Der offene EUR-Palettenpool mit der Europalette im Format 800 x 1.200 mm dominiert die Logistikwelt europaweit. Es gibt kaum eine Branche in Industrie, Handel und Logistik, die nicht mit der Tauschpalette vertraut ist. Im offenen Kreislauf wechseln die Beteiligten aus Industrie, Handel und Logistik ihre Paletten untereinander, sodass es zu einer ständigen Rotation der Ladungsträger kommt. Allgegenwärtig ist jedoch auch die Kritik am System: Ungenügende gesetzliche Bestimmungen und fehlende Abstimmung der Standardprozesse führen beim Palettentausch zu Konflikten zwischen den Beteiligten bezüglich der Qualität sowie der Kostenverteilung. Spediteure beklagen, dass sie das Hauptrisiko für Reparatur, Ersatz und Neubeschaffung tragen; die Industrie ist teilweise unzufrieden mit der Qualität der zurückgegebenen Paletten.
Unter dem Dach von GS1 Germany verständigten sich Industrie, Handel und Dienstleister auf eine gemeinsame Empfehlung für eine kooperative und transparente Palettenbewirtschaftung in Deutschland. Damit ist es erstmals gelungen, branchen- und sektorenübergreifend Paletten-Qualitätsklassen zu definieren – eine erhebliche Erleichterung besonders für die Beschaffung und die Kommunikation zwischen den Prozessbeteiligten. Damit liegen der Branche nun ein standardisierter Qualitätsbegriff und klar abgestimmte Spielregeln für faires Palettenhandling vor – eine Chance, den Konflikt um Qualität, Prozesse und Tauschrisiko zwischen den beteiligten Wirtschaftszweigen nach nunmehr 50 Jahren beizulegen.
Kooperativ und transparent
Die neue ECR-Anwendungsempfehlung gilt für Europaletten. Sie definiert für die Europalette fünf Qualitätsklassen von „neu“ bis „nicht gebrauchsfähig“. Grundlage dieser Definition sind gemeinsam beschriebene Prozesse, Klassifizierungen und Erkenntnisse. Die Empfehlung verdeutlicht Stärken und Schwächen verschiedener Abwicklungssystemen wie Palettenschein, Kauf und Verkauf oder Tausch im offenen Pool. Unternehmen finden darin außerdem Hilfestellung bei Fragen der Vertragsvereinbarung, zum Ausgleich von Palettenschulden oder zum richtigen Umgang mit Paletten, um deren Qualität zu erhalten.
„Für die Lösung dieser Problematik und ihre Umsetzung ist in diesem Projekt die Grundlage geschaffen worden“, sagt Sebastian Krug, Projektleiter ECR bei GS1 Germany. „Wenn alle beteiligten Sektoren sich an diesen gemeinsam erarbeiteten Lösungen orientieren, steht einer kooperativen Palettenbewirtschaftung in Deutschland nichts im Wege.“ An der zügigen Umsetzung der neuen Empfehlung beteiligen sich auch die Gütegemeinschaft Paletten (GPAL) und der internationale Eisenbahnverband UIC (Union internationale des chemins de fer).
Als nächste Schritte gehen die GS1-Experten zusammen mit den Praktikern der Logistikkette, den Frachtführern und den Empfängern von Ladungen die Themen Lademittel „Incotherms“, Palettenschein und elektronischer Datenaustausch an. Sie wollen dabei Empfehlungen für die Regelung der Rechte und Pflichten in der Palettenbewirtschaftung, einen einheitlichen und praxistauglichen Palettenschein sowie Grundlagen für einen effizienten Austausch der prozessbegleitenden Logistikinformation erarbeiten.
Weitere Informationen: www.gs1-germany.de