„Die Vielfalt der Einreichungen für die diesjährigen reta awards zeigt, mit welcher Dynamik die Digitalisierung im Handel voranschreitet. Wir verzeichnen eine sehr hohe Internationalität der Projekte sowie viele Kooperationen mit Start-ups. Bemerkenswert bei den Projekten ist, dass das Thema Ressourcenschonung durch Digitalisierung an Bedeutung zunimmt,“ erklärt Ulrich Spaan, Mitglied der Geschäftsführung des EHI.
Die Zukunftsorientierung und der Nutzen der digitalen Neuerungen für eine strategisch bessere Performance sind die Gradmesser für die Auswahl der Award-Gewinner in den Kategorien „Best Customer Experience“, „Best Enterprise Solution“, „Best Instore Solution“, „Best Connected Retail Solution“ und – nun zum zweiten Mal – „Best AI & Robotics Solution“.
Die Technologie-Partner der Preisträger, die die praktische Umsetzung der Projekte mit ermöglichten, wurden auch in diesem Jahr gemeinsam vom EHI und der Lebensmittelzeitung als „Top Supplier Retail“ gekürt.
Gewinner + Top Supplier
Kategorie: Best Customer Experience
Lekkerland + Latebird Deutschland
Porta + Warrify
Valora/Backfactory + Smoothr/Walkout Technologies und Pan Oston B.V.
Kategorie: Best Connected Retail Solution
H&M + Diebold Nixdorf, British Telekom und Shouqianba
Ted Baker + Onestock
Spar + Too Good To Go
Kategorie: Best Instore Solution
Billa + Bluecode
Netto Marken-Discount + Trigo
Shufersal + Shopic
Kategorie: Best Enterprise Solution
Coca-Cola Europacific Partners + T-Systems International
Markant
Migros Switzerland + GS1 Switzerland, Smartive und Quibiq Schweiz
Kategorie: Best AI & Robotics Solution
Edeka Rhein-Ruhr + Consenso Consulting
Engelbert Strauss + TGW Logistics Group
Netto Marken-Discount + Tiliter
Netto Marken-Discount + Microsoft
Einkaufen ohne Zettelwirtschaft und Ladenschluss
Neben Lekkerland und Valora/Backfactory ist Porta Preisträger in der Kategorie „Best Customer Experience“. Der Möbelhändler will mit der IT-Lösung des Dienstleisters Warrify dem Wust an Quittungen im Portemonnaie den Kampf ansagen und damit gleichzeitig einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Der Kunde scannt den im Geschäft platzierten QR-Code mit dem Smartphone und erhält einen Barcode, der an der Kasse zusammen mit den Produkten eingelesen wird. Nach dem Bezahlen wird der Beleg dann angezeigt und kann gespeichert werden. Papier und damit Kosten und Ressourcen sollen so eingespart werden. Kundendaten können gesichert und das Shopping-Verhalten analysiert werden.
Ebenso wie Porta konnten der Covenience-Food-Anbieter Lekkerland die Jury in dieser Kategorie mit einer Anwendung überzeugen, die Kunden zufriedener machen und ihre Loyalität mit dem Unternehmen stärken soll. Mit einem vollautomatischen, personal- und kontaktlosen 24/7-Einkaufssystem bildet Lekkerland die Produktpalette eines normalen Supermarktes ab. Dafür sorgen Containermodule des Technologie-Partners Latebird Deutschland. Vom Heißgetränk bis zum Tiefkühlprodukt können Kund:innen rund um die Uhr aus dem ganzen Sortiment per App auswählen und die Bestellung vor Ort abholen.
Unverpackte Snacks und Self-Checkout-Technologie zusammenzubringen – dieser Herausforderung stellte sich die Selbstbedienungsbäckerei Backfactory gemeinsam mit seinen Supplieren Smoothr/Walkout Technologies und Pan Oston B.V. und bekam für ihre KI-gesteuerte Lösung die Anerkennung der Jury. Ziel war es, Kund:innen gerade zu Spitzenzeiten wie der Mittagspause ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Hierfür wurde mit dem sogenannten KI-Kiosk ein SB-Kassensystem entwickelt, das das innerhalb einer Sekunde bis zu zehn Produkte aus der Backtheke automatisch erkennt – ohne sie nacheinander scannen zu müssen. Die Bezahlung erfolgt dann kontaktlos in der Benutzeroberfläche.
