EuroShop 2023: Weitsicht und Mut gefragt

„Die weltweite Handelsbranche steht vor den größten Herausforderungen in der Nachkriegsgeschichte“, fasst Ulrich Spaan, Mitglied der Geschäftsleitung des EHI, die aktuelle Situation zusammen. Neben den gestiegenen Kosten für Energie und Transport beeinflussen die politischen Verwerfungen, hohe Inflationsraten und die damit einhergehende Konsumzurückhaltung der Verbraucher:innen, aber auch der Personalmangel und die Nachwehen der Coronapandemie die Stimmung in der Handelsbranche.

Vor dem Hintergrund erscheint die EuroShop als Informations- und Netzwerkplattform relevanter denn je: Mit acht Ausstellungsbereichen und einem umfassenden Rahmenprogramm bietet die inzwischen 21. Ausgabe der im dreijährigen Turnus ausgerichteten Fachmesse für den Investitionsgüterbedarf erneut beste Chancen, ihrer Funktion gerecht zu werden.

Die aktuellen Rahmenbedingungen haben zur Folge, dass sich das Tempo der Digitalisierung des Handels in vielen Bereichen erhöht hat. Das spiegelt auch die überarbeitete Struktur der EuroShop wider: Retail Technology zählt zu den am stärksten wachsenden Ausstellungbereichen der Handelsmesse (Hallen 4 bis 7).

Neuesten Erkenntnissen der EHI-Studie „Technologie-Trends“ nach, die Ende Februar veröffentlicht wird, identifizieren die befragten CIOs und IT-Verantwortlichen aus der D-A-CH-Region KI und Machine Learning als wichtigste Entwicklung für die kommenden Jahre. Besonders deutlich wird dies beim Checkout.

Megatrends KI und Machine Learning

„Cashierless Stores“ rückten bereits auf der EuroShop 2020 in den Fokus. Die Herausforderungen der vergangenen Jahre haben die Verbreitung des Seamless Checkout geradezu befördert: Vor allem im Lebensmittelbereich schießen neue autonome Konzepte inzwischen wie Pilze aus dem Boden. Laut EHI-Markterhebung „POS-Systeme 2022“ werden zukünftig immer seltener klassische Filialserver in den Filialen der befragten Händler vorzufinden sein.

Sensorik und Bilderkennungstechnologien spielen für den digitalen Einkaufsprozess im Store eine zentrale Rolle, können inzwischen aber weit mehr. Auch im Bereich der Produkt- und Verhaltensidentifikation gewinnt die automatische Bilddatenerkennung mittels KI an Bedeutung. Moderne Netzwerk-/IP-Kameras – insbesondere HD-Kameras – liefern eine hohe Bildqualität.

Großes Potenzial bietet künstliche Intelligenz auch für die digitale Bilddatenanalyse. Darüber hinaus lassen sich mithilfe von KI Besucherfrequenzen im Store ermitteln und Heatmaps erstellen. In Verbindung mit anderen Applikationen wie smarten Regalen werden Sensorik und Bilderkennungstechnologien auf Verkaufsflächen u. a. zur Überwachung der Regalbestände eingesetzt, sind aber auch ein wesentlicher Bestandteil intelligenter elektronischer Preisschilder (ESL) sowie von Displays oder Waagen. Mehr Hallenfläche als bei der vergangenen EuroShop umfasst in diesem Jahr auch der Bereich Refrigeration and Energy Management, der sich über die Hallen 14 bis 17 erstreckt. Im Mittelpunkt stehen hier Lösungen, die zur Kostensenkung, Ressourcenschonung und dem Klimaschutz beitragen.

Um die Energiekosten möglichst gering zu halten, steigert der Einzelhandel seine Energieeffizienz, indem er in Kühl- und Beleuchtungstechnik investiert. Den erfolgreichen Bemühungen der Händler im verbrauchsintensiven Lebensmittelhandel, auf diese Weise die Stromkosten zu senken, stehen die steigende Energiekosten infolge des Krieges in der Ukraine gegenüber. Welche Optionen sich dem Handel bieten, zeigen auf der EuroShop neue Lösungen für Kühlmöbel, Kältesysteme, Klimatechnik, Wärmerückgewinnungsanlagen und ein smartes Gebäudemanagement.

Das größte Ausstellungsareal ist und bleibt der Bereich Shopfitting, Storedesign und Visual Merchandising (Hallen 10 bis 13) – das Herzstück der EuroShop. Vielen Retailern ist daran gelegen, ihre gesamte Wertschöpfungskette in Zukunft klimaneutral gestalten zu können. An den Ständen der Aussteller wird es deshalb vielfach um ein Thema gehen: Nachhaltigkeit. Dies betrifft auch die zukünftige Gestaltung von Verkaufsflächen. Möbel und Materialien sollen wiederverwertbar oder recyclingfähig sein. PPM Planung + Projektmanagement beispielsweise präsentiert ein eigens entwickeltes Tool, mit dem in der Konzeptionsphase von Verkaufsflächen die Ökobilanz der Einrichtung ermittelt werden kann.

Auch der Messestand von Jab Anstoetz fokussiert auf nachhaltige Materialien „wie Wolle und andere Naturmaterialien. Strukturierte und einige weiche und weichfließende Haptiken stehen im Fokus. Trendfarben wie Grüntöne in Kombination mit unterschiedlichen Pastell- und Beerentönen werden sich bei uns finden“, so Nadine Evering- Heitbrink von Jab Anstoetz.

Die Entwicklung von Display- Mannequins befindet sich ebenfalls im Umbruch. Statt aufwendiger Neuserien rücken bei den EuroShop-Ausstellern nachhaltige Produktionsprozesse und die Verwendung recycelbarer Rohstoffe in den Mittelpunkt. Und nicht zuletzt die Hersteller und Dienstleister von Bodenbelägen, Beleuchtungslösungen und Oberflächenmaterialien richten ihr Augenmerk verstärkt auf die „inneren Werte“ ihrer Produkte.

Fest steht schon vor Messebeginn: Die EuroShop wird auch in diesem Jahr die Fachwelt inspirieren, Trends aufzeigen und Impulse für den Handel setzen.