Vor gut zehn Jahren wurde die traditionelle Markthalle Schrannenhalle in München wieder aufgebaut. Das Gebäude aus dem Jahre 1853 mit seinen markanten gusseisernen Säulen und der lichtdurchfluteten Weite hat seitdem vier Mieterwechsel hinter sich. Dieses Mal soll es klappen: mit Eataly und seinem Gourmet-Markt. Die Italiener, die weltweit bereits mit 26 Filialen unterwegs sind, scheinen für die Schrannenhalle wie geschaffen. Sie beleben traditionelles Marktgeschehen mit Restaurants, Produktionsstätten und einer Kochschule. Auf 4.600 qm und drei Ebenen sind neben dem Food-Markt 16 Restaurants, neun Schauwerkstätten, ein Event-Bereich, eine Kochschule und zwei „didaktische Bereiche“ untergebracht.
Architektonisch wirkt die Halle endlich wieder wie eine Halle: hell, weit, ohne verschachtelte Einbauten, dafür mit den frei gehaltenen, wunderschönen Säulen des Industriedenkmals. 10.000 primär italienische Produkte und insgesamt 750 Plätze warten auf viele Besucher.
Die Aufteilung der großen Fläche war für den Architekten Carlo Piglione eine Herausforderung. Da die Restaurantzeiten und die Verkaufszeiten unterschiedlich sind, musste die Marktfläche von den Restaurants klar getrennt werden. Optisch und logistisch eine Aufgabe, die geschickt gelöst wurde: Im Zentrum der Halle zwischen den beiden Haupteingängen liegt die „Piazza“ mit einer Wein- und Getränke-Bar, einer Trüffel-Degustation und einer Wurst- und Käsebar sowie dem Kassenbereich. Auf der Seite zur Prälat-Zistl-Straße reihen sich Restaurantflächen für Gerichte mit Gemüse, Fleisch, Pasta und Pizza aneinander. Hier fällt der mit goldenem Mosaik verkleidetet Pizzaofen besonders auf.
Bayrische Produkte
Gegenüber der Blumenstraße liegen die Feinkostabteilungen mit Delikatessen aus ganz Italien und einigen regionalen Herstellern aus Bayern. Denn die Idee hinter Eataly beinhaltet einen kulinarischen Kosmos, der neben den italienischen Produkten auch regionale Produkte miteinbezieht. Obst und Gemüse sind an klassischen Marktständen zu finden, die mit feinen Stoffen veredelt wurden.
Der Ladenbau besteht aus weißen Regalen und Warenträgern. Dazu Nicola Farinetti, Sohn des Gründers und einer der CEOs: „Die Aufmerksamkeit soll den Produkten gelten. Deshalb haben wir uns für eine schlichte Version entschieden. Wichtig ist uns hingegen die Information über die Lebensmittel. Und die ist an jedem Regal gut sichtbar integriert.“
Die gesamte Innenausstattung wurde von der Costa Group aus La Spezia in fünf Monaten gestemmt. Auch ein Kochbuchladen, eine Haushaltswarenabteilung, eine Espressobar und eine chromblitzende Eisdiele befinden sich im Erdgeschoss. Zudem ist eine 200 qm große Fläche des Fahrradherstellers Bianchi integriert. Warum gerade Zweiräder? Das erklärt Luca Baffigo, Managing Director, so: „Jeder Eataly hat ein Motto. Das Münchner lautet ‚nachhaltige Mobilität’. München gehört zu den deutschen Städten mit der höchsten Anzahl von Fahrrädern pro Einwohner. Für uns ist das Fahrrad neben Elektrofahrzeugen das Fortbewegungsmittel der Zukunft.“
Schokoladenbrunnen
Im Untergeschoss ist eine riesige Wein- und Bierabteilung mit einer Bar untergebracht. Auch der Verkaufsfläche des Schokoladenherstellers Venchi wurde hier großräumig Platz gewährt – inklusive zwei riesigen Schokoladenbrunnen. Im hinteren Bereich erlaubt eine große Glasfassade einen Blick in die Schokoladenproduktion. Die Kochschule „La Scuola“ mit Kursen zu italienischen Spezialitäten bietet Platz für 30 Personen.
Zwei Zwischengeschosse à 250 qm erweitern die Fläche, ohne der „Schranne“ den großzügigen Hallencharakter zu nehmen. Im südlichen Obergeschoss fällt der in Rot gehaltene Eventbereich ins Auge. Hier sollen Firmenveranstaltungen, Verkostungen und Lesungen stattfinden. Für den Dezember ist ein Weihnachtsmarkt geplant. Zum Nordosten bietet das Restaurant Adriatico des Starkochs Lucio Pompili eine ausgewählte Menükarte.
Die hochwertige Ausstattung fällt in der ganzen Halle auf. Der Architekt Carlo Piglione sagt dazu: „Wir wollen hier nicht nur italienische Delikatessen anbieten, sondern auch ein Zeichen für das italienische Design setzen.“ Die massiven Holztische und Hocker im mittleren Restaurantbereich sind aus Zedernholz von Riva 1928, alle Stühle stammen von Kartell, die gesamte LED-Beleuchtung von Artemide. Piglione weist in diesem Zusammenhang auf die „Fonoassorbente“-Lampen hin. Diese Deckenleuchten geben nicht nur Licht, sondern schlucken auch den Schall. Parkettfußboden aus Eichenholz ist durchgängig in allen Gastro-Bereichen zu finden. An den Marktständen ist Fliesenboden von Caesar eingebaut.
Daten + Fakten: Eataly, München
Adresse:: Schrannenhalle, Viktualienmarkt 15, München
Eröffnung:: 26. November 2015
3 Ebenen:: Erdgeschoss und Untergeschoss, zwei Zwischengeschosse, insgesamt 4.600 qm
Gastronomieplätze:: 750
Mitarbeiter:: 220
Architekt (hausintern):: Carlo Piglione und Team
Lampen und Beleuchtung:: Artemide
Parkettfußboden:: Brondello Parquet
Steinfußboden:: Caesar
Stühle:: Kartell, Driade
Ladenbau:: Costa Group, La Spezia
Umbauzeit:: 5 Monate
Investition:: rund 7 Mio. Euro
Nicola Farinetti betont noch einmal die Idee seines Vaters: „Wir verkaufen keine Lebensmittel. Wir verkaufen Geschichten in einer historischen Markthalle Münchens.“ Auch für das nächste Jahr hat sich das Turiner Unternehmen viel vorgenommen. In New York soll eine zweite Location im World Trade Center eröffnet werden, außerdem stehen Boston und Moskau auf der Agenda.
Fotos (4): Eataly
Weitere Informationen: www.eataly.net