Zwischen Ästhetik und Ökologie | stores+shops

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Hans Boodt demonstrierte, was naturalistisch bedeutet

Zwischen Ästhetik und Ökologie

Die Display Mannequins der Zukunft wurden auf der EuroShop aufwendig in Szene gesetzt und verbreiteten in Halle 4 bunte Laufsteg-Atmosphäre. Namhafte Aussteller zeigten jede Menge Innovationen und damit die ganze Bandbreite der neuen Figuren-Generationen.

Die wichtigsten Themen bei Display Mannequins waren dynamische Posen, eine schlankere Silhouette, naturgetreue Details, eine fortschreitende Individualisierung des Angebots sowie das Thema Nachhaltigkeit. Auf großer Fläche hatte abc Mannequins ein edles Galerie-Ambiente geschaffen. Minimalistisch und hochwertig gingen die Figuren mit Giorgio de Chirico-Zeichnungen eine anspruchsvolle Symbiose ein. Die neue Figurenkollektion „Ophelia“ von abc Mannequins zeigte Ähnlichkeit mit den 12 Figuren-Skizzen. Außergewöhnlich an der neuen Kollektion waren Holzköpfe und mit Alcantara überzogene Oberkörper. Auffällig ging es an den Außenwänden des wunderschönen Standes zu: Japanische Grunge-Optiken überraschten ebenso wie Fetisch-Szenen und aufwendige Figuren-Gruppen im Stil des Rokoko – mehr Inszenierung geht nicht. Der ebenfalls aufwendig gestaltete Stand der neuen Marke Genesis Display sorgte vor allem durch eine bunte Licht-Installation für Aufmerksamkeit. Violett, Smaragd, Gold oder Rot – die überwiegend weißen Figurengruppen stellten sich immer wieder anders dar. Der niederländische Hersteller Hans Boodt sorgte für Humor am Eingang: Drei Anti-Figuren mit Bauch und Glatze luden den Besucher in einen schlichten Stand voller Innovationen ein. Penther und Vertex hoben sich komplett von der Konkurrenz ab: Eine authentische Werkstatt-Nachbildung demonstrierte nicht nur  die aufwendigen künstlerischen Arbeitsschritte, sondern auch den sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Der kleine Stand sorgte somit für viel Aufmerksamkeit. Das belgische Unternehmen Bonami setzte in der Präsentation auf eine abstrakte Gestaltung gemischt mit organischen Formen. Baumstämme waren der perfekte Hintergrund für die avantgardistischen Semi-Faceless-Mannequins.

Kunst am Körper

Auch der Stand von Almax war ein visuelles Highlight. An den Außenseiten wurden futuristische City-Szenen gezeigt, im Inneren vor dem Hintergrund prägnanter Fotos im Stil von Edward Hopper die neue Kollektion. Bei Moch Figuren ging es besonders vielfältig und spannungsreich mit Birkenwald und Pop-Art-Hintergründen zu. Statisch war gestern, die Mannequins des neuen Jahrzehnts leben von Bewegungs-Posen. Dr. Josef Moch sagte dazu: „Die Modelle sind so ‚bewegt’ wie noch nie. Provozierende, leicht erotische Ausstrahlung ist gefragt. Und das lässt sich vor allem durch dynamische Posen darstellen.“ Kniende, liegende, sich beugende Figuren mit den dazu präzise umgesetzten Armhaltungen wirken dynamisch und lebendig. Viel Fantasie wurde auch in die Kreationen der Outfits gesteckt. Moch hat seine Modelle von den Modeschülern der Modeakademie M3 in Hannover ausstatten lassen und während der Messe einen Fashion Award veranstaltet. Ralph Hutchings, Art Director von Window Mannequins aus Südfrankreich hebt die vielen Positionen seiner Mannequins hervor: „Wir haben für Demo-Zwecke eine Mini-Kollektion mit 30 Figuren ausgestellt. Das Echo war groß. Führende Designer haben diese Mini-Versionen geordert.“

