Schauen wir uns in Deutschland um, so definieren sich Discounter durch rationale Attribute wie niedrige Preise, Nähe zum Wohnort und genügend Parkplätze. Der Vorteil: Der Kunde macht nichts falsch – egal wo er einkaufen geht. Der Nachteil: So alltagstauglich die Prinzipien auch sind, die Emotionen seiner Kunden erreicht der Discounter nicht. Vielmehr sind es austauschbare Anlaufstellen für Routine-Einkäufe, die damit zu kämpfen haben, ihre Kunden langfristig an sich zu binden.
Dass das auch anders sein kann, zeigt der japanische Discounter Don Don Donki. Dieser wurde 1989 unter dem Namen Don Quijote von Takao Yasuda gegründet und packte zu den niedrigen Preisen noch eine spannende Zutat hinzu: das Erlebnis. Und das mit so viel Leidenschaft und einer multimedialen Präsenz, dass Menschen zwischen Abendessen und Clubbesuch vorbeikommen, um noch etwas Außergewöhnliches zu erleben. Was dort geboten wird, geht niemandem mehr aus dem Kopf. Beim Thema Unterhaltung schöpft Don Don Donki aus dem Vollen.
Es werden Aktionen geboten, die man so nur vom Jahrmarkt kennt – wie zum Beispiel das Riesenrad, das den Ladeneingang des Stores in Osaka schmückt. 2005 gebaut und 2008 wegen Bruchstellen stillgelegt, wurde es trotzdem zu einem Wahrzeichen Osakas. Aufgrund des großen Interesses wurde es schließlich repariert und läuft seit 2018 wieder.
„Menschen kommen zwischen Abendessen und Clubbesuch vorbei.”
Steven CichonVollgestopft
Doch auch das Innenleben der Filialen wirft alle Gewohnheiten über den Haufen. Die Läden sind bis unter die Decke vollgestopft mit Produkten. Sortiert wird nicht: Rückenkratzer neben Tiefkühlfisch, Smartphones neben Gebäck, und High Heels neben Glasnudeln. Angepriesen wird das Ganze von handgemalten Schildern, die von eigens dafür angestellten Schildermalern kreiert werden – immer passend zum jeweiligen Produkt, aber meist weit entfernt von dessen Corporate Design.
Ein Durcheinander von akustischen Werbebotschaften vermischt sich noch mit dem überall präsenten Jingle des Unternehmens. So entsteht in den engen Gängen ein Wirrwarr an Eindrücken, das die Kunden zu Schatzsuchern in einem Produkte-Dschungel werden lässt. Neben Amüsement setzt Don Don Donki strategisch auf zwei weitere Säulen: Convenience und Discount. So sind die Filialen in Japan rund um die Uhr geöffnet. Die Idee verdankt der Gründer einem Zufall während der Gründungsjahre: Wenn nachts beim Auffüllen der Regale das Licht im Geschäft brannte, gingen Passanten hinein und kauften Produkte. Und diese sind nicht nur Billigware: Auch Luxusartikel wie Hermès und Louis-Vuitton-Handtaschen, Apple-Laptops und Dom-Perignon-Champagner gibt es bei Don Don Donki sehr günstig. Bei den „großen Marken“ setzt man sich genauso über die ehernen Corporate-Design-Vorgaben hinweg und interpretiert die Logos auf Flyern und Schildern kurzerhand um – im Don Don Donki-Style.
Individuelles Sortiment
Hongkong, Japan, Singapur, Thailand, Hawaii, Kalifornien – egal wo man einen Store aufsucht, der Grundgedanke zieht sich durch. Was auffällt: Jede Filiale hat ihre Freiräume für die Gestaltung des Sortiments – die Kenntnis von der Lage und den Bedürfnissen der Menschen vor Ort ist der entscheidende Faktor. Damit zeigt Don Don Donki, dass es darauf ankommt, dass man den Kunden versteht und dieses Wissen dazu nutzt, um als Händler seine individuelle Geschichte zu erzählen. Die Angebote werden kulturell an die Bedürfnisse der Kunden angepasst, funktionieren aber identisch und sind wirtschaftlich gleich erfolgreich.
Aktuell ist geplant, die Zahl der Filialen von 322 auf 500 zu erhöhen – in Taiwan, den Philippinen und Malaysia. Auch auf dem US-amerikanischen Markt sollen laut Gründer Takao Yasuda noch mehr Filialen eröffnen. Da ist Europa auch nicht mehr weit.