Mercedes Benz war hier. Die bodentiefe Glasfront des früheren Auto-Showrooms kommt dem Storedesign des Inneneinrichters Habitat entgegen, der an dem Standort die Nachfolge angetreten hat. Die Erdgeschoss-Fläche des Stores ist zugleich das zentrale Atrium des kompletten Gebäudes. Dieser Innenhof lässt den Blick an einer innenliegenden Büro-Fassade in die Höhe klettern. In der 8. Etage trifft das Auge auf ein Stück Glasdach, das Tageslicht hinunter auf die Verkaufsfläche schickt. Die „kathedrale“ Raumwirkung wird durch in die Höhe strebende Rundpfeiler im Eingangsbereich betont.
Die historisch und kulturell bedeutsame Adresse Potsdamer Platz wurde von der Habitat-Unternehmensführung bewusst gewählt. „Der Potsdamer Platz steht für die Neuentwicklung der Stadt. Wir erreichen hier Kulturinteressierte, Shopping-Fans, Touristen und die Angestellten der umliegenden Büros und Unternehmen“, meint Store-Manager Steve Brandt. Der Umbau umfasste nicht nur die Umwidmung der Auto- zur Möbelfläche, zudem wurde das erste Geschoss des Gebäudes als Ladenfläche erschlossen. Dafür musste die Büroetage geöffnet und die Innenfassade entfernt werden. Das so entstandene Store-Geschoss ist über eine neu eingebaute, freitragende Treppe mit dem Erdgeschoss verbunden.
Habitat, Berlin
Adresse: Potsdamer Platz 7, Berlin
Eröffnung: 25. September 2015
Fläche: 1.600 qm
Etagen: 2
Sortiment: Wohnungsdesign und Einrichtungsgegenstände für das ganze Haus, darunter viele Habitat-„Klassiker“
So kam ein auf den ersten Blick ungelenk anmutender Grundriss zweier in Flächenverteilung, Deckenhöhe und Raumwirkung völlig unterschiedlicher Ebenen zustande. Das EG erstreckt sich über vergleichsweise kompakte 600 qm. Die weitaus größere Fläche von 1.000 qm im Obergeschoss verteilt sich auf ein vollkommen asymmetrisches, in die Länge gezogenes Raum-Ensemble aus drei aneinandergereihten, ungleichmäßigen Raumflächen mit vielen Ecken und Winkeln. Die Treppe stößt im mittleren Segment darauf, sodass der Besucher die Wahl hat, sich nach rechts oder nach links zu orientieren. Die Räumlichkeiten der oberen Etage grenzen an eine Art Galerie mit Balustrade zum Atrium hin, die den Blick auf das EG freigibt und so die Etagen optisch zu einem Ganzen werden lässt.

Eine ehemalige Bürofläche wurde für die Verkaufsfläche im Obergeschoss aufgebrochen. (Foto: Habitat)
Mit diesen aus dem üblichen Rahmen fallenden Räumlichkeiten fühlt sich Habitat perfekt repräsentiert. „Habitat steht nicht für die praktische, aber ‚gesichtslose‘ Hallen-Atmosphäre eines Möbelmarkts und auch nicht für klassische Wegeführung durch endlose Abteilungen“, sagt Steve Brandt. „Wir haben hier eine Raumsituation geschaffen, die der Aufteilung eines klassischen Wohnhauses sehr nahe kommt.“ Und so besteht die Erdgeschossfläche aus einer Art Foyer mit Empfangsbereich, „Swing Area“ für Events und Aktionen und die Kassen unterhalb der Treppe. Daran angegliedert sind Küche, Wohn- und Esszimmer und die Abteilung für Wohn-Dekoration – dem Erdgeschoss eines üblichen Einfamilienhauses nicht unähnlich. Zwischen Verkaufsfläche und den hohen Fensterfronten verläuft kein Trennelement, sodass der Tageslicht-Einfall voll zur Wirkung kommt und Kunden auch schon mal auf Sofas mit unverstelltem Blick auf die Straße Platz nehmen.
Im oberen Geschoss dann gelangt man in die „privateren“ Räume, also für Kinder- und Schlafzimmermöbel, Badezimmer-Accessoires sowie zur Büro- und Lampenabteilung.
