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Bestimmend für die Optik der neuen Männerabteilung ist der Einsatz von Metall im Ladenbau, nicht nur für die Möbel, auch für eine spektakuläre Deckengestaltung – hier im Materialkontrast zu rohem Holz. (Foto: Harvey Nichols)

Leichter, entspannter Flow

Das Traditionshaus Harvey Nichols in London-Knightsbridge war etwas in die Jahre gekommen. Nun weht ein frischer Wind durch das Geschäft. Die Männermode machte den Anfang, kurz darauf wurde ein neuer Gastronomie-, Event- und Servicebereich eröffnet.

Harvey Nichols. War das nicht Prinzessin Dianas Lieblingsladen? Und gingen nicht die beiden Hauptheldinnen Edina und Patsy in der populären BBC-Sitcom „Absolut Fabelhaft“ in den 90er-Jahre immer ins „Harvey Nicks“ zum Mittagessen? „Harvey Nicks“, so wird das Geschäft im Londoner Stadtbezirk Knightsbridge umgangssprachlich genannt, ist national und international eine „Institution“ der Einzelhandelsszene, aber irgendwie sprach in den letzten zehn Jahren keiner mehr von dem Geschäft. Als Stacey Cartwright, vordem Finanzdirektorin bei Burberrys, im Februar 2014 das Traditionshaus im Stil einer Megaboutique übernahm, kündigte sie an, dass sie in einem Vierjahresplan große Veränderungen vornehmen wolle.

Die Denim- und Bademodenabteilung (Foto: Harvey Nichols)

Die Denim- und Bademodenabteilung (Foto: Harvey Nichols)

Angefangen hat sie mit der Männerabteilung. Aus vielerlei Hinsicht eine gute Entscheidung. Männer stehen in der Mode hoch im Kurs, und finden konnte man bisher die Männerabteilung, versteckt im Untergeschoss des Hauses, nur schwer. Nach neun Monaten Umbauzeit wurde nun die Abteilung mit großer Publicity neu eröffnet. Und gleich eine Woche später war Harvey Nichols mit dem „Project 109“ erneut in den Schlagzeilen.

Die Designfirma Virgile+Partner hat ohne Zweifel gute Arbeit geleistet. Die dunklen Räume mit der niedrigen Decke sind buchstäblich nicht wiederzuerkennen. Es beginnt damit, dass von der Straße zwei neue Eingänge geschaffen wurden, von der Sloane Street und von der Seville Street, die beide direkt hinunter in die Männerabteilung führen. Die furchterregend steile Treppe ist verschwunden, dafür führt eine Rolltreppe vom ersten ins zweite Untergeschoss. Wände wurden entfernt, die Decke angehoben und ein moderner, offener Industrie-Stil schafft optisch zusätzliche Höhe.

Künstlerische Inszenierung

Im Design wechseln sich Holz, Kupfer, Glas, Metall und Marmor elegant ab – immer wieder in verschiedenen Kombinationen. Mal dominiert Holz, dann wieder Marmor, das Holz an den Wänden mal flach wie eine Bretterwand installiert, mal dreidimensional in Backsteinform. Es gibt keine Gleichförmigkeit, das Überraschungselement wird konsequent durchgehalten. Die Ladenmöbel der neuen Menswear-Abteilung stammen von den Dula-Werken Dustmann aus Dortmund. Das gleiche Unternehmen ist auch bei der Erneuerung des Erdgeschosses – die erste von drei Bauphasen wurde gerade abgeschlossen – maßgeblich beteiligt.

Spektakulär sind die Mannequins, die in sehr verschiedenen Farben, Materialien und Varianten auftauchen – mal stehend, mal neben dem Käufer auf der Couch sitzend – so interessant, dass Besucher zur Kamera greifen und fotografieren. Einzelhandel und künstlerische Inszenierung treffen in wunderbarer Weise zusammen.

Im neuen Layout wurde die Shop-in-Shop-Konfiguration aufgegeben, alle 270 Marken, darunter 50 neue Brands, werden auf zwei Etagen in sieben Boutiquen präsentiert, die verschiedene Kollektionen zusammenfassen und miteinander kommunizieren. So befinden sich gleich neben der Jeansabteilung die Regale mit den dazu passenden Schuhen und Assessoires. Ein Set-up, das stimuliert. Die Modefans stoßen so auf Marken, die sie bisher vielleicht nicht erwogen hatten. Die Bindung der Verkäufer an eine Marke wurde aufgehoben.

Die Abteilungen auf den ingesamt 2.600 qm sind in einer Weise verbunden, dass eine „mühelos“ in die andere hinüberleitet, der Kunde wird über kleine Treppen oder Schrägen regelrecht in den nächsten Raum hineingezogen. Licht, Designelemente, Musik – alles spielt zusammen. Durch die Neukonzipierung des gesamten Layouts entsteht ein leichter, entspannter Flow.

