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Hochwertiges Visual Merchandising bei Haushaltswaren

Vom Feinsten

Die britische Supermarktkette Waitrose hat mit Waitrose Food & Home ein für England neues Format geschaffen, das einem Kaufhaus bzw. unserem SB-Warenhaus ähnelt. Da sich der Standort in Canary Wharf, einem Eldorado des Londoner Investment-Bankings befindet, ist vor allem der Food-Bereich ziemlich luxuriös ausgefallen.

Wo hört ein Supermarkt auf, ein Supermarkt zu sein und wird zum SB-Warenhaus oder gar zum Kaufhaus? Die Antwort auf diese Frage fällt in Europa von Land zu Land unterschiedlich aus. In Deutschland erwartet jeder, dass sich Lebensmittel, Feinkost und Gastronomiestände im Untergeschoss eines Kaufhauses befinden. In England ist das ungewöhnlich. Dass ein Lebensmittelmarkt ein umfangreiches Nonfood-Sortiment integriert und dadurch praktisch zum Kaufhaus wird, ist ebenfalls ungewöhnlich. Doch genau das wurde jetzt von Waitrose in seiner frisch renovierten, Anfang September neueröffneten Filiale in den Londoner Docklands offensiv umgesetzt. Waitrose ist einer von zwei Zweigen des britischen Einzelhandelsunternehmens John Lewis Partnership, das den Mitarbeitern gehört. Der eine Zweig sind die Waitrose-Lebensmittelmärkte, der andere Zweig die John-Lewis-Departmentstores. Obwohl beide zur selben Organisation gehören, leben die beiden Unternehmen in einer Tradition freundschaftlicher Rivalität. Diese Abgrenzung zwischen dem Food- und dem Nonfood-Bereich scheint nun in der Auflösung begriffen zu sein.

17 Minuten Mittagspause

Hochwertiges Visual Merchandising bei Haushaltswaren

Steak-and-Oyster-Bar mit Blick in das Weinkontor

Im Grunde ist es gar nicht neu, dass die 
Waitrose-Filiale in Canary Wharf während ihres nun 10-jährigen Bestehens auch ein Nonfood-Sortiment führt. Doch wurde dies bislang nicht so wahrgenommen, das Geschäft wurde vorwiegend als Supermarkt angesehen. Die 7.000 qm Verkaufsfläche, auf drei Etagen verteilt, wurde immer dominiert vom Lebensmittel-Sortiment, das sich im Erdgeschoss befindet. Und obwohl sich darüber noch zwei Etagen mit Haushaltswaren und Textilien befinden, erzielen die Lebensmittel nach wie vor zwei Drittel des Gesamtumsatzes. Canary Wharf macht den größten Gewinn von allen Waitrose-Filialen. Es ist der einzige Lebensmittelmarkt, der sich in diesem (neben der City of London) zweiten großen Finanzzentrum Londons befindet, einem Hotspot des Investment-Bankings. 90.000 Menschen kommen jeden Tag zur Arbeit an diesen Ort des Geldes. Täglich über 4.000 davon besuchen mittags die Waitrose-Filiale, um ihren Hunger zu stillen, so berichtet es Diana Hunter, Director of Store Development bei Waitrose, aber ziemlich wenige davon gehen in die oberen Etagen, um sich die anderen Sortimente anzuschauen. Hunter erzählt, man habe Besucher, die während der Mittagspause kommen befragt und herausgefunden, dass viele überhaupt nicht wussten, dass es noch weitere Etagen gab bzw. außer Lebensmitteln auch noch Nonfood-Artikel.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle auch erwähnen, dass der durchschnittliche Angestellte in Canary Wharf seinen Schreibtisch mittags für lediglich 17 Minuten verlässt, sodass man seine Bedürfnisse in dieser kurzen Zeit schon schnell erfüllen muss, wenn man ein Geschäft machen will. Besonders schwierig wird es, wenn man einen Canary-Wharf-Kunden dazu verleiten möchte, ein paar Extra-Minuten zu investieren, um sich etwas anzuschauen, das nicht der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung dient. Um dieses Ziel besser zu erreichen, wurde die nach 10 Jahren ohnehin anstehende Renovierung genutzt, das Store-Konzept und vor allem die Sortiments-Zusammensetzung komplett neu zu durchdenken. Entwickelt und realisiert wurde das Konzept von der Schweitzer AG aus Naturns/Südtirol sowie dem zur Gruppe gehörenden Design-Studio Interstore in Zusammenarbeit mit dem Waitrose-Inhouse-Team um Diana Hunter. Ebenfalls an dem Projekt beteiligt war das Store-Design-Beratungsunternehmen Household. Wer heute die umgebaute Waitrose-Filiale betritt, dem fällt direkt auf, dass der Markt nicht mehr aussieht wie ein Supermarkt. Der Eingangsbereich wird jetzt dominiert von einer großen Espressobar. Als Inspiration dafür dienten laut Diana Hunter die typischen Mailänder Espressobars, die nach dem Prinzip funktionieren: drop in, have a shot, and go. Die Hocker an der Bar lassen zwar das Gefühl aufkommen, man könne es hier auch einen Augenblick länger aushalten, aber es ist auf jeden Fall ein Ort, an dem man nur einen kurzen „Boxenstopp“ einlegt.

