Komplimente für den lokalen Bezug | stores+shops

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Statt in der üblichen Kaffeebar bewirtet das Modehaus Mensing in Bottrop müde Kunden in einer ruhrgebietstypischen „Trinkhalle“, darüber Grubenlampen, im Hintergrund Warenpräsenter in Form einer Kohlen-Lore. (Foto: Achim Grothus, Bielefeld)

Komplimente für den lokalen Bezug

Der mittelständische Mode-Filialist Mensing hat das Erdgeschoss seines Stammhauses in Bottrop umgebaut. Da zwei Planungs- und Projektmanagement-Teams gleichzeitig aktiv waren, steht ein Teil der Womenswear-Fläche nun unter dem Bergbau-inspirierten Motto „Glück auf Bottrop“, wohingegen der andere wie ein Gewächshaus anmutet.

Geplante Sortimentsveränderungen waren der Auslöser: „Wir wollten in Bottrop ein moderates Trading-up unseres Damenmode-Angebots vollziehen und dafür ladenbaulich den passenden Rahmen schaffen“, sagt André Gunselmann, geschäftsführender Gesellschafter der Mensing Holding. Diese betreibt insgesamt sieben Modehäuser in Mittelzentren Westfalens und Niedersachsens mit Verkaufsflächen zwischen 1.200 und 3.000 qm.

Zunächst lautete der Plan, „lediglich“ die Abteilungen „Exquisit“ und „Modern Woman“ im Erdgeschoss, zusammen etwa 750 qm, umzubauen. Moysig Retail Design aus Herford kreierte dafür das Designkonzept „Glück auf Bottrop“. „Meine Mitarbeiter waren begeistert, als sie die Entwürfe sahen, meinten aber, dann müsse die Young-Fashion-Abteilung ebenfalls modernisiert werden, um optisch nicht zu sehr abzufallen. Sie liegt zwar wenige Stufen höher, aber dennoch im Parterre“, erklärt der Geschäftsführer. Er ließ sich von der eigenen Mannschaft überzeugen. Da die Zeit nun drängte, beauftragte er mit dem niederländischen Unternehmen Vorm Martini ein zweites Projekt-Team, um dieser 250 qm großen Fläche eine zeitgemäße Optik mit stimmiger Anbindung an das Glück-auf-Konzept zu verleihen.

In drei Bauabschnitten wurde das Erdgeschoss bei laufendem Betrieb umgebaut. Die Tür- und Luftschleieranlagen der zwei Eingänge wurden ersetzt, Böden, Deckeninstallationen, Elektrik, Licht und Lüftung erneuert. Die Entscheidung fiel für LED-Beleuchtung. Im März waren die Arbeiten abgeschlossen.

Lokaler Bezug

„Die Reaktionen seitdem sind überwältigend. Kundinnen bedanken sich im Verkaufsgespräch für das Einkaufserlebnis. Die meisten Komplimente betreffen den lokalen Bezug“, freut sich André Gunselmann. „Glück auf Bottrop“ – der Schriftzug und eine passend dazu entwickelte Grafik zieren nun mehrere Wände des Erdgeschoss-Areals. Auch ohne diesen Hinweis wird deutlich, welche Geschichte die Abteilungen erzählen, prägende Elemente der Region wurden aufgegriffen. Der Charme der Industriekultur kommt auf moderne, nicht retro-kitschige Art rüber. Die Hauptrolle in der Inszenierung spielt das Wahrzeichen Bottrops, das Tetraeder, der auf einer Bergbau-Halde erbaute Aussichtsturm in Form einer dreiseitigen Pyramide. Strukturen des Tetraeders finden sich bei Lichtinstallationen, Stühlen, Warenträgern oder dem kohleschwarzen 3-D-Wandbelag der „Exquisit“-Abteilung wieder.

Den Übergang zum Modern-Woman-Bereich markiert die Silhouette eines Förderturms als Raumteiler. Grubenlampen sorgen für stimmungsvolle Beleuchtung über Warentischen, im Mittelraum kommen den Transport-Loren nachgeahmte Möbel zum Einsatz, während Grubenhelme als Installation das Deckenauge schmücken. Die Ruhrgebiets-typische „Trinkhalle“ an der Kopfseite der Fläche dient als Treff- und Erholungspunkt, an dem sich die Kundinnen und ihre Begleiter mit Getränken erfrischen können. „Die neuen Verweilzonen werden so gut frequentiert, dass die Gastronomen in der Umgebung schon Sorge haben“, schmunzelt André Gunselmann.

Viel Grün

Das Ruhrgebiet ist grün, wie viele Besucher von außerhalb immer noch überrascht feststellen. Stilisierte Bäume, die Pfeiler und Stützen verkleiden, symbolisieren die bewaldeten Flächen in und rund um Bottrop. Naturnah und mit warmer Ausstrahlung geben sich auch die Böden. Eine Eiche-Optik von Objectflor kommt für den Loop zum Einsatz, ein anderer Eichen-Boden von Joka auf den Präsentations-Flächen. Grün gestrichene Wände bilden den fließenden Übergang zum Junge-Mode-Bereich, der mit Gewächshaus-Charakter aufwartet. Die Rückwände vor den drei Schaufensterfronten wurden entfernt, diese zeigen sich nunmehr völlig offen, was ein einladendes Bild ergibt.

