Kann ein Einzelhändler in einem realen Store einen perfekten digitalen Auftritt kreieren? Die Antwort auf diese Frage gibt der neue Burberry-Store auf Londons Regent Street, der im September eröffnete. Die britische Designermarke hat hier ein „Global Flagship“ eröffnet – ein Ausdruck, der in der Welt der Luxusmode ein sehr großes Geschäft meint. Der Store auf der Regent Street umfasst insgesamt 4.000 qm Fläche, wovon die Verkaufsfläche 2.500 qm ausmacht, verteilt auf 4 Etagen. Zudem ist das Geschäft die digitale Schnittstelle für ein Unternehmen, das sich als Multichannel-Händler positioniert. Das erste, was dem potenziellen Luxus-Shopper auffallen wird, sind die großen Schaufenster in der Fassade des schönen, repräsentativen Altbaugebäudes. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil die meisten Gebäude an der Regent Street unter Denkmalschutz stehen und daher die Möglichkeiten der Fassadengestaltung ziemlich eingeschränkt sind. Offenbar hat man sich bei Burberry entschieden, die Schaufenster für eine kreative Gestaltung zu nutzen, die Darstellung des Markennamens aber herunterzufahren – das geht schon in Richtung Understatement. Zudem wird von außen nicht deutlich, wie stark das Geschäft innen von digitaler Technik geprägt wird.
Wie in einem Theater
Zur Eröffnung im September dekorierte Burberry die Schaufenster mit dem Produkt, das die Marke wohl am stärksten repräsentiert: den Trenchcoat. Die Türen des Haupteingangs sind aus Bronze gefertigt in einem Muster, dessen Design bereits aus den 1920er-Jahren stammt, aber aufgrund der hohen Materialkosten bislang nie umgesetzt wurde. Wenn man den Laden betritt, empfängt einen ein weißes, marmornes Entree, von wo aus Stufen in einen großen, offenen Verkaufsraum hinabführen. Man kommt sich vor wie in einem Theater – in der Tat befand sich in den Räumen früher einmal ein Kinosaal. Der Vormieter, der Möbelanbieter Habitat, hatte diesen Raum mit einer Regalstruktur für die Warenpräsentation gefüllt. Diese wurde von Burberry aber wieder entfernt, sodass der ehemalige Kinosaal nun wieder seine Wirkung entfalten kann. Dadurch kommt die historische, kleine und flache Glaskuppel in der Decke wieder zur Geltung, deren Muster sich im Marmorboden darunter spiegelt. Der große, repräsentative Raum wurde frei gelassen, sodass seine starke Architektur ungehindert zur Wirkung kommt. Die Kunden, die auf der Balustrade des Zwischengeschosses stehen, können das Treiben der anderen Besucher von oben beobachten.
Es gibt allerdings ein Highlight in diesem offenen Raum, das in Wahrheit alle Blicke auf sich zieht: ein digitaler Bildschirm von fast 7 m Höhe und nahezu derselben Breite. Laut Burberry ist dies der größte Bildschirm, den es in einem Einzelhandelsgeschäft gibt. Außer dieser optischen Hauptattraktion sind noch weitere rund 100 kleinere digitale Bildschirme im Geschäft verteilt. Diese bilden zusammen einen „Burberry Event“, womit gemeint ist, dass der Content auf allen Bildschirmen synchronisiert ist. Auf dem großen Bildschirm werden vier Mal im Jahr geladenen Gästen die Burberry-Modenschauen von den Laufstegen der Welt im Live-Stream übertragen. Dies unterstreicht den Anspruch des Geschäfts, der erste „digital integrierte Store“ von Burberry zu sein. Die Live-Übertragungen sollen in Zukunft auch auf der Website des Unternehmens zu sehen sein. Rechts und links des großen Bildschirms führen die repräsentativen Treppenzüge ins Zwischengeschoss, das zurzeit als „Galerie“ für Trenchcoat-Unikate genutzt wird.
Trenchcoat-Unikate
Spätestens zu diesem Zeitpunkt mag der Besucher sich fragen, wo denn wohl in dem Store die Ware zu finden ist. Der Schauplatz des Verkaufes ist der Teil des Ladens, der sich der an der Ecke Regent Street/Vigo Street befindet. Hier gibt es auch den „Laternen-Raum“, der so genannt wird, weil eine Glaskuppel Tageslicht hineinlässt. Dort werden die Accessoires präsentiert. Auch in einem zweiten Raum an der Vigo Street werden Accessoires gezeigt. Und nun wird es spannend: Von dort aus führt eine historische, unter Denkmalschutz stehende Wendeltreppe, von der aus man einen schönen Blick auf die Regent Street hat, nach oben, wo sich noch zwei Verkaufsetagen befinden, eine für Damen- und die andere für Herrenmode. Und auch hier kommt man in eine digitale Welt hinein. Jeder einzelne Artikel, der in dem Store präsentiert wird, ist mit einem RFID-Tag ausgestattet.
Wenn nun ein Teil mit in die Umkleidekabine genommen wird, kanns losgehen. Jeweils ein Spiegel in jeder Umkleide ist auch ein interaktiver digitaler Bildschirm. Der RFID-Tag in dem Kleidungsstück tritt nun automatisch in Interaktion mit dem „sprechenden Spiegel“ und startet selbsttätig ein Werbe-Video zu genau diesem Kleidungsstück. Zusätzlich zu den vielen Bildschirmen im Store hat Burberrynoch alle Verkaufsmitarbeiter mit einem iPad ausgestattet, mit dessen Hilfe sie Kunden Auskunft geben können zu Schnitten, Farben und Verfügbarkeiten und über den sie und die Kunden, falls gewünscht, Zugang haben zur Burberry-Website.
Es handelt sich bei dem neuen Burberry-Store auf der Regent Street um ein Luxus-Geschäft, und alles, von den gewaltigen Mengen dunkler, „doppelt geräucherter“ deutscher Eiche bis zum verschwenderischen Umgang mit Marmor zeugt auf jeder Etage davon, dass hier keine Kosten und Mühen gescheut wurden. Er ist so etwas wie die physische Website des ganzen Unternehmens. Von hier aus hat man digitalen Zugriff auf alle Präsenzen des Unternehmens, und es gelingt dem Laden zu zeigen, dass ein stationäres Geschäft ein digitales Erlebnis bieten kann, das wesentlich mehr Charme hat, als zu Hause vor dem Bildschirm auf die Website zu starren. Burberry gehört damit nicht nur zu den Vorreitern der Handelsunternehmen, die die stationäre und die virtuelle Welt verschmelzen, sondern es ist der Marke auch noch ein Prachtexemplar dieses neuen Typs Laden geglückt.
Fotos(4): Burberry
Weitere Informationen: uk.burberry.com
Burberry Regent Street
Adresse 121 Regent Street, London, W1B 4TB
Gesamtfläche 4.000 qm
Verkaufsfläche 2.500 qm
Geschosse 4
Umkleidekabinen 17
Verbauter Marmor 650 qm
Umbauzeit 2 Jahre
Burberry-Stores in UK 9
Web uk.burberry.com