Bei ihren Angaben zum durchschnittlichen Benzinverbrauch schmücken sich Autobauer gerne mit niedrigen Werten. Ähnliches gilt für die Kassenhersteller. „Den behaupteten Stromverbrauch im Betriebs- und Stand-by-Modus sollte man durchaus per Labortest verifizieren“, empfiehlt Detlev Anders, IT-Leiter bei Strauss-Innovation. Bei dem Handelsfilialisten läuft seit Herbst vergangenen Jahres ein Projekt zur Rundum-Erneuerung der rund 20 Jahre alten Kassensysteme. Der Stromverbrauch der Hardware spielt dabei als Entscheidungskriterium eine deutlich wichtigere Rolle als noch vor Jahren.

Bei der Betriebssystem-Grundsatzfrage nach Linux oder Microsoft hat sich Strauss-Innovation noch nicht entschieden, tendiert aber zu Microsoft. Laut EHI-Kassenstudie 2012 kann Microsoft mit den Produkten WEPOS (Windows Embedded for Point of Service) und dem Nachfolger Windows Embedded POSReady im Handel wieder punkten und die Linux-Euphorie früherer Jahre bremsen. Allerdings hat der Pinguin seinen Schnabel noch leicht vorne: 52 Prozent der Kassen in den von der EHI-Studie erfassten Handelsbetrieben werden von Linux gesteuert.

Statement: Server-zentrierte Architektur

„Bei den Kassenlösungen geht der Trend in Richtung Server-Centric-basierter Softwarearchitektur. Dies bedingt allein schon die Verbreitung mobiler internetbasierter Technologien und Lösungen. Dennoch wird es auch weiterhin einen Bedarf an leistungsstarken Multifunktionskassen bzw. Server-Client-Kassenlösungen geben. Dies wird bestimmt durch die Größe eines Marktes und natürlich durch die Branche. Ein Super-/ Hypermarkt mit einer klassischen Checkoutzone hat hier andere Anforderungen an die Funktionalität und Offline-Fähigkeit als etwa ein Fashion Store.“

Winfried Nolte arbeitet als Produktmanager POS Systeme bei Wincor Nixdorf.

Bestückt sind die Kassen fast durchgängig mit modernen Dual Core-Prozessoren, die ab 2 GB Leistung bringen und weiter aufrüstbar sind. Das ist dann wichtig, wenn die Kasse nicht als Thin Client, sondern als Filial-Server fungiert. Ansonsten hat die Kassen-Hardware inzwischen einen so hohen Reifegrad erreicht, dass es bei der Auswahl eher um Feinheiten wie Kompaktheit und Staub-Resistenz oder um Geschmacksfragen wie Form und Farbe der Geräte geht.

Marketing und Multichannel

Herzstück, gleichzeitig aber Sorgenkind im Gesamt-Paket einer POS-Erneuerung ist auch bei Strauss-Innovation die Software. „Dabei stehen die Themen Promotions und Multichannel absolut im Fokus“, berichtet Detlev Anders. Von 3-für-2-Aktionen über die Coupon-Verrechnung bis hin zu den verschiedenen Maßnahmen zur Kundenbindung über die eigene Kundenkarte – der IT-Chef von Strauss-Innovation erwartet von seiner künftigen Kassenanwendung, dass sie die gesamte Klaviatur der Marketing-Aktionen abwickeln, kontrollieren und dokumentieren kann.

Gleiches gilt für die typischen Multichannel-Prozesse. Der anspruchsvolle Multichannel-Kunde von morgen wird sich beim Hopping durch die Kanäle vermutlich keinerlei Restriktionen unterwerfen. Er will hier kaufen, dort bezahlen, hier bestellen, dort abholen, hier Coupons einlösen, dort retournieren. Detlev Anders meint dazu: „Wer als Händler diese Kunden dauerhaft binden will, muss solche Prozesse am Checkout reibungsfrei ermöglichen.“

Schon bei den diesbezüglichen Demo-Tests, so Anders, trennt sich bei den Software-Anbietern die Spreu vom Weizen. Anhand seiner Ausschreibung für Hardware, Software und Services gaben ursprünglich 14 IT-Dienstleister ihre Angebote ab. Nach der Demo-Phase blieben fünf Firmen übrig, die zum ausführlichen Gespräch mit dem hausinternen Arbeitskreis eingeladen wurden. Drei Firmen schließlich gingen in die Labor-Tests, zwischen ihnen fällt in Kürze die Entscheidung. „Es war für mich erschreckend, dass auch große und namhafte IT-Dienstleister deutlich mehr versprechen, als sie letztlich zu halten in der Lage sind“, so die Erkenntnis von Detlev Anders.

Investition in Bezahlarten

Wie intensiv sich nicht nur die Firma Strauss-Innovation, sondern nahezu alle Handelsfilialisten momentan mit der Zukunftsfähigkeit ihrer Kassenanwendungen beschäftigen, macht die EHI-Kassenstudie deutlich. Beispiel Couponing: Hielten im Jahr 2010 knapp 40 Prozent der befragten Händler Couponing-Funktionen auf ihren Kassen vor, waren es 2012 bereits 69 Prozent. Zukünftig wollen sogar 80 Prozent der Panel-Teilnehmer Gutschein- und Coupon-Anwendungen lokal auf ihren Kassensystemen installieren.

Oder das Thema Kundenbindung: 2012 gaben 39 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Sie CRM-Funktionalitäten auf ihren Kassen bereithalten. In Zukunft soll dies bei 56 Prozent der beteiligten Handelsunternehmen der Fall sein. Fast alle Händler sind zudem davon überzeugt, dass in Sachen Bezahlung einiger Investitionsbedarf auf sie zukommt. So geben 12 Prozent der Retailer an, bereits heute kontaktloses Bezahlen zu ermöglichen – in der Regel kartenbasiert und oftmals noch im Pilotstadium befindlich. 80 Prozent gehen davon aus, dass sie ihre Kassenlandschaft über kurz oder lang mit kontaktlosen bzw. mobilen Bezahlfunktionen ausrüsten werden.

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