Auch wenn gerne von „iBeacons“ gesprochen wird, diese Technik kommt nicht proprietär von Apple, sondern ist eine neuere Bluetooth-Spezifikation, die eine Datenübertragung zwischen zwei Geräten in beide Richtungen über 10-12 Meter erlaubt. Die Bluetooth Low Energy (BLE)-Sensoren kommen dabei mit sehr wenig Strom aus. Apple fungiert gerade als Marktöffner für diese bereits verfügbare Technik. Seit dem Software-Update auf iOS7 im letzten Jahr können alle neueren iPhones über BLE kommunizieren und von anderen Beacons angesprochen werden. Da die mobilen Betriebssysteme Android und Windows 8 den Bluetooth-LE-Standard schon länger unterstützen, ist nun eine kritische Masse erreicht, um die ersten massentauglichen Anwendungen auszurollen.
Ein Einzelhandelsgeschäft, das mit Beacons ausgestattet ist, lokalisiert im Idealfall seine potenziellen Kunden schon vor der Tür, lockt sie proaktiv mit einer personalisierten Ansprache und mit auf sie zugeschnittenen Angeboten in den Laden und kann sie dort mit Produkt-Informationen versorgen. Kundenbindung über die digitalen Kanäle, das war bisher das große As im Ärmel der Onlineshops. Nun kann auch am POS eine solche digitale Strategie angesetzt werden.
Mit dem Einsatz von Beacons kann ein Filialist im ersten Schritt Couponing und Kundenvorteils-Programme automatisieren und diese bis hin zum Online-Shopping erweitern. Seit 2000 ist die Acardo Group auf dem deutschen Markt tätig und betreut rd. 10.000 Filialen des Handels beim Couponing. Die regionale Kinokette Dersa zum Beispiel verteilt ihre Coupons seit Februar 2014 per Bluetooth Low Energy (BLE)-Technologie direkt im Kino, im März kamen 29 Cinemaxx-Standorte hinzu. „Mittelfristig sehen wir auch Potenzial im Lebensmittelhandel“, sagt Christoph Thye, Vorstand der Arcardo Group. „Die ersten Erfahrungen aus der Kinobranche wollen wir erst auswerten. Man darf den Lebensmittelhandel nicht mit zu vielen neuen Technologien überfordern.“
Was ist ein Beacon?
Ein Beacon ist Teil eines Wlan. Ein Wireless Access Point oder ein drahtloser Router sendet in einstellbaren Intervallen (üblicherweise 10-mal pro Sekunde) kleine Datenpakete, sogenannte Beacons (engl. Leuchtfeuer) an alle empfangsbereiten Stationen, zum Beispiel Smartphones, in einem bestimmten Radius. Beacons werden immer mit der niedrigsten Übertragungsrate gesendet. (Quelle: Wikipedia)
Mit „Shopnow“ schickt Axel Springer Ideas eine von der Berliner App-Schmiede Sprylab entwickelte Bonus-App ins Rennen, die ihren Benutzern standortbezogen Neuheiten und Trends u.a. von Deichmann, Hallhuber oder Witty Knitters sowie personalisierte Angebote zeigt. Der Nutzer erhält Punkte beim Betreten eines Partner-Shops, beim Scannen von Barcodes, für seine Registrierung bei „Shopnow“ und für das Einladen von Freunden über Facebook. Die von Sprylab konstruierte Beacon-Hardware arbeitet zusätzlich mit einer Audio-Lokalisierung über hochfrequente Töne im nicht hörbaren Bereich, die von den Mikrofonen der Smartphones aufgenommen werden. „Damit erreichen wir eine 100-prozentige Abdeckung der im Markt vorhandenen iOS – und Android-Geräte“, so Stephan Heck, Geschäftsführer von Sprylab.
Virtueller Showroom
Der Mitbewerber „Shopstar“ hat zuletzt 12 Gant-Stores in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München mit Beacons aufgerüstet und gibt den Nutzern der „Shopstar“-App die Möglichkeit, „Sterne“ für bestimmte Aktionen und Kampagnen der jeweiligen Händler zu sammeln und gegen Gutscheine oder Prämien der Händler einzutauschen. „Shopstar“ bietet seinen Händlern in der App einen virtuellen Showroom für ihre Produkte. Die batteriebetriebenen „Shopstar“- Beacons besetzen im Eingangsbereich der Ladenflächen keine Steckdosen und benötigen nach Angaben des Anbieters so wenig Strom, dass die Batterie zwei Jahre lang hält.
„Der Beratungsbedarf im Einzelhandel zum Thema Beacon ist gerade enorm“, so Gerald Kromer, Gründer und Geschäftsführer von Shopstar. „Die Händler wollen bei dem Thema von uns Anbietern abgeholt werden. Innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre sollten Händler sich hier positionieren.“ Die Kostenhürde ist für die Händler eher niedrig. Die Münchner Strategieberatung Mücke, Sturm & Company hat zuletzt errechnet, dass ein mittelgroßes Kaufhaus für 5.000 Euro mit Beacons ausgerüstet werden kann. Hochgerechnet ergibt das einen Preis pro Kontakt von rund 12 Cent. Die häufige Diskussion „Bluetooth LE contra NFC“ beurteilt Stefan Krueger, Geschäftsführer von Valuephone, differenziert: „Zuerst einmal sind das nur zwei unterschiedliche Technologien für die Datenübertragung. Ausschlaggebend sind aber die Prozesse, die darüber abgewickelt werden. BLE ermöglicht kreative Lösungen und ist eine kostengünstige Methode für die Kundenbindung. Für sicherheitsrelevante Prozesse bietet es sich aber nur bedingt an.“ Auf der Europshop 2014 stellte Valuephone seine massentaugliche und marktfähige BLE-Anwendung im Bereich Mobile Marketing vor. Mit ihr kann der Kunde im Supermarkt kontaktlos einen Check-in vornehmen, an der Kasse kann ihm die Mitarbeiterin dann auf sein Kunden-Profil zugeschnittene Gutscheine oder Promotions anbieten.
Die kostenlose Anwendung „Barcoo“ nutzen mittlerweile 13 Mio. Smartphone-Nutzer, um verbraucherrelevante Informationen und User-Bewertungen zu rd. 7 Mio. Produkten abzurufen oder eigene einzustellen. Benjamin Thym, Gründer und Geschaftsführer von Barcoo, kann Händlern dadurch gleich von Beginn an eine große Reichweite garantieren. Als erster Partner wurde der mymuesli-Laden am Münchner Viktualienmarkt mit einem „Barcoo“-Beacon ausgestattet. Schon vor dem Laden gibt es eine erste Ansprache übers Smartphone, wenn die „Barcoo“-App geöffnet ist. Im Geschäft können sich Kunden direkt am Regal über Produkte informieren oder die Instore-Navigation nutzen. „Wir messen genau, wie die Kunden auf die Beacon-Ansprache reagieren und steuern wenn möglich sofort dagegen. Langfristig werden spannende, personalisierte Angebote der Haupttreiber sein“, so Benjamin Thym. „Denn das Erste, was den Kunden erreicht, ist eine Textnachricht von 119 Zeichen. Ein plumpes ‚Kauf mich!‘ führt zu Deinstallationen. Und das wäre der Worst Case für uns.“
Fotos: Online Software (1), Shopnow (1), Shopstar (1)