Eine enge Verbindung
Die Modemarke Ted Baker trat zusammen mit dem französischen Softwareentwickler Onestock an. Infolge des deutlichen Wachstums im E-Commerce-Umsatz will das britische Unternehmen seinen Kund:innen ein einheitlicheres Omnichannel-Erlebnis bieten wollte. Das Problem von „Out-of-Stocks“ und dadurch von vergebenen Verkaufschancen wird durch das neu implementierte Auftragsverwaltungssystem vermieden: In Echtzeit durchsucht die Engine von OneStock mithilfe von Algorithmen den Bestand in Lagern und Filialen und orchestriert Bestellungen so, dass die Verfügbarkeit der Produkte standortunabhängig optimiert und ein genaueres Lieferversprechen abgegeben werden kann.
Ebenfalls für ihre innovativen Projekte zur nahtlosen Verzahnung von Online- und Offline-Handel in dieser Kategorie ausgezeichnet wurden der Textilhersteller H&M sowie der Lebensmittelhändler Spar. Letzterer legte gemeinsam mit dem Social-Impact-Unternehmen Too Good To Go (TGTG) eine digitale Omnichannel-Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung vor. Verbraucher:innen sehen in der TGTG-App auf ihrem Smartphone, in welchem Supermarkt in ihrer Nähe sie vergünstigte Pakete mit Gemüse, Obst, Milchprodukten, Backwaren und anderen Artikeln mit kurzer Haltbarkeit abholen können. Neben der Vermeidung von Essensabfällen können Umsatzverluste des Einzelhändlers verringert werden.
H&M hat mit Unterstützung von Diebold Nixdorf, British Telekom und Shouqianba auf dem chinesischen Markt ein preiswürdiges Konzept für die „Scan & Go“-Customer Journey umgesetzt. Zwecks Verknüpfung von Einkaufsbummel und Kassiervorgang verbindet die IT-Lösung das Kundendatenmanagementsystem mit dem Onlineshop und dem Payment-Tool. Kund:innen können ihren kompletten Einkauf über eine 3rd Party App abwickeln, indem sie online und mobil im Sortiment stöbern, zugleich aber auch im Geschäft vor Ort einkaufen, die Artikel scannen und per App bezahlen.
Digitalisierung spart Kosten
Effizienzsteigerung durch Entwicklung und Implementierung innovativer digitaler Systeme: Das haben die drei Gewinner Coca-Cola Europacific Partners Deutschland, Markant und Migros Switzerland mit ihren Neuerungen in der Kategorie „Best Enterprise Solution“ bewiesen.
Coca-Cola reichte mit Partner T-Systems International ein Konzept ein, mit dem technische Probleme an den hochkomplexen Getränke-Abfüllanlagen gelöst werden sollen, ohne dass Servicepersonal anreisen muss. Hierfür setzt das Mixed-Reality-Programm „HoloLens“ 3-D-Anleitungen und dazu passende Brillen für die Mitarbeitenden ein. Durch Hologramme, zeitgleich eingeblendete Anleitungstexte und Videos werden Anleitungen von Technikern überflüssig, Wartezeit und damit Maschinenstillstände entfallen. Über die Software können die Experten mehrere Standorte gleichzeitig instruieren, Fahrtzeit und Kosten werden eingespart. Erstmals wurde damit ein Unternehmen der Konsumgüterindustrie mit dem reta award ausgezeichnet.
Mit einer neuen digitalen Vorgangsakte bringt der Lebensmittelhändler Markant Struktur und Transparenz in den gesamten Verlauf der Lieferkette. Besonders im Reklamationsmanagement stellten sich Papier und manuelle Tätigkeiten als hinderlich für heraus. Vom Lieferanten über den Spediteur bis hin zum Händler können durch das Gewinnerprojekt alle Beteiligten in Echtzeit über eine cloudbasierte Plattform auf sämtliche Informationen zugreifen. Die Digitalisierung der Lieferscheine wird durch Bild- und Texterkennungsverfahren unterstützt. Die Kosten für die Reklamationsbearbeitung in den Lagern konnten so um 70 Prozent gesenkt werden.
Ebenfalls weg vom Papier wollte Migros und hat in Kooperation mit GS1 Switzerland, Smartive und Quibiq Schweiz durch einen digitalen Logistikdatenmarktplatz seine Liefer- und Produktionsprozesse automatisiert und vereinfacht. Der Materialfluss kann bedarfsgerechter gesteuert und das Einkaufsverhalten der Kunden besser vorhergesagt werden. Das kommt auch den Lieferanten zugute, die Logistikeinheiten bündeln und Transportkosten sparen können.
