Nach Angabe der Gründer von Pieter Pot könne jeder Verbraucher durch den Einkauf in einem verpackungsfreien Supermarkt bis zu 20 kg Plastik einsparen. Unzufrieden mit den bereits existierenden Lösungen, entwickelten Schoemaker und Bijmolt Ende 2019 Pieter Pot. Möglich machten dies die durch Crowdfunding eingenommenen 300.000 Euro. Im November 2020 nahm das Start-up durch die Nachhaltigkeits-Investmentsfonds Shift Invest, Future Food Fund und Innovation Quarter weitere 2,7 Mio. Euro ein.
Pieter Pot wurde im Mai 2020 gelauncht und belieferte bis zum Jahresende gerade einmal 3.000 Endverbraucher:innen; nicht jedoch aufgrund mangelnder Nachfrage – auf der Warteliste befanden sich inzwischen 30.000 Personen – sondern weil es Zeit benötigte, um die Infrastruktur in großem Maße zu entwickeln. Inzwischen ist der Dienst landesweit verfügbar. Das Unternehmen plant, im nächsten Jahr ins Ausland zu expandieren, mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst in Belgien.
Digitaler Einkauf bei Pieter Pot
Um bei Pieter Pot einkaufen zu können, loggen sich die registrierten Nutzer unter https://www.pieter-pot.nl/ ein, wählen die gewünschten Artikel sowie ein Lieferdatum aus und erhalten die bestellten Waren zum ausgewählten Termin. Das Besondere: Die Artikel werden in Pfand-Glasgefäßen geliefert, die sich in wiederverwendbaren Sackleinen befinden. Lieferant ist der auf Lebensmittellieferungen spezialisierte Service der niederländischen Post, PostNL. Die leeren Töpfe geben die Verbraucher:innen bei der nächsten Lieferung an den Kurier zurück, woraufhin ihnen die Einzahlung auf ihr Konto für die nächste Bestellung gutgeschrieben wird.
Wiederverwertung
Die bei Pieter Pot verkauften Waren erwirbt das Start-up selbst in loser Schüttung in Bulk-Verpackungen direkt beim Hersteller und füllt diese in die Pfandverpackungen um. Nach Verwendung werden die Pfandgläser in industriellen Spülmaschinen gereinigt und anschließend vor der nächsten Auslieferung in Fördereinrichtungen neu aufgefüllt.
Wenn möglich werden auf der gesamtem Lieferkette ausschließlich wiederverwertbare Verpackungen eingesetzt – sowohl für die Waren als auch den Transport. Dadurch werde praktisch kein CO2-Fußabdruck hinterlassen bzw. lediglich beim Warntransport. Kund:innen in ländlichen Gebieten erhielten die Ware in elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Der dabei hinterlassene CO2-Fußabdruck sei geringer, als wenn die Kundschaft den lokalen Supermarkt aufsuche, so die Aussage des Unternehmens.
Das Sortiment umfasst aktuell rund 250 haltbare, langlebige Produkte, die meisten von ihnen als White-Label-Lösung. Inzwischen sind auch einige Produkte renommierter Marken gelistet, darunter Haribo-Süßigkeiten, Heinz Tomatenketchup, Ecover-Produkte und Schokoladenstreusel von De Ruyter.
„Im Jahr 2015 entstanden diverse Läden mit losen Sortimenten, die von den Medien gehypt wurden. Sie alle waren innerhalb von neun Monaten pleite. Und warum? Niemand beabsichtigte, mit seiner Mehrwegverpackung in den Laden zu gehen und dafür mehr zu bezahlen. So entstand eine Marktlücke: Verpackungsfrei einzukaufen sollte jedem ermöglicht werden“, sagt Co-Founder Jouri Schoemaker. „Man erzielt eine höhere Conversion, wenn Verbraucher für einen kurzen Zeitraum auf eine Warteliste gesetzt und dafür entsprechend belohnt werden. Bei uns erhalten die Kunden praktisch „pots of patience“ – Gläser, die wir im Laufe der Zeit mit kostenlosen Produkten befüllen.“
Schoemaker ergänzt: „Unser Ziel ist es, so viel ‚E-Comfort‘ wie möglich anzubieten. Wir glauben, dass es für die Verbraucher am einfachsten ist, all ihre Lebensmittel an einem Ort bestellen zu können, einem sogenannten One-Stop-Shop, in dem Pieter Pot-Produkte Teil des Sortiments sind.“
Sammeldepots statt Stores
Stationäre Flächen sind aktuell nicht geplant, Sammeldepots möglicherweise schon, ebenso Partnerschaften. Zunächst soll die Anzahl der Kundschaft und Produkte gesteigert werden. Übergeordnetes Ziel ist es, im laufenden Jahr 2021 1 Mio. Verpackungseinheiten einzusparen und zugleich neue, noch nachhaltigere, leichtere Gefäße zu entwickeln, um die Glasgefäße zu ersetzen.
„Wir glauben nicht an die stationäre Verkaufsfläche, da in den Niederlanden keiner der verpackungsfreien Läden mehr existiert“, meint Schoemaker. „Sammeldepots könnten funktionieren, wobei sich unsere Glasverpackungen nicht für den Transport mit Fahrrädern und E-Bikes eignen, so dass wir auf Autos angewiesen sind.”
Verhandlungen mit Albert Heijn und Picnic
Neben dem eigenen Lieferservice nimmt Pieter Pot die klassischen Supermärkte und auch Online-Supermärkte in den Niederlanden ins Visier. „Letztlich wollen wir unsere Produkte in großen Supermärkten vertreiben. Wenn die Kundschaft bei den Haferflocken-Cookies die Marke Pieter Pot auswählt, entscheidet sie sich bewusst für verpackungsfreie Produkte“, so Schoemaker. Ziel ist es, herauszufinden, ob Supermärkte und Onlineshops das eigens entwickelte Pieter Pot-System adaptieren würden. „Unsere Gefäße lassen sich auch für Artikel anderer Marken einsetzen. Aktuell führen wir Gespräche mit Albert Heijn und Picnic, die ebenfalls beobachten, dass der Markt für verpackungsfreie Lebensmittel zunehmend an Bedeutung gewinnt.“