Steak-and-Oyster-Bar

Steak-and-Oyster-Bar mit Blick in das Weinkontor

Blick in die Abeilung für Sportmode

Die italienische Lebens- und Esskultur diente als Inspirationsquelle für den gesamten Lebensmittelbereich des neuen Marktes. Schmankerl der italienischen Küche werden wie in Feinkostläden oder Feinkostabteilungen üblich präsentiert, anspruchsvoller als in „normalen“ Supermärkten. Im hinteren Teil der Fläche gibt es dann einen Essbereich mit einer Steak-and-Oyster-Bar. Von dort aus können die Kunden durch eine große Glaswand in eine feine Weinabteilung hineinblicken, die temperaturgeführt ist und wo man auch einmal eine Flasche Wein für 500 Euro erstehen kann, wenn einem der Sinn danach steht. Insgesamt ähnelt das ganze Design dem großer deutscher Warenhäuser und weniger einem englischen Supermarkt. Dieses Gefühl verstärkt sich, wenn man dann tatsächlich noch etwas Zeit investiert und in die oberen Etagen hinaufgeht. Die Herausforderung bestand nicht nur darin, mehr Besucher hinaufzulocken, sondern auch darin, ihnen das Gefühl zu geben, dass sich der Aufstieg gelohnt hat. Das Nonfood-Sortiment ist daher sorgfältig überarbeitet worden.

Blick in die Abeilung für Sportmode

Da die große Mehrheit der in Canary Wharf Beschäftigten mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin kommt, macht es wenig Sinn, Waren anzubieten, die nicht einfach mitzunehmen sind. Daher findet man zum Beispiel keine Geräte wie Kühl- und Gefrierschränke mehr. Die erste Etage präsentiert jetzt Damen-, Herren- und Sport-Textilien, dazu Schuhe, ferner Geräte und Ausstattungen für die Küche sowie Heimtextilien und -dekorationen. Hier, in der ersten Etage, gibt es wieder einen Gastronomiebereich, nämlich ein Café mit gut 70 Sitzplätzen, das die Aufenthaltsqualität steigert. Dieser Gastronomiebereich hat das Café, das im letzten Jahr in der Waitrose Food & Home-Filiale in Leeds eröffnet wurde, zum Vorbild. Die zweite, obere Etage ist mit 1.700 qm die kleinste. Hier finden sich ergänzende und das Angebot abrundende Sortimente wie Kinderbekleidung oder Technik-Artikel. Obwohl die Frequenz der oberen Etagen zu wünschen übrig ließ, musste Waitrose bei der Umgestaltung der Canary-Wharf-Filiale doch äußerst vorsichtig zu Werke gehen, um den gewohnten Wochenumsatz von umgerechnet rund 1,5 Mio. Euro nicht zu gefährden. Herausgekommen ist jedenfalls eine interessante Mischform: Für diejenigen, die sich einen Supermarkt wünschen, ist es ein Supermarkt, für andere ein Feinkostgeschäft und für manche sicher auch ein Kaufhaus. Die Renovierung hat eine Menge Geld gekostet. Der Umbau fand bei laufendem Betrieb statt und dauerte vier Monate. Anfang September war offizielle Neueröffnung. Die Kosten dafür betrugen mal eben umgerechnet rund 17,5 Mio. Euro. Doch immerhin soll sie sicherstellen, dass Canary Wharf auch in Zukunft die profitabelste Waitrose-Filiale bleibt.

Fotos(4): Schweitzer AG

Weiterführende Informationen: www.waitrose.com

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