Wie fühlt es sich zur Zeit an, Ihr Mode-Geschäft zu betreten?
Der Laden hängt voll mit neuer Frühjahrs-und Sommerware. Bei diesem Anblick wird einem natürlich schon etwas mulmig. Wir haben analysiert, was wir tun können, haben unsere Mieten pünktlich bezahlt und alle Mitarbeiter behalten. Für eine begrenzte Zeit können wir mit der Situation umgehen. Doch wie geht es weiter? Die drängendste Frage ist natürlich, was mit der Ware passiert.
Was ist Ihr Plan?
Wir hatten gleich die Idee, einen Link mit Fotos der schönsten Teile aus allen Kollektionen an unsere Stammkunden zu senden. Das haben wir getan: Wir haben rund 3.000 Artikel fotografiert, meine persönlichen Lieblingsstücke posten wir täglich auf Instagram. Wir bieten den Kunden Auswahlsendungen an, in der Hoffnung, dass sie sich in der aktuellen Situation eine Freude machen möchten. Ein Online-Shop ist übrigens nach wie vor nicht meine Zielsetzung. Ich glaube auch nicht, dass das die Lösung ist.
Was ist dann die Lösung?
Die Lösung kann nur sein, nachdenklicher mit dem Thema Konsum umzugehen. Die massenhafte Verbreitung von Ware ist grundsätzlich keine besonders gute Idee. Die Menschen müssen lernen, weniger zu kaufen: Besondere Dinge, an denen ihr Herz hängt, die mit Emotionen verbunden sind und die man lange trägt. Man muss eine andere Haltung entwickeln. Lieber zwei hochwertige Stücke als viele billige Teile aus Fernost.
Wie geht es weiter, wenn Sie am 20. April wieder öffnen? Zwingt der Wettbewerb Sie dann zu reduzierten Preisen?
Glücklicherweise haben wir bei vielen unserer Marken ein Alleinstellungsmerkmal, so dass wir dem Wettbewerb nicht so ausgeliefert sind. Zudem werden wir unsere Kunden mit der einen oder anderen interessanten Aktion überraschen und so – statt zu reduzieren – ein positives Signal setzen. Daher bin ich recht zuversichtlich, dass sie noch Lust haben, regulär bei uns zu kaufen. Vielleicht haben wir durch die aktuelle Situation ja auch die Chance, unsere Sommerware länger zu verkaufen und die Saisonrhythmen wieder den natürlichen Jahreszeiten anzupassen. Konsequenterweise müsste es dann aber auch einen staatlich verhängten Schlussverkauf geben.
Was würde das für den Einkauf bedeuten?
Es wäre wünschenswert, dass der Einkauf sich terminlich entspannen würde, so dass ich statt achtmal pro Jahr in Paris und sechsmal in Mailand dort nur noch zwei Termine jährlich wahrnehmen müsste. Das wäre möglich, wenn all die Cruise und Pre-Kollektionen wegfallen würden. Wer braucht das alles? In einer Situation, in der die Welt Kopf steht, muss man sich überlegen, ob man wirklich alles im Überfluss braucht.