Das Ziel von Decathlon in Deutschland ist sportlich. „Wir möchten so schnell wie möglich flächendeckend in Deutschland vertreten sein“, so Ludger Niemann, Sprecher der Unternehmensentwicklung des französischen Sport-Filialisten. Dabei haben die Franzosen in Deutschland auch die Top-Ten-Metropolen im Visier. Mit dem neu entwickelten kleinflächigen Storeformat „Connect“, das seit einem Jahr in München auf 200 qm in der Stachus-Passage und in Stuttgart auf 50 qm in der Königstraße getestet wird, will Decathlon hierzulande, anders als in anderen Ländern, auch in Citylagen präsent sein.
Die „Connect“-Stores sind alle in drei farblich unterschiedlich gestaltete „Erlebnisbereiche“ unterteilt. In der in Grau gehaltenen „Retail-Zone“ werden Highlights aus dem Sortiment wie Bestseller oder selbst entwickelte Produktinnovationen aus dem Eigenmarkenprogramm zur sofortigen Mitnahme angeboten. In der weiß gestalteten „Daily-Pick-up-Zone“ können die Kunden online bestellte Ware abholen und Artikel retournieren. Der blaue Eingangsbereich steht ganz im Zeichen der „Sport Experience“. Hier können die Kunden mithilfe verschiedener digitaler Tools in die On- und Offlinewelt eintauchen und erhalten einen Überblick über das Unternehmen und das komplette Sortiment. Hier können an Tablets Artikel zur Lieferung nach Hause oder in den Store bestellt sowie virtuell eine klassische, große Decathlon-Filiale „besucht“ werden.
„Mit diesem Store-Format möchten wir mit unseren Kunden in den Dialog treten, die Marke Decathlon bei online-affinen Großstadtkunden bekannter machen, Spaß an Bewegung und Sport vermitteln sowie unsere Offline-Welt mit der Online-Welt in einem stimmigen Ambiente verknüpfen“, erklärt Niemann. Die Erfahrungen, die Decathlon in München und Stuttgart in der bisher einjährigen Testphase gesammelt hat, zeigen, dass diese Ziele erreicht wurden, so das Unternehmen. Niemann: „Wir sind mit der Frequenz und den Umsätzen, die über Plan liegen, zufrieden. Deshalb gehen wir jetzt auch in den weiteren Rollout.“
Wir vergleichen uns lieber mit Ikea als mit Aldi.
Ludger Niemann
Allerdings nur unter einer Bedingung, die in München aber nicht erfüllt ist: Die „Connect“-Stores in den Citylagen sollen nur in Kombination mit einem „großen Bruder“ in erreichbarer Nähe realisiert werden. „Der logistische und personelle Aufwand ist ansonsten zu groß. Außerdem geht es uns ja auch darum, die Kunden für unsere klassischen Stores zu begeistern und die Frequenz dort zu pushen“, so Niemann.
Im Zweierpack
Ein typischer Decathlon-Store ist im Idealfall über 4.000 qm groß, liegt am Stadtrand in einem Fachmarktzentrum und bietet dem 70 Sportarten umfassenden Sortiment ausreichend Platz. Dies gilt auch für den Anfang März eröffneten 4.200 qm großen Markt in Köln-Marsdorf an einem ehemaligen Kaufland-Standort (siehe Kasten). Im Gegensatz zu den „Connect“-Stores ist das Ambiente hier eher schlicht und zweckmäßig mit Gitterboxen und offenen Decken. Decathlon wird häufig als der „Aldi des Sports“ bezeichnet.
Niemann vergleicht Decathlon lieber mit Ikea. „Wir sehen uns eher als kompetenten Vollsortimenter mit Discount-Preisen. Unser breites Sortiment besteht zu 90 Prozent aus Eigenmarken, bei denen wir die gesamte Wertschöpfungskette von der Forschung und Entwicklung über die Produktion bis hin zum Vertrieb in einer Hand halten. Mit unseren Preisen möchten wir auch denjenigen Sport ermöglichen, deren Budget für Freizeitaktivitäten begrenzt ist.“
Decathlon Köln: Ein Sportpark als Erlebnis
Der französische Fach-Discounter für Sportwaren Decathlon eröffnete im März seine 37. deutsche Filiale in Köln-Marsdorf. Besonderheit des dezentral gelegenen Stores ist neben einer Sortimentsauswahl für 70 Sportarten ein 2.500 qm großer angrenzender Sportpark, der zum Testen der Produkte einlädt.
Bis 2011 befand sich am heutigen Standort von Decathlon noch eine Kaufland-Filiale, seit dem stand die Immobilie leer. Die 4.200 qm umfassende Verkaufsfläche des Fachmarktes empfängt ihre Kunden mit einem Servicepoint für die Wartung und Reparatur von Sportgeräten. Das Sortiment umfasst 70 Sportarten, rd. 35.000 verschiedene Artikel werden angeboten. Die Hauptwarengruppen sind Radsport, Multisport (Teamsportarten wie Fußball und Basketball), Schwimmen (inklusive Wassersport) und Wandern (inklusive Camping/Trekking). Auch Schlagsportarten wie Golf, Hockey oder Tischtennis sind im Kölner Produktangebot vertreten.
