kundenbindung bei, deren Anteil jedoch erst bei ein Prozent des Ladenetzwerks im Handel liegt. Setzen Handelsunternehmen HPC-Ladestationen ein, haben sie deutlich höhere Investitionskosten, können jedoch mehr Energie schneller an mehr Kunden verkaufen als mit DC- oder AC-Lösungen.

„Mit dynamischer Werbung lassen sich ein Mehrfachnutzen generieren und eine bessere Wirtschaftlichkeit erzeugen“, so Kretzschmar. HP-Charger bedürfen nicht unbedingt eines Netzausbaus, da sie in der Lage sind, einen Speicher direkt an einen DC-Link anzuschließen. „Energie, die aus dem Netz oder der PV-Anlage zum Laden von Elektrofahrzeugen verwendet wird, kann bei direkt gekoppelten Speichern quasi verlustfrei zwischengespeichert werden“, so Kretzschmar. „Es gibt auch die Möglichkeit, sehr schnelles Laden als Geschäftsmodell zu betreiben und die restliche Leistung zur Kundenbindung kostenlos oder zu vergünstigten Konditionen nach Verfügbarkeit und langsam abzugeben“, empfiehlt Kretzschmar.

 

Handelsunternehmen haben über die Ladeinfrastruktur die Möglichkeit, Kundendaten zu erhalten.

Tobias Scharfen

Has to be

Geig verabschiedet

Im März wurde das Gesetz zum Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität in Gebäuden (GEIG) final verabschiedet. Es verpflichtet die Eigentümer von Wohn- und Nicht-Wohngebäuden – nicht Mieter und Pächter – dazu, bei Neubauten ab sechs Stellplätzen einen Ladepunkt zur Verfügung zu stellen und jeden dritten Stellplatz mit Leerrohren zu versehen. Bei Modernisierungen (entspricht 25 Prozent der Gebäudeoberfläche) muss ab zehn Stellplätzen ein Ladepunkt errichtet und jeder fünfte Stellplatz mit Leerrohren versehen werden. Im Bestand ist ein Ladepunkt ab zwanzig Stellplätzen erforderlich, verpflichtend erst nach 2025.

„Es gibt zwei neue Erfüllungsoptionen: Im so genannten Quartiersansatz können Eigentümer gemeinsam im räumlichen Näheverhältnis einen Ladepunkt errichten. Option zwei, die Bündelung, eignet sich vor allem für den Bestand von Filialisten und erlaubt es, standortungebunden für die Gesamtzahl der verpflichtenden Ladepunkte ein Konzept zu erstellen. Gut begründet, können sich dann auch alle Ladepunkte an einem Standort befinden“, so Lars Reimann vom HDE. Ausnahmen für die Pflichten bestehen, wenn die Kosten der Ladeinfrastruktur die Modernisierungskosten um sieben Prozent überschreiten. Die Pflichten betreffen Neubauten und Modernisierungen, die seit dem 21. März 2021 beantragt wurden. Für Bestandsgebäude gilt eine Umsetzung bis zum 1. Januar 2025. 2023 soll das Gesetz evaluiert werden.

EHI-Whitepaper: Elektromobilität im Handel 2021

Dritte Auflage. Handelsunternehmen, Shopping- und Fachmarkt- Center über die aktuelle Verteilung und Nutzung der E-Ladestationen, u. a. inkl. Lastmanagement, Abrechnung von Ladestrom und Standortauswahl.

Das Whitepaper kann kostenfrei heruntergeladen werden.