Kontrastprogramm: Die Young-Fashion präsentiert sich bei Mensing im „Gewächshaus-Thema“ – große offene Schaufensterflächen und viele grüne Pflanzen. (Foto: Achim Grothus, Bielefeld)

Kontrastprogramm: Die Young-Fashion präsentiert sich bei Mensing im „Gewächshaus-Thema“ – große offene Schaufensterflächen und viele grüne Pflanzen. (Foto: Achim Grothus, Bielefeld)

Auch die weitere Gestaltung der Young Fashion ist locker, lässig und luftig. Den Blickfang bildet ein großer Stahlrahmen in der Raummitte, für die ein Mosaikboden ausgewählt wurde. Er ist umgeben von einem Eichen-Parkett von Weitzer Parkett. Weitere Stahlrahmen sowie Tische in verschiedenen Größen, Höhen und Farben wurden über das Store-Areal verteilt, Teppiche nehmen ihnen ihre „Nüchternheit“ – ebenso wie diverse Gewächshaus-Accessoires und natürlich all die echten Pflanzen, die teils in Töpfen stehen, teils kopfüber von der Decke hängen. „Auf den ersten Blick hat der ein oder andere gedacht, wir wären ein neues Blumengeschäft. Die Menschen sind beeindruckt, da sie eine solche Mode-Darbietung bisher noch nicht gesehen haben“, erzählt André Gunselmann. Eine Mitarbeiterin der Dekorationsabteilung ist nun für die Pflege der grünen Pracht verantwortlich, die es einmal wöchentlich zu gießen gilt.

In puncto Sortiment hat Mensing Marken-Flächen und Multilabel-Welten miteinander kombiniert. Nur ein einziger Shop mit Original-Mobiliar des Lieferanten wurde integriert. „Der Shop fügt sich harmonisch in unsere Gestaltung ein. Einen Fremdkörper hätten wir nicht akzeptiert“, so der Geschäftsführer. 

Modehaus Mensing, Bottrop

Adresse: Osterfelder Straße 8, 46236 Bottrop
Verkaufsfläche: insgesamt 2.600 qm
Planung/Projektmanagement „Glück auf Bottrop-Areal“ (750 qm EG): Moysig Retail Design, Herford
Planung/Realisierung „Gewächshaus-Areal“ (250 qm EG): Vorm Martini, Groningen/Niederlande

Fotos (5): Achim Grothus, Bielefeld

Der Luxus, völlig individuell zu planen

André Gunselmann, geschäftsführender Gesellschafter der Mensing Holding, Bottrop, hält ein Plädoyer für individuellen Ladenbau.

Sie bringen gerne Lokalkolorit in Ihre Stores. Was sind die Beweggründe dafür?

Wir sehen es als unsere Chance und unseren Auftrag, uns vom Wettbewerb abzuheben. Identität vor Ort zu schaffen ist eine Möglichkeit, die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit abzuholen und ihnen eine emotionale, unverwechselbare Einkaufsstätte zu bieten. Mit unserer Dorstener Filiale, die es als Best-Practice-Referenz in das Buch ‚Läden 2010‘ geschafft hat, haben wir diesen Weg erstmals eingeschlagen. Beispielsweise ziert dort das Bild des alten Rathauses die Kassenrückwand, und die Rolltreppenanlage wird, in Anlehnung an die olympischen Erfolge der heimischen Ruderer, von einem Boot geschmückt. Bestärkt von der positiven Kundenresonanz trauen wir uns seitdem zunehmend mehr, mit dem bisherigen Höhepunkt jetzt in Bottrop.

Der Umbau in Bottrop wurde im März abgeschlossen. Wie läuft das Geschäft seitdem?

Die Modernisierung des Erdgeschosses entwickelt Strahlkraft auf das gesamte Haus, das aktuell ein Umsatzplus von 25 Prozent verzeichnet. In den umgebauten Bereichen ist der Zuwachs sogar noch deutlich höher.

Werden Sie das Bottroper Konzept auf andere ihrer derzeit sieben Standorte übertragen?

Nein. Als nächstes steht im kommenden Jahr der Umzug unserer Filiale in Rheine in die gerade entstehende Ems-Galerie an. Rheine ist im Gegensatz zu Bottrop nicht vom Bergbau geprägt, sondern hat andere Wiedererkennungswerte. Wir werden uns daher auch dort den Luxus leisten, völlig individuell zu planen. Wir halten uns an unserem Dachmarkenkonzept fest, uns als sympathisches Modehaus zu positionieren, das in Mittelzentren ein relevantes Sortiment für die ganze Familie in angenehmer Atmosphäre offeriert.

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