Dass die Mietverträge der Center in der Regel auf mindestens zehn Jahre angelegt sind, gerät zunehmend in die Kritik. Denn Marken, Moden, Trend- und Produktthemen drehen schneller als bisher. Internationale Handelsunternehmen drängen auf den Markt. Reserved und CCC aus Polen, Rituals aus den Niederlanden und Nature & Decouvertes aus Paris. Wer noch kommen wird? „Die ganze Welt“, antwortet Andreas Malich, Head of Retail Agency East bei der CBRE GmbH. Der deutsche Markt ist ein Expansionsziel.
Ein gutes Center hat Kaufrelevanz und ist nicht nur touristischer Anziehungspunkt oder Fashion-Meile.
Michael Rotermund
Primark ist aktuell begehrter Frequenzbringer und Ankermieter. Nicht wenige der länger etablierten Textiliten arbeiten an der Verkleinerung ihrer Flächen. Oder an der Neuausrichtung: Angesichts weiter wachsenden Online-Handels, Click & Collect und Omnichannel kommen bewährte PoS-Flächen auf den Prüfstand und neue Formate in den Testlauf. Dänisches Bettenlager, eigentlich fokussiert auf Fachmarktzentren und Gewerbegebiete, hat vor wenigen Monaten ein auf rund 500 qm angelegtes, digital unterstütztes City-Format vorgestellt, das sich in innerstädtischen Shopping-Centern sehr wohl fühlt. „Ziel und Zweck unserer City-Stores ist, Angebotslücken zu schließen und Produkte zurück in die Innenstädte zu bringen, die durch den Rückgang von Warenhäusern und Fachgeschäften dort oftmals nicht mehr zu finden sind“, unterstreicht Sprecher Michael Rotermund.

Seit wenigen Monaten dividiert ‚Dänisches Bettenlager‘ seine Filialexpansion in zwei Schienen: Neben dem Fachmarkt-Konzept orientiert sich der Filialist auf Innenstadt-Standorte. In einem neuen urbanen Store-Format, den City-Stores mit rund 400 bis 600 qm, wird ein aussagekräftiges Konzentrat des Sortiments gezeigt, unterstützt von modernen, zentral platzierten iPad-Stationen mit Online-Anbindung, die auf das komplette Warenangebot verweisen.
Die erhöhte Dynamik der Handelsplattformen birgt Potenzial für kleinere Filialisten und Unternehmen mit innovativen Produktideen. Die Kunden suchen nach Abwechslung, Erlebnis, Überraschung, Inspiration, wenn sie sich zum ‚physischen Einkaufen‘ aufmachen. Dementsprechend nehmen Retail-Konzepte mit Event-Charakter an Interesse zu. Der Filialist idee. Creativmarkt veranstaltet außerhalb seiner Stores lebendige Bastel-Workshops in den öffentlichen Bereichen von Centern – was bei Kunden und Center-Managements sehr gut ankommt. „In guten innerstädtischen Lagen lässt sich eine eigenständige Präsenz als kreatives Haus am Platz oft charmanter darstellen als in Shopping-Centern. Dennoch sind einige innerstädtische Center für uns in den letzten Jahren interessant geworden, besonders, weil sie sich immer mehr als Treffpunkte mit Erlebnischarakter positionieren denn als reine Anbieter von Handelsware“, erläutert Dirk Langenströher, Geschäftsführer der idee. Creativmarkt GmbH & Co. KG. Und betont: „Entscheidend für uns sind die Frequenz, die Nähe zu Versorgern für den täglichen Bedarf sowie eine thematisch sinnvolle Zusammensetzung der Mieter. Erfreulich ist, dass die Zusammenarbeit mit den Werbegemeinschaften und Center-Managern an Intensität zunimmt.“ Und dass Bijou Brigitte, ein treuer Mall-Mieter, mit ‚The P. Cookery‘ ein neues Store- und Sortimentskonzept auf den Markt bringt, das mit Schmuck zum Selbermachen auf den DIY-Trend einsteigt, geschieht auch nicht aus einer Laune heraus. Auch mit Blick auf den Online-Handel und den ‚hybriden Shopper‘ meint Moritz-Felix Lück, MEC Metro-ECE Centermanagement: „Wir haben eine Explosion an Produkten, damit müssen wir leben. Daraus resultieren Fragen…“
Den Centern bleibt eigentlich keine Wahl. Eine zentrale Herausforderung für die Betreiber ist, den beschleunigten Wandel mit attraktiven Mieter-Konstellationen und zeitgemäßen Produkt-Themen abzubilden. Und schließlich mit Rahmenbedingungen, Mietverträgen und Umgangsformen, die Experiment, Individualität und Partnerschaft zwischen Center-Management und Retailern erlauben.
Fotos: Bayerische Hausbau Franz Brück (1), Dänisches Bettenlager (1)
Gemeinsame Sache
Innovative Ladenkonzepte und Einkaufszentren nähern sich an. Wie der Weg zueinander juristisch geebnet werden kann, erläutert Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla, Partner bei Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte mbB in Düsseldorf.
Wie können Center-Betreiber auf die Bedürfnisse kleinerer Einzelhändler eingehen?
Viele Center-Betreiber sind zunehmend zu Kompromissen etwa bei den Laufzeiten der Mietverträge bereit. Solange die Banken ihre Sicherheiten bekommen, spricht rechtlich nichts gegen eine Fünf- statt einer Zehnjahres-Laufzeit.
Worauf sollte der Einzelhändler achten?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass kleinere Mieter, die unbedingt in ein Center hinein wollen, die üblichen Standard-Mietverträge – nahezu ungeprüft – unterschreiben. Oft nehmen sie dann erst später in einem Konfliktfall zur Kenntnis, wozu sie sich rechtlich eigentlich verpflichtet haben. In einem jüngeren Fall war es beispielsweise so, dass der Vermieter vom Mieter bereits Mietzahlung verlangte, obwohl das Center infolge von Bauzeitenverzögerungen noch gar nicht eröffnet war und der Mietvertrag in der Tat nonchalant eine entsprechende Verpflichtung des Mieters enthielt.
Was kann er tun, um seine Interessen besser abzubilden?
Aus finanzieller Sicht des kleineren Einzelhändlers ist es angebracht, reine Umsatzmieten ohne Festmietenanteil zu vereinbaren. Das erhöht die Planungs- und Kalkulationssicherheit. Bei einem Vertrag mit Festlaufzeit ist es für einen kleinen Mieter oder ein innovatives Geschäftsmodell unter dem Aspekt der Planungssicherheit angezeigt, sich im Vertrag verschiedene individuelle Optionsrechte einräumen zu lassen.
Welche Spielarten kommen da in Frage?
Machbar wäre eine geringe Festlaufzeit beispielsweise von fünf Jahren mit der Option, verlängern zu können, wenn’s gut läuft. Oder auch zum Beispiel Rücktrittsrechte oder Sonderkündigungsrechte für den gegenteiligen Fall, dass etwa im zweiten Mietjahr der Umsatz deutlich hinter den Erwartungen liegt. Verbreitet sind auch sogenannte Handelsumfeldklauseln, die dem Einzelhändler ein Sonderkündigungsrecht für den Fall an die Hand geben, dass ein gewisser Mieterbestand im Umfeld nicht mehr gegeben ist und damit der passende Mietermix ins Ungleichgewicht geraten ist.