Kassenschlange ade
In der Kategorie „Best Instore Solution“ hebt die Jury Handelsunternehmen hervor, die mit technologischen Mitteln am POS einen unmittelbar wirksamen und nachweisbaren Mehrwert erzielt haben. Gewonnen haben hier in diesem Jahr Rewe-Tochter Billa, Netto und Shufersal.
Jö & Go heißt heißt die neue Funktion in der App des Jö Bonus Club. Gemeinsam mit Technologiepartner Bluecode hat die österreichische Supermarktkette Billa hiermit den Bezahlvorgang vereinfacht. Mit einem Scan per App identifizieren sich die Kund:innen an der Kasse. Ein 2-in-1-Code wird generiert und liefert alle Zahlungsinformationen. Ab diesem Zeitpunkt kann das Smartphone weggepackt werden, denn am Ende des Checkouts wird die Zahlung mündlich vereinbart und man kann gehen.
Warteschlange ade heißt es auch bei dem preisgekrönten Konzept Pick & Go von Netto Marken-Discount in Zusammenarbeit mit Trigo. Das Geschäft betreten, Artikel auswählen und ohne Kassiervorgang wieder gehen: Möglich macht dies eine KI-gestützte Computer-Technologie, die über optische und Gewichts-Sensoren an der Decke jeden Artikel erfasst, den die Kund:innen in den Einkaufswagen legen oder wieder zurücktun. Bezahlung und Quittungen werden digital abgewickelt.
Mit einem intelligenten Clip-On-Gerät, das für die Dauer des Einkaufs am Wagen befestigt wird, haben die israelische Supermarktkette Shufersal und ihr Technologie-Partner Shopic das Rennen in dieser Kategorie gemacht. Das KI-gesteuerte Tool erkennt hinzugefügte oder entfernte Artikel und leitet zugleich Informationen über Warenbestände im Regal weiter, was eine optimierte Ladenverwaltung ermöglicht und keine Umgestaltung der Geschäfte notwendig macht.
Arbeitskleidung aus dem Computer
In der noch jungen Kategorie „Best AI & Robotics Application“ haben die Preisträger Edeka Rhein-Ruhr, Engelbert Strauss und Netto Marken-Discount bewiesen, wie Prozesse durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotik vereinfacht werden können. Berufsbekleidung und maßgefertigte Sicherheitsschuhe im Corporate Design produziert der Textilhersteller Engelbert Strauss mit seiner CI-Factory-Lösung. Handelskund:innen können mithilfe der robotergestützten Corporate Fashion Retail Plattform individuelle Konfigurationen vornehmen und aus 40 000 Produkten auswählen. Das Projekt in Zusammenarbeit mit TGW Logistics Group wurde im Vorfeld mit einem Digitalen Zwilling aufgebaut.
Zitronen und Limetten haben keinen Barcode. Deshalb hat Netto Marken-Discount eine KI-Technologie von Tiliter eingeführt, die unverpackte Obst- und Gemüsesorten automatisch erkennt, auch wenn sie sehr ähnlich aussehen. Ermöglicht wird dies durch eine spezielle Kamera, die die Software verwendet, um die Kassierer:innen bei der schnellen und korrekten Auswahl der Frischwaren zu helfen. Zusätzlich zur Zeitersparnis wird der Verbrauch von Plastikverpackungen, auf die sonst Zettel mit den Preisinfos aufgeklebt werden mussten, vermieden.
Schnellere, qualitativ bessere und kostengünstigere Rollout-Prozesse bei der Umstellung von Filialsystemen auf SAP erzielt die Gewinnerlösung von Edeka Rhein-Ruhr in Kooperation mit Consenso Consulting. Konnten früher lediglich bis zu fünf Standorte einen Systemwechsel vornehmen, sind es mit der neuen Robotic Process Automation rund 100. Innerhalb eines Fehlerszenarios können die Roboter auch eigene Probleme selbstständig beheben. Die Prozessabläufe werden vollautomatisch in verschiedenen Szenarien eingesetzt, können aber auch von einem Rollout-Team gesteuert werden.
Weitere Informationen zum reta award und den Preisträgern gibt es hier: www.reta-europe.com