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Foto: Fotolia / Olivier Le Moa

Change Management: Kraft zur Veränderung

Als auf Multichannel (MC)-Integration spezialisierter Unternehmensberater und vorher Online- und Multichannel-Manager beim Schuhhaus Görtz spricht Lutz Spannuth im rt retail technology-Interview über Status quo und Perspektiven des Multichannel-Handels.

Herr Spannuth, wenn das Stichwort fortgeschrittene Multichannel-Integration fällt: Welche Händler-Namen fallen Ihnen dazu ein?

Douglas, Butlers, Cyberport, Sport Scheck. Eine Handvoll andere, insgesamt aber eher wenige. Viele große und bekannte deutsche Einzelhändler sind entweder online spät gestartet oder haben ihre Kanalintegration nur bedingt vorangetrieben. Die interessanten Impulse kommen vielfach von den kleineren, nicht so bekannten Händlern, die weniger in Kanälen und mehr Customer-centric denken und handeln.

Fehlen die Etats oder hat die MC-Integration einen zu geringen Stellenwert?

Die Etat-Diskussion wird meist viel zu schnell eröffnet. MC-Integration ist zuvorderst eine Frage der Einsicht in Notwendigkeiten und eine Frage der Kraft zur Veränderung. Außerdem ist das Thema noch nicht in jeder Chef-Etage richtig angekommen. Jegliche Multichannel-Strategie ist Chefsache.

Wie verändert MC-Integration die Geschäftsmodelle?

Es gibt nicht das eine MC-Geschäftsmodell. Es gibt viele verschiedene Ausprägungen, die jeweils auf die Bedürfnisse des Händlers und seiner Kunden zugeschnitten sind. Aber als Grundsatz gilt: Die Transformation eines stationären Händlers zu einem integrierten Mehrkanalhändler verändert diesen bis ins Mark.

Warum sind MC-Projekte für die Händler so anspruchsvoll?

MC-Retailer entstehen als Umbauten von zum Teil alten stationären Handelsformaten. Vergleichen Sie das mit dem Umbau einer alten Gründerzeit-Villa. Unter dem Putz finden sich Überraschungen bei Elektrik und Wasserleitungen, es tauchen gerne auch fundamentale Probleme wie Feuchtigkeit im Keller auf. MC-Projekte sind Change Management pur.

Wo liegen die organisatorischen Hürden für die Implementierung einer MC-Strategie?

Die Organisationsform der Händler ist in der Regel von einer parallelen, kanalspezifischen Struktur geprägt. Meist gibt es den Stationär-Manager und den Online-Manager – wir haben in Deutschland kaum Manager mit nicht nur Kompetenzen in beiden Kanälen, sondern obendrein mit Mehrkanal-Kompetenz. Solche Probleme und Strukturen aber lassen sich überwinden – schwerer wiegt das strategische Dilemma, in dem stationäre Händler stecken.

Was meinen Sie damit?

Wie gesagt: Viele Händler haben sich zu spät den Online-Herausforderungen und damit der Notwendigkeit der Kanalverknüpfung gestellt. Erst als die stationären Umsätze rückläufig waren, sollte es der Online-Kanal „ganz fix richten“ und die Umsatzrückgänge kompensieren. Das aber wird auf Dauer nicht funktionieren.

Warum sollte das nicht gelingen?

Zum einen wird der Online-Anteil und das Online-Wachstum von einigen großen Pure-Online-Playern dominiert – um nur Amazon und Ebay zu nennen. Mittlere und kleinere Online-Geschäfte bzw. Online-Divisions dagegen wachsen nicht marktadäquat. Zum anderen stellt sich bei einem integrierten Mehrkanalhändler die Frage nach Online-Anteilen nicht mehr. Für einige Händler mag es sehr viel sinnvoller sein, ihren Webshop als Enabler für stationäre Frequenz und Umsätze einzusetzen. Und wenn man dann von Umsatzanteilen spricht, sollte man dies in der Dreiteilung der reinen stationären Umsätze, der reinen Online-Umsätze und der Multichannel-Umsätze tun. Dies setzt allerdings ein entsprechendes Controlling und Reporting voraus.

Wird es im Jahr 2020 überhaupt noch Pure-Player im Online- und im stationären Markt geben?

Aber ja, natürlich. Multichannel-Retailing ist kein Dogma und auch kein Zukunftsmodell für alle Händler. Es wird immer wieder Formate geben, bei denen nicht alle denkbaren digitalen und non-digitalen Kanäle in der gleichen Form Sinn machen.

Foto: Fotolia / Olivier Le Moa

Das Interview führte Klaus Manz.

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