Diese „intuitive“ Wegeführung soll, so Steve Brandt, zum Bummeln einladen sowie dazu, auch in der Mittagspause in einer halben Stunde das aktuelle Produkt-Sortiment erkunden zu können. Insgesamt werden rund 3.000 Produkte präsentiert, immer unter der Prämisse, Sofas und Tische nicht aneinanderzureihen, sondern die Kollektion weitgehend in Room-Sets zu zeigen, also in lebensnahen Raum- und Wohnsituationen inklusive der dazugehörigen Accessoires, um dem Kunden realistische Gesamtbilder zu vermitteln. Natürliche Materialien wie Echtholz- und Fliesenböden bestimmen die Ausstattung des Stores. Die Innenarchitektur wurde in der Pariser Zentrale des Unternehmens geplant und von ortsansässigen Berliner Firmen ausgeführt.
Im OG umrundet der Laufweg einen innenliegenden Gebäudetrakt, in dem der Aufzug, die Sozialräume sowie ein Lager für Kleinteile untergebracht sind. Innerhalb der Abteilungen ist der direkte Zugriff auf Lampen und Kleinteile durch integrierte Lagerfläche unterhalb der Präsentationsebenen in Regalen und Warentischen sichergestellt. Sofas, Tische und andere Großmöbel können im mit Pkw erreichbaren Lager in Wedding/Moabit abgeholt oder von dort geliefert werden.
Fotos (3): Habitat
Weitere Informationen: www.habitat.de
Habitat: Wechselvolle Geschichte
Gegründet wurde Habitat 1964 in London von dem britischen Designer Terence Conran. „Erschwingliches Möbeldesign in Innenstadtlagen“, so lautete das damals innovative Konzept. Die europäische Expansion startete ab 1973 mit einem ersten Store in Paris und erst Mitte der 90er-Jahre mit einzelnen Filialen in Deutschland (Düsseldorf, Köln, Hamburg, Stuttgart).
Conran stieg 1990 aus. Nach wechselnden Eigentümerverhältnissen – darunter eine Zeit unter Ikea-Dach – wurden die britischen Filialen insolvent, die profitablen Filialen in Deutschland, Frankreich und Spanien gingen an Cafom, einen auf Wohnungseinrichtungen spezialisierten Großhandel mit Sitz in Paris. Nach einem Konsolidierungskurs strebt das Unternehmen seit seinem 50-jährigen Jubiläum im letzten Jahr wieder Wachstum an. Nach Neueröffnungen in China, den arabischen Ländern und Frankreich wurde die Hamburger Filiale erneuert und eine neue Filiale in Frankfurt in diesem Frühjahr eröffnet.
Weitere Informationen: www.habitat.de
Britische DNA und französischer Einfluss
Daniel Lambert, Country Manager bei der Habitat Deutschland GmbH, gibt Einblick in die Zukunftspläne der Marke.
50 Jahre Habitat: Wie viel Vergangenheit steckt im aktuellen Erscheinungsbild von Habitat heutzutage?
Glücklicherweise wieder sehr viel – ohne dabei die Gegenwart und die Zukunft zu missachten. In einer kurzen Phase – zwischen dem Verkauf durch Ikea und dem Kauf von Habitat durch Cafom – hatte Habitat seine „Designseele” verloren und sich unter anderem mit billigsten Importen beschäftigt. Das hat der Marke nicht gut getan. Mit dem Designer Pierre Favresse ist die notwendige Kontinuität jedoch wiederhergestellt worden. Die Weiterentwicklung wird beim Storedesign deutlich. Schon der Hamburger Store, den wir im März dieses Jahres eröffnet haben, ist von der Architektur, den Materialien und der Farbauswahl nicht mehr mit den bestehenden Stores in Düsseldorf, Köln und Stuttgart vergleichbar. Dieser Wechsel wird hier in Berlin nun deutlich verstärkt.
Ursprünglich britisch – heute französisch: Wie viel ursprüngliche DNA steckt in Habitat Deutschland?
Es war immer eine Herausforderung für uns in Deutschland, das Beste der britischen DNA zu importieren und diese Essenz mit den deutschen Gepflogenheiten zu vereinen. Das Gleiche gilt nun für den französischen Einfluss. Im Grunde genommen ist Habitat eine echte europäische Marke, die mit Leichtigkeit die nationalen Gepflogenheiten adaptiert.
Expansion in Deutschland: Was sind die nächsten Etappen?
Idealerweise finden wir demnächst einen geeigneten Standort in München. Wir sehen das Wachstum der Marke in jedem Land in einer Kombination aus eigenen Läden und Franchisenehmern. Unter der Marke Habitat werden weltweit zurzeit über 80 Geschäfte betrieben, nächstes Jahr wollen wir die 100er-Marke überschreiten.