„Wir nutzen unsere Mobilfunkzellen als Geofences“, sagte Mark Stohlmann von Telefónica Germany Next, Berlin, ein Spin-off von Telefónica Deutschland (45 Mio. Mobilfunkanschlüsse). Gemeint ist die Definition eines Bereiches oder einer Fläche, in der nach Betreten einer Person eine Aktion wie der Versand einer Werbebotschaft via SMS oder E-Mail ausgelöst werden kann. Das Unternehmen verfügt dafür über Consumer Insights wie Geschlecht, Alter und Smartphone-Betriebssystem und hat Informationen zur regionalen Verteilung der rund 4 Mio. Nutzer, die sich für den Empfang ortsbezogener Dienste angemeldet haben. „Wir helfen damit dem stationären Handel, potenziellen Kunden, die sich in der Nähe seines Geschäfts befinden, relevante Angebote zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zu machen“, so Stohlmann. Neben Relevanz und Mehrwert komme es dabei vor allem auf Transparenz in Sachen Datenschutz und Zustimmung des Kunden an.
Das mobile Internet zur Kaufvorbereitung zu nutzen ist auch der Ansatz von Bonial International Berlin. Die „Location“ des potenziellen Käufers, so der Managing Director Frederic Handt, sei „nur eine Information“. Der eigentliche „Treibstoff“ bestehe dagegen in Daten und deren Personalisierung. Das zur Axel Springer-Gruppe gehörende Unternehmen setzt auf Maßnahmen, bei denen von einer „hohen Nutzungsintention“ der Konsumenten und damit einer hohen Werbewirkung auszugehen ist. Gemeint sind vor allem digitale Prospekte (Kaufda und Mein Prospekt), die 8 Mio. Konsumenten monatlich nutzen, bei denen Kaufinteresse vorausgesetzt werden kann.
Selbstlernende Systeme
Das Blätterverhalten wird dabei ebenso analysiert wie Verweildauer und Zoom-Verhalten. Die Technologie nutzt ortsbezogene Daten, um digitalen Nutzern lokale Angebote und Filialinformationen zur Verfügung zu stellen mit der Absicht, Kundenfrequenz, Einkaufsgröße und Konvertierung im Handel zu erhöhen. Standortbezogene Technologie will hierbei relevante Angebote garantieren und wird dafür mit Künstlicher Intelligenz unterstützt. Davon erhofft man sich, dass die Werbewirkung permanent steigt, „weil das System lernt.“
Das Lernen aus eigenen Daten ist auch für Dr. Behrend Freese, Geschäftsführer von Bitplaces, Berlin, der richtige Ansatz zur Steigerung der Wertschöpfung am Point of Sale. Zu diesem Zweck bietet Bitplaces eine Plattform (Software-as-a-Service und SDK) an, die in bestehende Händler-Apps integriert werden kann. „Viele Händler-Apps haben nur eine geringe Reichweite. Unsere Plattform macht es möglich, diese App mit der Reichweite von Partnern aufzurüsten“, so Freese. Die Software bietet außerdem die Möglichkeit, das Verhaltensmuster der Konsumenten anonymisiert zu analysieren und anschließend Kundensegmente und Zielgruppen zu bilden. Laut Freese werde die Erkennung dieser Muster schon bald dazu führen, dass Predictive Behaviour, also Voraussagen zum wahrscheinlichen Verhalten von App-Nutzern, in taktische und strategische Marketingüberlegungen Einzug hält.
Mathematisch-analytische Instrumente richtig einsetzen
Dass der Erfolg auf der Fläche nicht nur von den richtigen Werbeinhalten und Medien, sondern vom intelligenten Einsatz mathematisch-analytischer Instrumente gepusht werde, ist auch die Meinung von Daniel Skoda von der Mediaagentur Adlicious, Hamburg. Nicht Ex-post-Marktforschung, sondern ein Verständnis für das Verhalten potenzieller Kunden vor und während der Kampagne lautete sein Appell. Skoda empfahl dem Handel zudem, den Fokus innerhalb seiner Werbeaktivitäten auch auf eine Kontaktklassenoptimierung zu legen. Seine Überzeugung: „Die reine Betrachtung von Durchschnittswerten bei den Kontakten pro Nutzer bringt die Werbetreibenden nicht weiter.“ Dagegen verschafften mathematische Kampagnenansätze mehr Klarheit bezüglich der Frage, bei welchen Konsumenten mit Location-based-Advertising zusätzliche Impulse gesetzt werden sollten.