Harvey Nichols: Still kicking and alive

Benjamin Harvey eröffnete 1831 sein Wäschegeschäft in der Sloane Street Ecke Knightsbridge. Bereits 1835 begann die Expansion des Ladens, mehr und mehr Häuser in der Straße wurden dazugekauft. 1841 wurde James Nichols eingestellt, der 1848 Harveys Nichte heiratete. Benjamin Harvey starb 1850, seine Frau Anne leitete danach mit ihrem Schwiegersohn das Geschäft Harvey Nichols & Co.

Das Gebäude wurde 1889 abgerissen und vollständig neu gebaut. Debenhams erwarb 1920 das Geschäft. 1985 wurde wieder verkauft und die Burton Gruppe erwarb Debenhams einschließlich Harvey Nichols. Die Burton Gruppe wiederum verkaufte 1991 an den Hongkonger Geschäftsmann Dickson Poon. Alles wurde neu gestaltet, das Restaurant, das Café, die Bar und der Food Market. Harvey Nichols in London ist das Flagship-Geschäft. Am 17. Februar 2014 wurde Stacey Cartwright zum CEO ernannt. Sie konnte das Finanzjahr 2015/16 mit einem Gewinn von 13 Mio. Pfund abschließen.

Neu ist auch die glamouröse „Concierge Suite“, ein sehr privater Raum mit Umkleidekabinen, die entweder einzeln oder zu einem großen Raum zusammengelegt für die Kunden und ihre Freunde für Events zur Verfügung stehen. Alles steht dabei zur Verfügung: moderne Möbel, bequeme Sessel, Kunst, Internet und eine eigene Bar.

Niemals besiegt

Und was stellt nun das „Project 109“ dar, das mit großer Furore nur eine Woche nach der Neueröffnung der neuen Männerabteilung eröffnet wurde? Es ist ein integraler Bestandteil der Männerabteilung mit Friseur, Bar, Restaurant und Shop. Die 109 weist auf die Adresse des Geschäfts in Knightsbridge 109 hin. Darin befindet sich auch AONO, ein unabhängiges Friseurgeschäft, Friseur und Streatwear-Marke zugleich. AONO bedeutet „Always Outnumbered, Never Outgunned“, was so viel bedeutet wie „Immer in der Minderheit, doch niemals besiegt“.

Die „Contemporary“-Abteilung mit Casual-Mode (Foto: Harvey Nichols)

Die „Contemporary“-Abteilung mit Casual-Mode (Foto: Harvey Nichols)

In Project 109 befindet sich auch Wallpaper Bar + Kitchen, das in Partnerschaft mit der Designzeitschrift Wallpaper entstanden ist. Alles ist hier bis ins letzte Detail ausgefeilt, natürlich auch die Uniform des Personals vom Label NN.07. Das NN steht für No Nationality. Der neue, separate Eingang von der Seville Street macht es möglich, dass Frühstück bereits ab acht Uhr morgens serviert werden kann, am Abend wird das Restaurant zur Bar, geöffnet ist bis 23 Uhr.

Der Clou von Project 109 aber besteht darin, dass der Raum monatlich neu kuratiert wird. Zur Eröffnung stand die Marke Hypebeast im Mittelpunkt, deren 10-jähriges Markenjubiläum wurde mit der Ausstellung „Hypebeast Kicks“ zelebriert, eine Kollektion der beliebtesten Sneakers. Des Weiteren wurden die Marken Printing Live, Maharishi und Gasius präsentiert. Es gab limitierte Sortimente, die nur an einem Samstag im Project 109 erhältlich waren. Nach dem Motto: Wer es verpasst hat, hat es verpasst. Immer wieder exklusive, zeitlich begrenzte Events sollen das Interesse wach halten. In den Sommermonaten gibt es ein neues Projekt, bei dem sich alles um die 15-jährige Zusammenarbeit mit dem Designer Neil Barrett dreht.

Die Männerabteilung war nur der Anfang. Nun geht es Stockwerk für Stockwerk weiter. Ende Juli wurde die neue Beauty-Abteilung eröffnet. Und besonders online gibt es viele Veränderungen, die den Umsatz steigern sollen. Denn der Umbau hatte erst einmal dazu geführt, dass der Umsatz sank. Doch in 2016 konnte wieder ein Anstieg von 19 Prozent vermeldet werden. Harvey Nichols scheint also wieder auf dem Radar der Käufer zu sein mit seinem neuen, frischen Image.

Fotos (6): Harvey Nichols

Weitere Informationen: www.harveynichols.com

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