Bei Edeka-Kaufmann Manfred Degen lag der Anteil bar bezahlter Transaktionen im Jahr 2019 bei 55 Prozent. Nach knapp einem Jahr Corona-Pandemie, im Dezember 2020, betrug er noch knapp 44 Prozent. „Gleichzeitig hat die unbare Bezahlung mit EC cash bei uns im Jahr 2020 erstmals die 50 Prozent-Marke überschritten“, berichtet Degen, der zwei Märkte südlich von Bamberg betreibt. Er geht davon aus, dass Kunden, die inzwischen unbar bezahlen, künftig nicht mehr zum Bargeld zurückkehren.
Davon ist auch EHI-Experte Horst Rüter überzeugt: „Die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Transfer vom Bargeld zur Karte nachhaltig ist“, so der Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme im EHI. In der Corona-Krise ging der Umsatzanteil des Bargelds an den deutschen Handelskassen nach Berechnungen des EHI um 5,3 Prozentpunkte auf 41,2 Prozent zurück. Parallel dazu wuchs der Anteil der Girocard von 33,6 auf 40,2 Prozent. Das Lastschriftverfahren hinzugerechnet, sind beide Varianten der Girocard-Nutzung mit einem Anteil von 46 Prozent erstmals umsatzstärker als Bargeld. Für die nächsten Jahre erwartet das EHI weitere Zuwächse für unbares Bezahlen im Volumen von etwa drei Prozent, insbesondere bedingt durch das kontaktlose Bezahlen, das schon jetzt gut die Hälfte des Kartenumsatzes abdeckt.
Der Aufwand sinkt
Für den Handel ist damit Entlastung in Sicht: „Auch an den SB-Kassenstationen wird weniger cash bezahlt“, beobachtet Ulrich Völlmecke, Business Development Retail bei Diebold Nixdorf. Dort ist die Barzahlung für die Unternehmen besonders teuer. Denn die Bargeld-Module mit ihrer aufwändigen Sensortechnik für Erkennung und Echtheitsprüfung erhöhen die Hardware-Investitionskosten, so der grobe Richtwert, um den Faktor zwei. Hinzukommen die Handling-Kosten für die Ver- und Entsorgung der Bargeldbestände in den Geräten. Und nicht zuletzt produziert die recht fehleranfällige Technik zusätzlichen Aufwand für Wartung und Reparatur.
Möbelhändler Ikea spart sich diese Kosten, denn an den SB-Kassen der Häuser ist ausschließlich unbare Bezahlung zugelassen. Dennoch werden inzwischen 44 Prozent aller Kassentransaktionen über die Self-Checkouts abgewickelt. „In einzelnen Häusern sind es sogar an die 60 Prozent“, berichtet Dirk Rummel, Country Payment Leader bei Ikea. Diese hohe Kundenakzeptanz könnte auch anderen Händlern Mut machen, die Optionen zur Barzahlung an den SCOs zu reduzieren.
Menschen mögen Optionen
Die Technologie-Anbieter allerdings raten dazu, datenbasiert zu entscheiden. Diebold Nixdorf zum Beispiel stützt sich dabei auf selbst in Auftrag gegebene Nielsen-Studien zu den aktuellen Kundenwünschen und analysiert standort- und kundenspezifisch, wie die Konfiguration am Checkout optimalerweise aussieht.
Ähnlich gehen andere Anbieter wie NCR, Toshiba oder ITAB vor. „Der falsche Weg ist es, die Kundschaft erziehen zu wollen, denn die Menschen schätzen die Optionen”, sagt Christoph von Lingen, Country Sales Leader bei Toshiba Deutschland. „Angesichts der nach wie vor hohen Bargeldzahlungen in Deutschland raten wir dazu, diese Zahlungsmöglichkeit weiterhin anzubieten – auch um eine Alternative zu Händlern zu bieten, die auf reine Kartenzahlung setzen“, ergänzt Stefan Clemens, Area Sales Leader bei NCR.
Mit einer sukzessiven, behutsamen Verringerung der Bargeld-Stationen am Checkout ist dem Handel aber auch schon gedient. Dieser Prozess ist längst im Gange. „Mehr und mehr Self-Checkouts werden ohne Bargeldmodul bestellt – wir beobachten diesen Rückgang seit geraumer Zeit, die Pandemie hat den Trend jedoch beschleunigt“, sagt ITAB-Geschäftsführer Klaus Schmid. Er rät, bei der Planung neuer SCO-Zonen darüber nachzudenken, nur wenige Stationen mit einem Bargeldmodul auszustatten, diese dafür aber extra deutlich zu kennzeichnen. Schmid: „Der Kunde mag keine Überraschungen, kann sich aber bewusst entscheiden, wenn er die Information im Vorfeld erhält.“