Digitale lokale Werbemaßnahmen benchmarken
Digitale lokale Werbemaßnahmen zeitnah auf ihre Werbewirkung zu überprüfen und dabei auch unterschiedliche Plattformen zu benchmarken, lautete die Empfehlung von Benjamin Thym, Geschäftsführer von Offerista Group, Dresden. Der Spezialist für standortbasiertes Marketing unterstützt den Handel mit den drei Säulen digitale Prospektverteilung, geobasierte Push-Nachrichten sowie Google-Kampagnen. Thym verwies darauf, dass sich mit digitaler Werbung auch „Print-Werbeverweigerer“ erreichen ließen. Offerista setzt auf die Reichweite eines Publisher- Netzwerks (z. B. Focus Online, Netmoms oder Gelbe Seiten). Dabei lässt sich laut Thym messen, wie viele digitale Prospektleser die stationären Filialen besuchen, wie lange sie bleiben und welchen Umsatz sie tätigen. Gezahlt wird erst bei Klick, ähnlich wie bei Werbung auf Facebook oder Google Adwords.
Digitale Preisschilder
Im zweiten Teil des EHI Themenworkshop Marketing traten die Referenten an, um zu beweisen, dass die Digitalisierung auch die Instore-Kommunikation mit den Kunden durchdringt. Beispiel digitale Preisschilder. Für Michael Unmüßig, Geschäftsführer von SES -Imagotag Deutschland, Ettenheim, steht fest, dass digitale Preisschilder der neuen Generation inzwischen digitale Touchpoints sind. Sie bieten Fläche für Preis, Werbung und Information. Bestandsinformationen lassen sich abrufen, indem ein Smartphone das Preisschild lediglich berührt, berichtete Unmüßig aus der Praxis. Auch können die Labels miteinander „sprechen“ und als Werbefläche vermietet werden, und mit entsprechender Technologie im Hintergrund können Heatmaps der Verkaufsfläche dargestellt werden. Ein Update zehntausender digitaler Preisschilder ist laut Unmüßig binnen einer Stunde möglich.
Heatmaps auf Basis von Echtzeit-Tracking der Laufwege oder der Aufenthaltsdauer der Kunden zählen auch für Dr. Michael Stoebe, CPO/ Produktchef bei Pyramid, Freiburg, zu den wichtigsten Instrumenten des digitalen POS-Marketings. Pyramid setzt auf das Tracking von Einkaufswagen und Smartphones. Diese senden ein Bluetooth-Signal an Antennen, die sich im Markt befinden. Eine neue Technologie ermöglicht laut Stoebe eine Echtzeit-Positionsbestimmung auf 20 cm genau. Mit einer dahinter geschalteten Analysesoftware lassen sich damit Schlussfolgerungen für eine Verbesserung der Flächenleistung erreichen.
Beispiele:
- Optimierung von Instore-Werbung
- verbesserte Personaleinsatzplanung unter präziserer Berücksichtigung der Kundenfrequenz
- intelligente Produktplatzierung
- smarte Laufwegeplanung unter Berücksichtigung des Einkaufsverhaltens bei bestimmten Artikeln, die von Konsumenten mit ähnlichem Einkaufsverhalten oft gekauft werden
Auch die Überlegungen von Helge Meyer von der Deutschen Telekom setzen am digitalen Einkaufswagen an. Man wolle diesen von einem Tracking-Instrument zu einem Medium der Kommunikation weiterentwickeln. Konsumenten mit einer Händler-App auf dem Smartphone können diese zur Planung ihres Einkaufs nutzen und via Bluetooth ihren digitalen Einkaufszettel auf ein Display am Griff des Einkaufswagens übertragen. Die Einkäufe können auf dem Display „abgehakt“ werden. Zudem kann der Händler Angebote oder Coupons auf das Display übertragen. Die gleichzeitige Verfolgung der Laufwege mache die Attraktivität der Regale bzw. Regalreihen sichtbar, sodass Händler die Sortimentsanordnung optimieren und ihren Personaleinsatz verbessern könnten. Insbesondere für die Erfolgsmessung von Cross-Marketing- Aktionen seien Kenntnisse bezüglich der Kundenlaufwege unverzichtbar, so Meyer.
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