Digital Signage: Gut geplant ist halb gewonnen | stores+shops

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Im „Digital Retail Lab“ von Liganova werden neueste digitale Techniken für den Store getestet und Prototypen entwickelt. (Foto: Liganova)

Digital Signage: Gut geplant ist halb gewonnen

Einige Bildschirme aufhängen, Hauptsache es flimmert etwas – das war Stufe eins. Aus ästhetischer Sicht geht es heute darum, die vielfältigen medialen Installationen am POS harmonisch in das Interior Design einzufügen. Innenarchitekten und Ladenbauer berichten, vor welchen Herausforderungen sie und ihre Auftraggeber stehen.

„Noch immer sehen digitale Displays an einigen POS wie Fremdkörper aus“, sagt Bernd Albl, Leiter Innovations- und Produktmanagement bei der Umdasch Shopfitting Group im österreichischen Amstetten. Wie aber gelingt ein ästhetisches Gesamtbild? Wie finden Ladenbau und Digital Signage zusammen? Beim Thema „Digitalisierung des POS“ scheint einmal mehr zu gelten: Gut geplant ist halb gewonnen.

„Egal, ob es sich um einen Neubau oder um eine Renovierung handelt, man sollte sich so früh wie möglich in der Planungsphase damit auseinandersetzen. Digitale Elemente nachträglich einzubinden, ist immer schwierig“, erläutert Sebastian Krohmer, Head of Digital bei Liganova aus Stuttgart. Seine Kollegin Andrea Conradt, Head of Digital Conception, ergänzt: „Bei vielen Projekten sind nicht das Konzept, die architektonische Umsetzung oder die technische Realisierung das Problem, sondern die noch nicht auf Omnichannel ausgerichteten Strukturen.“

Silvia Talmon, Geschäftsführerin von The Store Designers aus Köln, stellt ihren Auftraggebern zunächst die Frage: „Was möchten Sie erreichen?“ Denn Digital Signage ist ein komplexes Feld. „Ist das Ziel zu emotionalisieren, Spaß und Erlebnis zu bieten? Geht es darum, besser zu informieren, beispielsweise Produkt-Mehrwerte zu erklären? Ist gutes Navigieren mittels eines Wegeleitsystems gewünscht? Soll den Konsumenten die Chance gegeben werden, ihre Wunsch-Produkte zu konfigurieren? Oder soll es um das Thema Multichannel, also die Verknüpfung der Kanäle gehen mit Tools wie der virtuellen Regalverlängerung oder Click&Collect?“

Maria Pohlmann, bei ppm Planung+Projektmanagement in Dormagen in den Bereichen Sales und Marketing tätig, meint: „Die größte Herausforderung besteht darin zu erkennen, was zur Marke, zum Unternehmen und zur Zielgruppe passt.“

Der weShop in München ist ein Projekt von Vitrashop und Serviceplan, das zeigt, wie reale und virtuelle Einkaufswelt am POS verschmelzen kann.

Der weShop in München ist ein Projekt von Vitrashop und Serviceplan, das zeigt, wie reale und virtuelle Einkaufswelt am POS verschmelzen kann.

Die zweite Frage von Silvia Talmon an ihre Auftraggeber lautet: „Wie hoch ist das Budget, das zur Verfügung steht?“ Talmon: „Die Technik ist nicht mehr teuer, es ist der Content, der unterschätzt wird. Dafür werden eigene Inhouse-Redaktionen benötigt oder zumindest ein Projekt-Verantwortlicher, der die Brücke vom Unternehmen zu externen Dienstleistern schlägt. Digital-Signage-Installationen sind wie ein lebendes Organ. Viele haben den Stecker wieder gezogen, weil sie den laufenden Betrieb nicht aufrechterhalten konnten.“

Auch bei der Vitrashop Gruppe wird zunächst die Frage geklärt: „Wie weit ist die Digital-Strategie beim Kunden entwickelt?“, sagt Hanns-Peter Cohn, Head Shop Segment bei der Vitra AG im Schweizer Birsfelden. „Wenn erst noch organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden müssen, bringen wir die Unternehmensberatung Hachmeister+Partner ins Gespräch. Wenn es um das digitale Kommunikationskonzept geht, schlagen wir die Serviceplan Gruppe vor, mit der wir in München das Testprojekt weShop, einen ‚begehbaren E-Commerce-Store‘ realisiert haben. Wir haben unser eigenes Know-how durch ein Profi-Netzwerk ergänzt. Wer von den Partnern mit ins Boot kommt, entscheidet sich jeweils projektbezogen.“

Profi-Netzwerk

Auch ppm hat sich Partner gesucht. Maria Pohlmann: „Im technologischen Bereich arbeiten wir zum Beispiel mit Triad Berlin oder Kalinka + Pfahl aus Krefeld zusammen. Ferner halten wir Kontakte zu den Hochschulen mit ihren ‚jungen Wilden‘, um stets am Puls der Zeit zu sein. Aber wir haben uns auch intern weiterentwickelt, zum Beispiel in der Gewerkeplanung: Ist die Immobilie bzw. die Fläche für Digital Signage ausgerichtet? Was ist im Hinblick auf Elektro, Datenverarbeitung, Klima- und Lüftungstechnik oder Beleuchtung zu beachten? Diese Fragen erfordern ein intensives Zusammenwirken der Spezialisten“, so Pohlmann.

