Planungen „aus der Schublade“ können die komplexen Anforderungen an Storedesign und Ladenbau kaum mehr erfüllen. Kundenerwartungen und Produktwelten sind differenzierter, die Anforderungen an Retail-Auftritte komplizierter geworden. „Leider wird mancherorts immer noch drauflos geplant, ohne wirklich zu wissen, was ein Händler eigentlich will und braucht“, meint Dirk Danker, Geschäftsführer von Danker Moretti und Berater für Marketing, Strategie und Unternehmensentwicklung. „Dabei ist es heute essenziell, bei Modernisierungen oder neuen Projekten genau ermittelt zu haben, was vom Ladenbau, dem digitalen Werkzeugkasten, der Corporate Identity, von Marketing und Kommunikation konkret erwartet wird – was die Zielgruppe erwartet, aber auch, was unternehmensintern die Geschäftsleitung und die Mitarbeiter erwarten.“
Der Beratungsbedarf und der Austausch mit dem Kunden vor der eigentlichen Entwurfs- und Planungsarbeit werden deutlich umfangreicher, betont auch Maik Drewitz, Shop Consult Director bei Umdasch Shopfitting. „Wo früher ein gutes Design ausreichte, müssen heute strategische Fragen beantwortet werden wie: Womit kann Frequenz geschaffen werden? Welche Zusatzangebote kommen in Frage, und wie können sie umgesetzt werden? Wie integriere ich Online?“
Um solche Fragen zu klären, werden bei Umdasch die Punkte: Store Check, Marktpositionierung, Zielgruppe, Sortiment, Digital Retail sowie analoge und digitale Mehrwertangebote Schritt für Schritt abgearbeitet. Diese Analyse- und Strategie-Phase vor dem Planungsstart treibt die Kosten eines Retail-Projekts laut Drewitz nicht zusätzlich in die Höhe, sondern, im Gegenteil, helfe auch sparen. Drewitz: „Dieser vorgelagerte Prozess befördert nicht selten die Einsicht zutage, dass es sinnvoll sein kann, nur einzelne Teilbereiche eines Stores zu verändern.“
Einige Unternehmen bieten inzwischen separate Coaching-Module an, um mehr Klarheit in der Planungsphase zu gewinnen – und um Handelsunternehmen Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten:
Danker Moretti: Klärungsprozesse
In intensiven Gesprächen beleuchten Danker Moretti „Wechselwirkungen und Beziehungsstrukturen zwischen Personen und Unternehmenszielen“, um die idealen konzeptionellen Rahmenbedingungen für neue Retail-Projekte zu erarbeiten. „Architekten und Ladenbauer schürfen in der Regel nicht so tief wie wir bei unseren Coaching-Sitzungen“, meint Dirk Danker. Meist reichen drei bis fünf Gesprächstermine mit der Geschäftsleitung bzw. der Führungsebene und je nach Projekt auch den Mitarbeitern aus, um ein rundes, schlüssiges Bild von Markenkern und unternehmenseigenem „Organismus“ herauszuarbeiten und gegebenenfalls Unstimmigkeiten und Widersprüche aufzuklären. „So fallen die nachfolgenden Briefings mit Architekten und Ladenbauern effizienter aus. Da gewinnen alle Beteiligten“, ist Danker überzeugt. Ein entscheidender Vorteil der Analysetechnik sei außerdem, dass sich die Coachees mit den Ergebnissen zu 100 Prozent identifizieren können, da sie unmittelbar beteiligt waren und sie größtenteils selbst erarbeitet haben. „So tragen sie ein Projekt voller innerer Überzeugung mit“, so Danker.
Moysig: Workshops
Michael Bonschenk von Moysig Retail machte die Erfahrung: „Das Markenbild eines Unternehmens verselbstständigt sich im Lauf der Zeit und wird auf den verschiedenen Führungsebenen unterschiedlich wahrgenommen und kommuniziert. Waren die unterschiedlichen Führungsebenen an der Aufgabenstellung beteiligt und wissen, wie ein Lösungsansatz zustande kam, stehen sie beim eigentlichen Projektstart geschlossen dahinter.“
Die Analyse hat uns dargelegt, wie ein zukunftsfähiges Golf House aufgestellt sein muss.
Frank EwersVor 18 Monaten ergänzte Moysig das hauseigene Leistungsspektrum um ein Workshop-Programm mit der Innovationsmethode „Design-Thinking“. Das Ziel ist, sich bewusst mit der Perspektive der Nutzer auseinanderzusetzen, um Fragestellungen der Customer Journey, des Raumdesigns oder des Markenbildungsprozesses zu beantworten – gerne in interdisziplinären Teams, betont Bonschenk, denn: „Wer immer in der eigenen Suppe rührt, ist nicht mehr offen für Veränderung“. Als jüngst in einer Restrukturierung bei Moysig selbst alle Unternehmensbausteine auf den Prüfstand kamen, wurde entschieden, das Workshop-Programm als zukunftsrelevant auszubauen und dem Thema Service-Design mehr Gewicht zu verleihen.
Finishing Dutch: Speed Dating
Mittleren und kleineren Einzelhändlern aufwandsarm zu schnellem Feedback und erster Hilfe vom Profi zu verhelfen, war das Ziel des Retail-Spezialisten Günter Bauer von der Agentur Finishing Dutch. Sein Coaching-Format „Pimp my Store Now“ verläuft wie eine Sprechstunde beim „Retail-Doktor“: Nach Terminabsprache wird ein Einzelhändler max. 45 Minuten lang befragt und beraten. „Natürlich ist so keine tiefgreifende, allumfassende Store-Analyse und -Optimierung drin, aber anhand von Grundriss, Fotos und einigen Rahmendaten lassen sich spezifische Probleme schnell erkennen“, so Bauer. Um die Praktikabilität hoch und die Kosten niedrig zu halten, wird das Speed Dating an Tages-Events angedockt, an denen viele Einzelhändler an einem Ort zusammenkommen wie etwa auf Fachmessen, regionalen Ordertagen oder Einkaufsverbandstagungen.
Waketo: Video-Learning
Ebenfalls vorrangig an den mittelständischen Einzelhändler richtet sich die E-Learning-Plattform Waketo. Die Kurs- und Lerneinheiten sind auf digitalen Kanälen jederzeit und überall abrufbar. Aktuell gibt es rd. 40 verschiedene Einheiten, die zwischen 45 Minuten und anderthalb Stunden dauern und je 15-40 Euro kosten. Aus den 3 Schwerpunktthemen Verkaufsförderung, Raumgestaltung und Online-Marketing lassen sich individuell passende Fachthemen wählen. In den Video-Kursen vermitteln Fachleute Wissen, Information und Inspiration für Einzelhändler mit praxisnahen Instruktionen. „Jedoch nicht mit vertonten Powerpoints oder langweiligen Referaten“, betont Waketo-Geschäftsführer Nikolai Gruschwitz, der zusammen mit dem Storedesigner Wolfgang Gruschwitz die Plattform gründete. „Die Fachleute in den Lerneinheiten erläutern ihren Stoff in lebendigen Sets, die nicht gestellt wirken“, sagt Nikolai Gruschwitz. „So simulieren wir echte Gesprächssituationen.“
Fotos (2): iStockphoto/Tempura, Jens Pfisterer
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org
Weitere Informationen: redaktion@ehi.org