Die Nutzung von Cloud-Computing ist Standard in der deutschen Wirtschaft geworden. 81 Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten nutzen sie, weitere 14 Prozent planen oder diskutieren darüber. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 603 Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen, die der IT-Branchenverband Bitkom im Juli 2024 veröffentlicht hat. Dabei hat das Bereitstellen von IT-Diensten über das Internet („Cloud“) noch weiteres Ausbaupotenzial. 61 Prozent der Unternehmen, die Cloud-Computing nutzen oder in Betracht ziehen, wollen damit ihre internen Prozesse weiter digitalisieren. Vor einem Jahr lag dieser Anteil noch bei 45 Prozent.
Ein starkes Argument ist auch die Erhöhung der IT-Sicherheit (57 %). Obenan steht aber die Kostenreduktion, die sich 62 Prozent der Unternehmen von der Cloud versprechen. Nur fünf Prozent der Unternehmen lassen bislang mehr als 70 Prozent ihrer IT-Prozesse über die Cloud laufen, wollen diesen Anteil in den nächsten Jahren aber erhöhen. Ein Spezifikum des Handels, das die Bitkom-Umfrage nicht abbildet, ist der Betrieb der Kassen.
Nutzung von Cloud-Diensten ausweiten
Welches Potenzial allein hier schlummert, weisen die Statistiken des EHI aus: In den 498.200 deutschen Betrieben des Handels sind fast eine Mio. Kassen (931.000) im Einsatz. „Wir sehen bereits ein großes Interesse im Handel, auf cloudbasierte Kassenlösungen umzusteigen“, sagt Nino Hörttrich, Head of Global Marketing Retail bei Diebold Nixdorf. Während einige „First Mover“ laut Hörttrich bereits vorangehen, ist der Großteil der Händler noch in der Vorbereitungsphase. Dietmar Papenkordt, CEO bei Poe im ostwestfälischen Büren, spricht sogar von einer „rasanten“ Entwicklung. „ Aktuell sehen wir in vielen Anfragen den Wunsch, mindestens alternativ eine Cloud-Kasse anzubieten“, so Papenkordt. Allerdings seien viele Händler noch unsicher, wollten aber trotzdem dem Trend folgen. „Schaut man sich die Anfragen genauer an, lässt sich häufig feststellen, dass die Vorgaben ungenau und fragend formuliert sind“, so Papenkordt.
Die großen Cloud-Anbieter haben den Einzelhandel als wichtige Kundengruppe auf dem Schirm. „Cloud-Dienste ändern die Spielregeln für den Einzelhandel und sind schon heute ein essenzieller Bestandteil einer Omnichannel-Strategie“, sagt Constantin Gonzalez, Principal Solutions Architect bei Amazon Web Services (AWS). Dazu zitiert Gonzales eine Forrester-Studie, nach der 64 Prozent der Händler die Nutzung von Cloud-Diensten in Zukunft ausweiten wollen.
Cloud-Dienste ändern die Spielregeln für den Einzelhandel und sind schon heute essenzieller Bestandteil einer Omnichannel- Strategie.
Constantin Gonzalez„Händler können Verkaufsdaten in Echtzeit intelligenter nutzen, um datengestützt Prozesse zu optimieren und eine nahtlose Integration in E-Commerce-Systeme sicherzustellen.“ Die AWS-Cloud biete „mit bewährten Methoden ein Höchstmaß an Sicherheit, Datenschutz und Ausfallsicherheit“. Außerdem könnten Händler innovative Technologien, wie etwa generative KI, in der Cloud je nach Vorerfahrungen viel schneller bedarfsgerecht testen, um diese dann in die Systeme zu integrieren und auszurollen. Fachleute für POS-Systeme geben zu bedenken, dass sich die oft komplexen Kassenlösungen nicht auf Knopfdruck auf eine Cloud umstellen lassen.
Vielmehr sind , wie bei vielen anderen IT-Anwendungen auch, hybride Lösungen aus Cloud und stationären Rechnern oft der Königsweg. Eine „reine“ Cloud-Kasse ist nach Ansicht von Dietmar Papenkordt „nur schwer bis unmöglich“ zu realisieren, denn die Anbindung von Peripherie-Geräten wie Scannern, Zahlungsterminals, Waagen und Druckern erfordere in der Regel eine lokal installierte Software-Komponente, welche die Kommunikation mit der Cloud-Kassensoftware steuert. Poe bietet deshalb seine Kassensoftware als hybride oder cloudbasierte Lösung an, die gemeinsam mit den Händlern je nach Einsatzszenario entwickelt wird. „Am Ende kann ein bunter Mix aus hybriden- und Cloud-Kassen entstehen, mit denen sowohl der stationäre als auch der mobile Einsatz realisiert werden kann“, sagt Papenkordt.
Potenzielle Risiken
Während die Vorteile von Cloud- Kassen – vor allem Kostenvorteile, Time-to-Market, Flexibilität und Skalierbarkeit, vereinfachtes und zentrales IT-Management – unbestritten sind, müssen auch die potenziellen Risiken beachtet werden. Das sind insbesondere Datensicherheit, Ausfallrisiko aufgrund nicht standfester Datenverbindungen, technische Komplexität, Abhängigkeit vom Anbieter und nicht zuletzt die Frage, ob die Cloud-Kosten sicher und planbar sind. Für Diebold Nixdorf sind robuste Offline-Funktionalitäten und umfassende Sicherheitsmaßnahmen entscheidende Faktoren für den Erfolg einer cloudbasierten Lösung. Das Unternehmen begegnet den Vorbehalten der Händler mit den Spezifika seiner Vynamic Retail Plattform-Lösung.
Dank ihrer Offline-Fähigkeit stehen der Filiale auch im Fall eines Ausfalls der Internetverbindung die Basisfunktionen der Kasse zur Verfügung, sodass keine Trans- aktion verloren geht. Zusätzlich beinhaltet die Lösung entsprechende Maßnahmen, um eine lückenlose Datensicherheit zu gewährleisten und mithilfe von Edge Devices in Regionen mit schwacher Internetverbindung voll einsatzfähig zu sein. Diebold Nixdorf erwartet in den kommenden Jahren eine Koexistenz von traditionellen Software-Umgebungen und cloudbasierten Lösungen. „Es wird voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis die Mehrheit vollständig in die Cloud übergeht“, meint Nino Hörttrich.