Wenn diese Punkte geklärt sind, beginnt die konkrete Arbeit am Storekonzept: An welcher Stelle im Store wird welches Digital-Signage-Element eingesetzt? „Dann gilt es, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, darunter die Hardware-, Software- und Content-Verantwortlichen und das Konzept Schicht für Schicht in die Tiefe weiterzuentwickeln. Der Planungsprozess hat sich eindeutig verlängert“, berichtet Silvia Talmon von The Store Designers. Sebastian Krohmer von Liganova rät: „Die digitalen Elemente sollten möglichst dezent integriert werden und sich am Look-and-Feel der übrigen Einrichtung orientieren.“

Der weShop von Vitrashop und Serviceplan demonstriert, worauf es ankommt: Der in den multimedialen Beratungstisch eingelassene Bildschirm beispielsweise wurde millimetergenau eingepasst. Durch die Tischbeine erfolgt die unsichtbare Elektrifizierung. Das elektrifizierte „Invisible 6PL“-Profil von Visplay ermöglicht an den Rückwänden den modularen Einsatz von Tablets oder Tablaren. Für die großen Screens ist die Stromversorgung zusätzlich über den Rahmen gewährleistet. Die Strom- und Datenleitung für das Schaufenster, das mit Beacon-Technologie arbeitet, wird ebenfalls durch den Rahmen geführt. Integrierte Sensoren scannen den Betrachter und initiieren die automatische Anpassung der Bildschirme.

Hanns-Peter Cohn ist bewusst: „Digitalisierung heißt schnelle Veränderung. Die Systeme und Einrichtungen müssen sehr flexibel sein und dies künftig auch noch stärker werden, damit die Points of Interest Ressourcen schonend variieren können. Der Nachhaltigkeits-Anspruch muss mitberücksichtigt werden.“ Im Mai wird auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein ein 250 qm großes „Digital Brand Lab“ eröffnet. Im Zusammenspiel mit verschiedenen Marken wird die Vitrashop Gruppe hier digitale Pop-up-Shops in der Praxis erproben.

Digital Retail Lab

Liganova verfügt bereits über ein „Digital Retail Lab“. „Hier testen wir neueste Technologien und entwickeln Prototypen. Unseren Kunden bietet das Lab die Chance, in einer geschützten Umgebung das Einkaufserlebnis der Zukunft auszuprobieren“, berichten Andrea Conradt und Sebastian Krohmer.

Ein Unternehmen, das die digital-reale Verschmelzung sehr frühzeitig angegangen ist, ist die TVG Touristik-Vertriebsgesellschaft mit Sitz in München, Franchisegeber von Reisebüros bzw. Shop-in-Shops der Marken „Sonnenklar“, „5 vor Flug“ und „Flugbörse“. 2010 wurden The Store Designers rund um Silvia Talmon mit der Entwicklung eines vernetzten, emotionalen Storekonzepts beauftragt, noch im selben Jahr wurde dieses am Firmenstandort erstmals realisiert. Der Jahresumsatz des dortigen Flagships verdreifachte sich seitdem. Das Konzept wurde inzwischen gut 100-mal komplett ausgerollt, bestehende Partner wurden verpflichtet, zumindest die Digital-Signage-Stele nachzurüsten und das integrierte Kommunikationskonzept zu nutzen.

Wesentlicher Erfolgstreiber aus Sicht von Geschäftsführerin Birgit Aust war es, „Sonnenklar.TV auf die Flächen zu bringen“. Dabei wird aber nicht einfach das ausgestrahlt, was der Reiseshopping-Kanal sendet. Sonnenklar.TV verfügt, wie es heißt, über Deutschlands größtes Reise-Videoarchiv. Diesen Content machen sich die Reisebüros zunutze. Auf den Stelen sowie auf Screens in den Rückwänden der Büros werden den Kunden Reiseziele schmackhaft gemacht. Sie können sich zudem nach Wunsch Destinationen ansehen. „Das ist überproportional erfolgreich“, so Birgit Aust.  

Fotos: Liganova (1), Vitrashop / Serviceplan (1), Vizona (1)

Die Spinne, die alles vernetzt

Bernd Albl, Leiter Innovations- und Produktmanagement bei der Umdasch Shopfitting Group erläutert, was Digital Signage im Store erfolgreich macht.

Herr Albl, wie wird digitaler Ladenbau erfolgreich?

Zunächst geht es darum, Kundenanforderungen zu erkennen. Wie sieht die Customer Journey bis dato aus, welche wird angestrebt? Das Thema muss frühzeitig in der Planung Berücksichtigung finden. Dazu ist es auf unserer wie auf Auftraggeber-Seite wichtig, die Mitarbeiter mit ins Boot beziehungsweise auf den Zug permanenter Veränderung zu nehmen.

Research kommt eine hohe Bedeutung zu. Wie betreiben Sie Marktforschung?

Wir haben neue Technologien durchgehend auf dem Radar. Drei Fragen sind elementar: Was tut sich auf dem Markt? Hier ziehen wir starken Nutzen aus dem „Josef-Umdasch-Forschungspreis“, der sich an Hochschulen richtet. Wir schauen uns zudem intensiv in den USA, Asien, teils auch in Großbritannien um, die aktuell die Benchmarks setzen, sodass wir lernen können. Die zweite Frage lautet: Was passt zu unseren Kunden? Die dritte: Womit beschäftigen sich die Kunden unserer Kunden? Ich habe kürzlich wegen eines Vortrags die Spielwarenmesse besucht, da waren sogar Technologien wie 3-D-Drucken und Robotic zu sehen.

Wie gelangen Innovationen an den POS?

Es müssen Hardware-Spezialisten – wir kooperieren hier zum Beispiel mit Samsung –, Medien- und Technologieagenturen wie Ars Electronica und Retail-Pioniere zusammenkommen. So war es auch bei der RAG-Shoppingwall, die auf der Messe EuroShop Aufsehen erregte. Wir sind die Spinne, die alles vernetzt. Unser Netzwerk wird immer größer und dadurch kompetenter. Und für die Kunden ist es gut, einen statt einer Vielzahl Ansprechpartner zu haben.

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