Das sachlich-nüchterne Storedesign bleibt optisch im Hintergrund und lässt die Waren voll zur Geltung kommen. Eine Technikdecke, anthrazitfarbene Rückwände, ein heller Boden aus Epoxidharzbeschichtung sowie vollständige LED-Beleuchtung sind die Hauptmerkmale der Innenarchitektur. Die Artikel werden auf funktionalen Stahlregalen mit Drahtböden und Schütten präsentiert. Während die Regale vor den Rückwänden fest installiert sind, setzt Decathlon im Innenraum vollständig auf einen flexiblen Ladenbau. In die Kassenzone ist eine „Click & Collect“-Station integriert. Im Onlineshop bestellte Waren können im Store abgeholt oder nach Hause geliefert werden. Im Hauptgang der Kölner Filiale befindet sich zudem ein Kiosk-Terminal für Online-Bestellungen.
Nach erfolgreicher Anlaufphase wollen sich die Verantwortlichen bei Decathlon die Option offen halten, die Verkaufsfläche durch die Erschließung einer weiteren Ebene der Immobilie auf 8.400 qm zu verdoppeln.
Drei Kernelemente machen das Konzept von Decathlon aus. Das Sortiment beschränkt sich erstens nicht nur auf umsatzträchtige Sportarten, sondern umfasst auch Randsportarten. Zweitens liegt der Sortimentsschwerpunkt nicht auf Textilien, sondern auf Sportgeräten und Ausrüstungsartikeln bis hin zu Zelten, Kanus und Tischtennisplatten.
Und drittens: Sowohl im Geschäft als auch außerhalb gibt es großzügige Testflächen, auf denen alle Geräte ausprobiert werden können. Die Außenanlagen sind öffentlich zugänglich und können auch von Nichtkunden genutzt werden. „Deshalb brauchen wir große Flächen und können nicht, wie von den Gemeinden gerne gefordert, in Innenstadtlagen gehen“, so Niemann.
Herausforderung und Chance

Die City-Stores verfolgen klar den Omnichannel-Gedanken und holen das komplette Sortiment virtuell auf die Fläche. (Foto: kplus konzept)
Die strikten Verordnungen, mit denen sich die Franzosen insbesondere in Deutschland konfrontiert sehen, sind eine Ursache dafür, dass die Expansion hierzulande noch nicht schneller voranschreitet und zum anderen der Grund dafür, dass es inzwischen auch andere Storeformate gibt, die mit kleineren Flächen auskommen. Im Extremfall sind dies die neuen „Connect“-Stores für City-Lagen oder als Kompromiss zwischen ganz klein und ganz groß die „Kompakt“-Stores mit 800-1.200 qm, die insbesondere für kleinere Städte interessant sind. Von den 11 im vergangenen Jahr in Deutschland eröffneten Decathlon-Stores hatten 3 dieses kompakte Format, das sich auch für Standorte in Shopping-Centern eignet. 2017 werden 1-2 der 10 bisher geplanten Neueröffnungen „Kompakt“-Stores sein. „Das entspricht nicht unseren Idealvorstellungen, weil wir uns dann bei der Sortimentsplanung stark einschränken müssen und unser eigentliches Konzept nicht umsetzen können“, sagt Niemann.
Eine wichtige Rolle bei der Expansion spielt auch die Omnichannel-Strategie der Franzosen. Etwa 20 Prozent des gesamten Umsatzes werden im E-Commerce erzielt. Die wichtigsten Kunden sind dabei Multichannel-Kunden. Sie bringen dem Unternehmen fast doppelt so viel Umsatz wie Kunden, die über einen Kanal bei Decathlon einkaufen. Und dieser wird vor allem offline erzielt. „Das Internet befruchtet bei uns ganz deutlich den stationären Handel. Deswegen ist die weitere Expansion mit Stores für unsere Entwicklung essenziell und vorrangiges Ziel.“
Ergänzend zu den drei bisher realisierten Storeformaten in Deutschland ist auch noch eine weitere Variante denkbar. In der Nähe von Lille testet Decathlon derzeit das Konzept eines reinen Showrooms mit 1.200 qm. Jedes Produkt ist nur einmal als Ansichtsexemplar vorhanden und kann über die hauseigene App „Decat’Scan“ dem digitalen Warenkorb hinzugefügt und beim Checkout bezahlt werden. Zusätzlicher Anreiz: die Kunden erhalten einen 10-prozentigen Rabatt.
Ist ein solcher Showroom auch für Deutschland geplant? Niemann: „Konkret bisher nicht, aber denkbar auf jeden Fall, gerade aufgrund der Genehmigungsprobleme bei den Großflächen. Zu klären wäre dann, ob solche Showrooms überhaupt dem Einzelhandel zugerechnet werden, oder ob sie als Lagerflächen gelten. Hieraus könnten sich gegebenenfalls spannende Optionen bezüglich der Öffnungszeiten und der Genehmigungspflichten ergeben.“
Fotos (4): kplus konzept; EHI
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org
Sport für jedermann
Das französische Unternehmen, das zur familiengeführten Mulliez-Gruppe gehört, vertreibt rd. 35.000 Artikel in rd. 1.100 Filialen in 28 Ländern weltweit. Der Gesamtumsatz liegt bei rd. 10 Mrd. Euro, die Mitarbeiteranzahl bei rd. 75.000. Das Sortiment umfasst Textilien, Schuhe, Sportgeräte und Ausrüstungsartikel für rd. 70 Sportarten. 80 Prozent des Umsatzes werden mit den 20 Eigenmarken erzielt, zu denen zum Beispiel Kipsta (Fußball) und Quecha (Outdoor) gehören. Mit der jüngsten Neueröffnungin Köln-Marsdorf betreibt Decathlon 37 Stores in Deutschland. Für 2017 sind hierzulande mindestens 10 neue Geschäfte geplant (u.a. in Ingolstadt, Wuppertal und Karlsruhe).