Wer noch vor einigen Jahren durch die Straßenschluchten von Manhattan ging, konnte den Eindruck gewinnen, dass die Stadt ihre besten Tage hinter sich hat: überall nicht vermietete Ladengeschäfte, Büros und ein U-Bahn-System, das sozusagen aus dem letzten Loch pfiff. Dieses düstere Bild hat sich in den letzten zwölf Monaten deutlich aufgehellt, denn einige der größten Einzelhandelsunternehmen der USA haben neue – große und kleine – Filialen in Big Apple eröffnet, und das, obwohl New York nach wie vor zu den kostspieligsten Standorten der Welt zählt.
Von der Glamour ausstrahlenden Kreuzung der 5th Avenue und 57th Street bis hin zu den umgewidmeten Gebäuden in SoHo, Lower Manhattan, mit ihrem Industrie-Chic haben zuvor leer stehende Flächen jüngst neue Mieter gefunden. Auch fällt auf, dass Investoren Geld in die Hand genommen haben, um aufgegebenen Ladengeschäften neuen Glanz zu verleihen und sie erlebnisreicher zu gestalten als manch einen durchschnittlichen Store auf einer der zahlreichen US-amerikanischen Einkaufsstraßen. Dadurch wirken diese jetzt wertiger und bieten ein besseres Kundenerlebnis.
Tiffany, 727 Fifth Avenue
Mit einer Verkaufsfläche von 10.000 qm ist das im Frühjahr dieses Jahres neu eröffnete Flaggschiff von Tiffany & Co. namens „The Landmark“ ein Besuchermagnet. Auf sechs Etagen finden Kund:innen Artikel für jeden Anlass, von Schmuck in der Abteilung „Diamond Skylight“ im Erdgeschoss über die Abteilung für Verlobungsringe im zweiten Obergeschoss bis hin zu „The Art of Living“ (Möbel und Haushaltswaren) im oberen Teil der Filiale. Wer Exklusivität wünscht, dem bietet Tiffany in separaten Räumen die Option zum Private Shopping. Darüber hinaus gibt es ein Café – hier fand „Breakfast at Tiffany’s einen Ursprung – und Cineasten können in einem wie eine Seitenkapelle gehaltenen Bereich das Kleid bestaunen, das Audrey Hepburn im gleichnamigen Film trug. Optischer Blickfang: Werke namhafter Künstler säumen jede Etage.
Portuguese Sardine, 1592 Broadway
Zwar erhält die Filiale von The Fantastic World of the Portuguese Sardine den Preis für das Geschäft mit dem längsten Namen in Manhattan, die Größe der Verkaufsfläche im äußersten Norden des Times Square fällt dafür umso bescheidener aus. Gleichwohl fand die Eröffnung im August große Beachtung, denn das im Inneren der Filiale umgesetzte Visual-Merchandising-Konzept sucht seinesgleichen: Jede Wand besteht aus hoch aufgestapelten, bunt lackierten Sardinendosen, die dem Raum den Charakter eines viktorianischen Spielzeugtheaters verleihen. Das Ladeninnere ist von Gold-, Aqua- und Rottönen geprägt und bildet damit einen Kontrast zur schwarzen Decke. Die gerafften roten Vorhänge, die hier und da die Rückwände zieren, sowie die übergroßen Spielzeugsoldaten wecken Assoziationen an ein Theater. Angesichts des Standorts steht dem Geschäftserfolg auch ein Verkaufspreis von 15 US-Dollar für eine Dose Sardinen nicht entgegen.
Glossier, 72 Spring Street, Soho
Mit der Filiale in der Spring Street feierte Glossier im April dieses Jahres seine Rückkehr, denn während der Coronapandemie musste das Geschäft der Beauty-Marke am Broadway schließen. Zwar befindet sich die Zentrale von Glossier ebenfalls im Bereich der Spring Street, doch bis zur Eröffnung der Filiale konnten die New Yorker Kund:innen lediglich online einkaufen oder sich in eine der vielen Sephora-Filialen in den USA begeben, wo Glossier im Frühjahr dieses Jahres sein stationäres Konzept neu startete. Wer der Laden betritt, gelangt in einen Bereich mit Beauty-Produkten im charakteristischen Pink der Marke. Hat man sich für einen Artikel entschieden, nimmt ein:e Mitarbeiter:in die Bestellung und die Zahlung über einen Tablet-PC entgegen. Anschließend begeben sich die Kund:innen zu einer Durchreiche, wo die Artikel verpackt und abholbereit entgegengenommen werden. Glossier erschafft ein hybrides Konzept aus Onlinestore und stationärem Einzelhandel, das darüber hinaus effektiv vor Ladendiebstahl schützt.
Petco, 44 Union Square East
Trotz der extrem dichten Bebauung und dem wenigen Stadtgrün fällt bei einem Spaziergang durch New York auf, dass es viele New Yorker gibt, die Haustiere halten und ihren Hunden und Katzen einen Lebensstandard gönnen, um den Vierbeiner in anderen Teilen der Welt sie beneiden würden. Diesen Bedarf versucht der landesweit vertretene Einzelhändler Petco mit seiner neuen Filiale am Union Square zu decken. Diese bietet auf zwei Geschossen eine Verkaufsfläche von mehr als 2.300 qm. Von außen strahlt das 94 Jahre alte Tammany-Hall-Gebäude, in dem die New Yorker Demokraten früher Politik machten, bürgerliche Imposanz aus. Der neokoloniale Bau wurde mit einem Glasdach versehen. Von einem Bereich, in dem Herrchen und Frauchen ihre Hunde selbst baden und trocknen können bis hin zu einer Theke mit frischem Tierfutter und einer Abteilung für Hundebekleidung findet sich hier alles für den verwöhnten Vierbeiner. Dabei ist das Geschäft so gestaltet, dass sich auch die Besitzer:innen wohlfühlen.
Banana Republic, 552 Broadway, Soho
Die Marke Banana Republic von Gap Inc. erfindet sich gerade mit dem Kürzel BR neu. Das Unternehmen hat die Präsentation seiner Waren optimiert und befindet sich inmitten eines Transformationsprozesses vom klassischen Modefachgeschäft zum Anbieter von Lifestyle-Artikeln. Das zweigeschossige Geschäft empfängt die Kundschaft mit einem großzügigen Foyer mit imposantem Kronleuchter. Doch die eigentliche Besonderheit ist der Sortiments-Mix aus Einrichtungsgegenständen und Modeartikeln. Der in Form von Wohnräumen gegliederte Store präsentiert Home-Artikel und Möbel in Kombination mit einem breiten Modeportfolio. Dies verleiht der Verkaufsfläche den Anschein einer vollständig eingerichteten Wohnung, deren Gesamtbild durch Fashion ergänzt wird. Bezahlt wird bei den Mitarbeitenden, die alle mit Handheld-Bezahlterminals ausgestattet sind. Wer es bar bevorzugt, kann seinen Einkauf in einem separaten Bereich im Untergeschoss abschließen.