Cofrad Mannequins realisierte bei allen vier zum Unternehmen gehörenden Marken eine Vielzahl ansprechender Posen. Die Modelle der hochpreisigen Linie „Patina V“ verbreiteten in Gruppen mit dynamisch bewegten Posen eine lebendige Atmosphäre. Die abstrakte weiße Kollektion war komplett mit Couture-ähnlichen weißen Papier-Outfits bekleidet. Die New Yorker Schule Preat & Paper hatte diese sensationellen Werke geschaffen, die bereits bei Macy’s für große Aufmerksamkeit sorgten und nach der Messe in weiteren US-Kaufhäusern gezeigt werden sollen. Auch im Design gibt es bei den Schaufensterfiguren essenzielle Neuigkeiten. Ein genereller Trend zu einer schmaleren Silhouette wurde von fast allen Marktführern umgesetzt. Vielleicht nicht so radikal wie bei Window Mannequins, die eine „Giant“-Kollektion vorstellten aus 2,10 Meter großen Figuren mit Konfektionsgröße 34/36. Auch die langgestreckten Modelle von Bonami wirkten fast wie Giacometti-Figuren. Anthrazitfarbene und kaffeebraune, matte Oberflächen betonten die edle Ausstrahlung der Mannequins. Die stumpfe Lackart schluckt viel Licht und leitet damit die volle Aufmerksamkeit auf die Mode.

Ob abstrakt oder realistisch, das Marktsegment entscheidet, welcher Stil angesagt ist und am besten zur Marke passt. Jörg Döring, Geschäftsführer von IDW, bringt die Sache auf den Punkt: „Die Handhabung realistischer Figuren ist einfach aufwendiger und erfordert einen professionellen Umgang. Frisuren müssen gepflegt werden.“ Und dafür fehlt oft das Personal. Trotzdem waren viele wunderschöne Modelle mit ausdrucksstarkem Make-up vertreten. Sehr edel und anspruchsvoll geschminkt wirkten die Mannequins von Window. Almax betonte den starken Trend zur Individualisierung. Die großen Modemarken wollen auch mit den Figuren ihre eigene Markenbotschaft ausdrücken. Gucci beispielsweise arbeitet nur mit abstrakten Hochglanzfiguren, die eine goldene Basis haben. Almax zeigte nicht nur viel Weiterentwicklung in der Ästhetik, sondern präsentierte auch eine Hightech-Neuheit: das „Eye see“-Mannequin. Es hat eine in das Auge integrierte Kamera, die Bildinformationen in marketingrelevante Daten umwandelt, zum Beispiel über die Verweildauer des Betrachter, sein Alter oder sein Geschlecht. Das Thema Umweltfreundlichkeit und soziale Verantwortung spielt auch in der Herstellung der Mannequins eine immer wichtigere Rolle. Große Unternehmen haben die Bedeutung erkannt und legen zunehmend Wert darauf, auch wenn der Preis oft noch im Wege steht.

La Rosa, die nur in Italien produzieren, betreibt zwei hochmoderne Fabriken in Mailand, in denen energieschonend produziert wird und wo nur recyceltes Material zum Einsatz kommt. Bei Penther und Vertex geht man noch einen Schritt weiter. Ein alternatives Material aus Raps und Sonnenblumenöl wird mit Härter gemischt und greift damit auf nachwachsende Rohstoffe zurück. Das findet zum Beispiel Interesse bei börsennotierten Modehändlern. Diese werden mittlerweile auch über ihren Nachhaltigkeits-Index bewertet. Die neue Marke Genesis Display hat in Kooperation mit DuPont eine haltbare Maisfaser entwickelt. Auch Almax arbeitet für die Marke Bottega Veneta an einer grünen Variante. Die großen Namen wollen und müssen eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Branche ist sich ihrer Verantwortung bewusst, schließlich werden allein in Deutschland jedes Jahr circa 50.000 neue Figuren eingekauft. Nach der diesjährigen Euroshop wird die Auswahl sicher nicht einfacher werden.

Fotos: Angelika Frank

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