Tokio dient Visual Merchandisern und Storedesignern als unschätzbare Inspirationsquelle. Dort befinden sich diverse Ansätze zu Themen wie Storytelling und Kundenerlebnis. Im Stadtteil Ginza sind Flagshipstores aller Premiummarken positioniert, in Harajuku die schrillen Boutiquen der Youth Culture und in Akihabara das Elektronikparadies. Elementar für die Zukunft des Retails ist die Frage, wie der Komfort des Online-Shoppings mit Hilfe neuer Technologien in den stationären Handel übersetzt werden kann. Tokio gibt Antworten darauf.
Services bieten
Japans größtes Kosmetikunternehmen Shiseido hat im Januar seinen Flagshipstore im Stadtteil Ginza wiedereröffnet. Jede der vier Etagen hat eine eigene Funktion mit verschiedenen Serviceleistungen. Das Storedesign ist inspiriert vom Vorgang des Schminkens – die Layer-Ästhetik zieht sich durch alle vier Etagen. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss dreht sich alles um Kosmetik. Außerdem gibt es im ersten Stockwerk einen „Skin Care Salon“. In der darüber liegenden Etage befinden sich ein Fotostudio sowie ein Haar- und Make-up-Salon. Die vierte Etage ist dem „Members Only“-Bereich gewidmet – mit einem Café sowie einem Privatbereich für Kosmetikbehandlungen. Shiseido setzt mit diesem Store neue Maßstäbe in Design und Servicequalität.
Selfie-Momente
Im Line Friends Store dreht sich (fast) alles um Emotionen. Line ist eine japanische Instant Messaging App mit weltweit über 700 Millionen Usern. Die Hälfte aller Nachrichten besteht aus Stickern von Charakteren, um Gefühlsstimmungen wiederzugeben. Der Line Friends Store repräsentiert die Hauptcharaktere dieser App. Auf drei Etagen werden eine umfassende Auswahl an Produkten wie Lieblingsfiguren wie Plüschtiere, Kaffeetassen und Schreibwaren angeboten. Der gesamte Store ermöglicht etliche „Selfie-Momente“, bei denen die Hashtags oft direkt mit angegeben werden. Die Verkaufsfläche zeigt, wie man mit gut geplanten Selfie-Momenten die sozialen Medien für seine Marke nutzen kann.
Storytelling im imaginären Birkenwald
Back to nature: Die britische Marke Hunter Boots holt die Natur in den urbanen Raum und bietet auf knapp 300 qm Verkaufsfläche Footwear, Outerwear und Accessoires. Der Store in Tokio ist neben der Fläche in London der weltweit zweite Flagshipstore der Marke. Vor dem Hintergrund seiner 160-jährigen Tradition hat Hunter Boots seine unverwechselbare DNA im neuen Storedesign konsequent und modern interpretiert. Betritt ein Kunde den Store, befindet er sich in einem imaginären Birkenwald mit einer schwebenden Dachkonstruktion. Die markentypischen Naturelemente werden harmonisch mit einem urbanen Umfeld in Einklang gebracht. Hunter Boots liegt damit im Trend, denke man an aktuelle Trends wie Urban Gardening und Urban Bird Watching, die in Berlin und anderen Metropolen Ausdruck einer wachsenden Sehnsucht nach Natur im städtischen Raum sind.
Stationen für individuelles Sneakerdesign
Unbequem gibt’s nicht – so das Credo im New Balance Store mit einer Verkaufsfläche von 1.400 qm, verteilt auf vier Etagen. New Balance setzt den Fokus auf die Bereiche Running und Lifestyle. Mit dem sogenannten „NB Stride“-System wird der Fuß in Weite, Umfang und Länge ausgemessen, um Kunden zu ermöglichen, direkt vor Ort den optimalen Schuh zu finden. In speziellen Stationen werden individuelle Sneakers designt, großflächige Screens zeigen aktuelle Materialtechnologien. Die Kleinen sollen Kunden von morgen werden: Im Kids Bereich befindet sich eine hinterleuchtete Lochwand, an der Konsumenten mit farbigen Acrylstäben kreativ werden können. Kurzum: Dieser Store bietet eine Mischung aus Ästhetik, Technologien mit Mehrwert und Unterhaltung.
Maßschneiderei: Dreidimensionale Körpermessung
Schräg gegenüber dem New Balance Store öffnete im Oktober 2017 der Asics Flagshipstore. Hier wurden zwei Retail-Flächen zusammengeführt, um die Marken Asics, Asics Tiger und Haglöfs inszenieren. Den Kunden werden Erlebnisse und Neuheiten geboten, die das Asics Institute of Sport Science entwickelte. Das Kernthema: alles nach Maß! Im Asics Fitness Lab und dem Asics Food ID werden Körpermessungen und Bewegungsanalysen durchgeführt – sie bilden die Basis für Empfehlungen zum richtigen Training und passenden Produkt. Der Custom Apparel Service bietet ebenfalls eine dreidimensionale Körpermessung und maßgeschneiderte Produkte. Naturholz, Pflanzen und schlichte Betonelemente setzen die neuen Technologien ansprechend in Szene.
Warensortiment via Touch-Display
„Xflag“ ist der Entertainment-Zweig des japanischen Social Media Giganten Mixi. Bekannt wurde es durch das 2013 veröffentlichte Mobile Game Monster Strike, das in diesem Jahr weltweit mehr als 45 Millionen Nutzer verzeichnet. Der Xflag verfügt über zwei Etagen. Im Erdgeschoss werden die Merchandising Produkte der eigenen Spiele angeboten. Im Untergeschoss gibt es ein Café mit einer Eventbühne. Der Verkaufsbereich stellt nur sehr wenige Artikel aus, das gesamte Warensortiment können Konsumenten ausschließlich über ein riesiges Touch-Display aufrufen. Mit der eigenen App des Händlers kann sich der Kunde an einem der Terminals vor dem Touch-Screen einloggen und sich durch das Sortiment klicken. Nachdem er die Ware in den virtuellen Warenkorb gelegt und über die App bezahlt hat, kann er die Artikel innerhalb weniger Minuten an der Pick-up-Station im Store abholen. Dieses Store-Konzept verknüpft die Erlebnisse des stationären Handels mit den Vorteilen des Mobile Shoppings.
Als einer der größten Shopping-Magneten Asiens und der ganzen Welt wappnet sich Tokio kontinuierlich für die Zukunft. Das muss es auch, denn die größte Konkurrenz lauert im Netz, das sich virtuell noch schneller neu erfinden kann.
Fotos: New Balance (2), Shiseido, Line Friends, Hunter, Asics, Xflag
Weitere Informationen: www.big-ideas.com