Der Trend Gastronomie im Shopping-Center ist schon längst in der Praxis angekommen. Das zeigen die Zahlen des aktuellen EHI-Shopping- Center-Reports: Während vor wenigen Jahren noch etwa 6 Prozent der Verkaufsfläche aus Gastronomie bestand, ist der Anteil bei Neueröffnungen im Durchschnitt bereits auf knapp 20 Prozent angestiegen.
Das spiegelt sich auch im Umsatz wider. Die Handelsgastronomie in Deutschland erwirtschaftet rund 9,3 Mrd. Euro pro Jahr. Aktuell entfällt etwa ein Fünftel davon – also ca. 2 Mrd. Euro – auf Shopping-Center. Dieser Umsatzanteil dürfte in den kommenden Jahren noch weiter steigen, schätzen Experten.
Dass der Gastronomie-Anteil am Branchen-Mix der Shopping-Center zunimmt, lässt sich weltweit beobachten. Der International Council of Shopping Centers (ICSC) geht in einer Studie davon aus, dass Food bis 2025 insgesamt auf einen Durchschnittswert von 20 Prozent bei Einkaufszentren anwachsen wird. Zurzeit beträgt er laut ICSC schon 15 Prozent, während er vor einer Dekade gerade mal bei 5 Prozent lag.
Konsumausgaben steigen
Der Anstieg hat in Deutschland auch damit zu tun, dass die Konsumausgaben steigen. Im Vergleich zum Vorjahr sind sie laut dem Statistischen Bundesamt um 3,6 Prozent auf 1.735 Mrd. Euro gestiegen – der größte Anstieg seit 1994. Von diesem Anstieg haben auch Restaurants und Hotels profitiert – hier haben die Deutschen 4,9 Prozent mehr ausgegeben.
Diesen Trend bestätigen auch andere Studien wie etwa der Habona Report. Demnach hat der Umsatz im Außer-Haus-Konsum zwischen 2012 und 2016 um 11,1 Prozent zugelegt, während er Umsatz etwa bei Bekleidung um 7,6 Prozent zurückgegangen ist. Das hat auch etwas damit zu tun, dass sich die Einstellung zu Essen und Trinken allmählich grundlegend verändert, wie der Innovationsexperte Stephan Jung erklärt: „Viele Menschen identifizieren sich heute sehr stark mit dem, was sie essen.“
Von dem Konzept „altbackener“ Food-Courts hält Jung recht wenig. Wie sich hier die Branche weiterentwickelt, lässt sich beispielsweise bei dem portugiesischen Shopping-Center-Betreiber Sonae Sierra beobachten. „Seit wir unser erstes Center eröffnet haben, waren Food-Courts immer Bestandteil der Planung“, sagt Dirk von der Ahé, Leasing Manager Germany bei Sonae Sierra.
Dass sich sein Unternehmen schon früh intensiv mit dem Thema Gastronomie auseinandergesetzt hat, mag mit der südeuropäischen Mentalität zusammenhängen, wo Essen und Trinken seit jeher einen größeren Stellenwert einnehmen als in Mitteleuropa.
Die Herausforderung ist es, Angebote zu schaffen, die den ganzen Tag attraktiv sind.
Dirk von der AhéGeselliger Treffpunkt
Sonae Sierra hat seine Food-Court-Konzepte ständig weiterentwickelt und passt sie individuell den Standorten an. Mittlerweile ist man bei der dritten Generation Food-Courts angelangt, die nur noch wenig mit Food-Courts des alten Typus zu tun hat. Wie diese „Food-Halls“ den Betrieb eines ganzen Centers beeinflussen können, zeigt sich in Bukarest.
In der rumänischen Hauptstadt hat Sonae Sierra das Einkaufszentrum Parklake eröffnet. Der Gastronomiebereich ist als geselliger Treffpunkt konzipiert und besitzt eine Grünfläche, die sich mit einem der größten Parks der Stadt verbindet. Das kulinarische Angebot ist vielfältig und trägt unterschiedlichen Ansprüchen Rechnung. „Die Herausforderung ist, Angebote zu schaffen, die den ganzen Tag attraktiv sind“, sagt Dirk von der Ahé, also Gastronomieflächen, die nicht nur zur Stoßzeiten wie am Mittag belebt sind. Nahrungsaufnahme zur reinen Bedürfnisbefriedigung weiche hier einer Erlebnisgastronomie, und das zahle sich aus, so von der Ahé.
Ein ähnlicher Effekt lässt sich bei den Standorten der Burger-Kette Five Guys beobachten. Weltweit betreibt das amerikanische Unternehmen rund 1.500 Filialen, letztes Jahr fand der Markteintritt in Deutschland statt. Seitdem gibt es je eine Filiale in den Einkaufszentren Limbecker Platz in Essen und My Zeil in Frankfurt, die beide zu ECE gehören. Five Guys positioniert sich laut Daniel Sprenger, Head of Property Germany im gehobenen Bereich. Das Konzept, bei dem ein Burger 11-mal so viel kostet wie beim Branchen-Riesen, komme bei der Zielgruppe an. Von einem Five Guys-Standorte erhofft sich ECE, dass er das Center beleben und die Frequenz steigern kann. Five Guys setzt seine Expansion in Deutschland fort. Standorte sollen in den Top-20-Städten wie Berlin, München, Oberhausen oder Stuttgart entstehen.
Ob hochwertigere gastronomische Angebote das Allheilmittel für die kriselnde Shopping-Center-Branche sind, bleibt abzuwarten – nicht zuletzt auch deswegen, weil gute Gastronomie sich durchaus vom klassischen Fastfood-Business unterscheidet, wie der Münchner Gastronom Marc Uebelherr erklärt. Mit seinem italienischen Konzept „Oh Julia“ ist er in Mannheim im Q6Q7, in München in der Hofstatt und im Stuttgarter Dorotheen Quartier präsent. „Man muss sich der Mall und der Situation vor Ort anpassen“, sagt Uebelherr, „bevor man sich dann für einen Standort bewirbt, ist schon ein riesiger Weg zurückgelegt.“ Architektur und ein detailliertes Konzept stehen am Anfang.
Und nicht zuletzt gehe es um „Leidenschaft für Gastronomie“ und den persönlichen Einsatz vor Ort, die aus einem Konzept erst ein lebendiges Lokal mit dem nötigen Flair machen. Das sei sogar noch wichtiger, als hohe Summen zu investieren, die zwar notwendig seien, aber nicht über den Erfolg gastronomischer Konzepte entscheiden.