Vier Minuten seien zu viel, um sich unterwegs am Bahnhof einen Snack oder ein Getränk zu kaufen, findet Danny Groenenboom. „In unseren Convenience Stores wollen wir die Einkaufszeit auf 20 Sekunden verkürzen“, so die Zielvorgabe von Groenenboom an sein Projekt-Team. Bis Ende 2018 hat er bei Albert Heijn die Einführung der Self-Scanning-Lösung „Tap to Go“ begleitet, die seit Herbst 2018 in Amsterdam zum Einsatz kommt.
Rd. 80 AH-to-go-Läden für den schnellen Einkauf betreibt der Lebensmittelfilialist in den Niederlanden, Hauptzielgruppe sind Pendler mit wenig Zeit zum Bezahlen. In der Filiale am Amsterdamer Hauptbahnhof können sich Kunden ab sofort den Weg zur Kasse sparen und die gewünschten Artikel direkt am Regal bezahlen.
Dafür müssen sie sich die App „Tap to Go“ auf ihr Smartphone laden und dort einmalig ihre Bankverbindung hinterlegen. Inhaber einer Albert Heijn-Kundenkarte können über die App auch diese für „Tap to Go“ registrieren.
„In unseren Convenience Stores wollen wir die Einkaufszeit auf 20 Sekunden verkürzen.“
Danny GroenenboomBlitzschnell bezahlen
Wer sich einmal angemeldet hat, kann künftig „blitzschnell“ bezahlen. Dazu wird das Handy oder die Kundenkarte an das entsprechende elektronische Preisschild am Regal gehalten. Die Bezahlinformationen werden – ähnlich wie bei kontaktlosen Kartenzahlungen an der Kasse – per NFC übertragen.
Zusätzliche Schritte wie das Anmelden in der App, den Kauf bestätigen oder Zahlungsmittel auswählen sind nicht erforderlich. Ein grünes Licht am Preisschild zeigt an, dass die Transaktion erfolgreich war. Rund 10 Minuten später wird der Betrag dem Bankkonto belastet.
Neben der Zielvorstellung mehr Kundenservice und zusätzliche Umsätzen gab nicht zuletzt das Vorbild der kassenlosen Mini-Supermärkte von Amazon Go den Ausschlag für die Entwicklung der innovativen Bezahllösung bei Albert Heijn.
Presseberichten zufolge plant Amazon bis zu 3.000 Standorte in den USA, außerdem sind immer wieder europäische Metropolen wie London im Gespräch. Auch für größere Formate soll die Technologie getestet werden. Bisher gibt es Amazon Go außerhalb von Seattle erst einmal in Washington, Chicago, San Francisco und in Illinois.
Pilot bei Carrefour
Einen 60-qm-Testmarkt mit Gesichtserkennungs-Technologie nach dem Vorbild von Amazon Go will der französische Lebensmittelkonzern Carrefour im Frühjahr 2019 in Massy eröffnen – vorerst allerdings nur für die eigenen Mitarbeiter. Ein Manko der Technologie sind die hohen Investitionen in teure Hardware wie Kameras und Sensortechnik.
Alternative Selbstbedienungskonzepte wie Albert Heijns „Tap to Go“ oder auch „Scan & Co“, das seit Dezember 2018 bei Media Markt Saturn in Hamburg möglich ist, kommen dagegen mit NFC-fähigen elektronischen Regaletiketten und einer App mit Anbindung an die Warenwirtschaft aus. Auch der Schweizer Convenience-Store-Betreiber Valora will im Frühjahr 2019 einen kassenlosen Kiosk namens „Avec Box“ am Bahnhof Wetzikon eröffnen – Zugang und Bezahlung sollen per Smartphone-App erfolgen.
Offene Fragen gibt es derzeit noch beim Thema Diebstahl und Warensicherung. AH to go verzichtet bislang auf Zufallskontrollen – das würde Zeit kosten und sich negativ auf das Einkaufserlebnis auswirken, so Danny Groenenboom. Andere Konzepte sehen vor, dass Self-Scanning-Kunden an einem separaten Express-Schalter oder im Vorbeigehen an der Kasse einen QR-Code als Zahlungsbeleg vorzeigen. Start-ups wie Mishipay, Rapitag oder Buy Buddy arbeiten an alternativen Warensicherungslösungen, die durch den mobilen Bezahlvorgang entsichert werden, beispielsweise auf RFID-Basis.
Auch der Zahlungsdienstleister Wirecard bietet zusammen mit dem Anbieter von elektronischen Etiketten SES Imagotag eine entsprechende Lösung an (siehe Interview), an der verschiedene Handelsunternehmen im In- und Ausland bereits konkretes Interesse zeigen. Optional können über die App auch digitale Coupons oder Produktinformationen angezeigt werden.