Ein anschauliches Beispiel ist Rewe: Seit 2023 verzichtet der Lebensmittelhändler aus Nachhaltigkeitsgründen auf den traditionellen Papier-Handzettel. Der Einsatz von Papier, Druckerfarbe und der Transport dieser Handzettel erzeugt eine erhebliche Menge an CO2. Eine Entscheidung dagegen zeigt, dass Unternehmen verstärkt auch aus ökologischen Überlegungen ihre Marketingstrategien überdenken. Das ist notwendig, denn die Werbebranche ist weltweit für vier bis sechs Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich.
Die klimafreundliche Gestaltung der Angebotskommunikation ist herausfordernd, bietet jedoch enorme Chancen für Innovation, Kosteneinsparung und nicht zuletzt Reputation.
Marlene LohmannOptimierungspotenzial der Werbebranche
Die nachhaltige Transformation eines Unternehmens ist eine ganzheitliche Aufgabe, die alle Bereiche betrifft. Dies gilt auch für das Marketing. Lange wurde das Thema Nachhaltigkeit allein der Umwelt- oder Nachhaltigkeitsabteilung zugeschrieben. Doch es wird immer deutlicher, dass die klimafreundliche Gestaltung der Angebotskommunikation ein zentraler Bestandteil der Transformation ist. Marketingabteilungen sollten aktiv in die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen einbezogen werden, um den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens zu verringern. Die Projektinitiative „CO2-effizientes Handelsmarketing“ des EHI Retail Institutes will das Bewusstsein innerhalb der Handelsbranche für den ökologischen Fußabdruck von Marketingmaßnahmen schärfen. Ziel ist es, die CO2-Emissionen in der Angebotskommunikation über verschiedene Medienkanäle sowie Einsparpotenziale aufzuzeigen. Eine wichtige Grundlage sind die Ergebnisse des „Product Carbon Footprint“ (PCF). Zum ersten Mal werden konkrete Daten über den CO2-Fußabdruck von Medienkanälen wie Print, Digital und Audio ermittelt, die Handelsunternehmen nutzen, um Klarheit darüber zu schaffen, welche Bereiche in der Wertschöpfungskette einzelner Kanäle besonders emissionsintensiv sind und wo optimiert werden kann.
Vergleich der CO2-Emissionen verschiedener Werbekanäle
Ersten Erkenntnissen nach sind die Emissionen der verschiedenen Werbekanäle sehr verschieden. So verursacht beispielsweise der Versand eines Newsletters an 1.000 Kund:innen etwa 43 Gramm CO2 – das entspricht einer Fahrtstrecke von 0,3 Kilometern mit einem Benziner. Eine Radiowerbung für die gleiche Reichweite verursacht dagegen nur 23 Gramm CO2. Bei anderen Kanälen, wie Online-, Display-, TV- oder Plakatwerbung, variieren die Emissionen ebenfalls stark und liegen teils darüber oder darunter.
Nachhaltig werben beginnt bei der Mediaplanung. Je genauer diese eingesteuert wird, umso kosten- und CO2-effizienter die Maßnahme. Entscheidend ist, mit dem richtigen Media-Mix nachhaltig erfolgreich zu sein.
Nina WernerEHI-Leitfaden: CO2-effizientes Marketing im Handel
Der Leitfaden steht für EHI-Mitglieder kostenfrei zum Download zur Verfügung.
Weitere Infos zum EHI-Leitfaden CO2-effizientes Marketing im Handel finden Sie hier.
CO2 als Faktor in der Mediaplanung
CO2-Emissionen sollten daher in der Mediaplanung eine größere Rolle spielen. Unternehmen sind gefordert, ihre Werbemaßnahmen nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach ökologischen Gesichtspunkten zu optimieren. Wichtig ist hierbei, dass Emissionen nicht isoliert betrachtet werden sollten, auch die Werbewirkung spielt eine Rolle. Ein Kanal, der für eine bestimmte Zielgruppe besonders effektiv ist, kann bei reduzierten Emissionen weiterhin sinnvoll sein. Dies erfordert jedoch eine detaillierte Analyse und einen umfassenden Blick auf die gesamte Marketingstrategie.
Wirkungsvolle Hebel zur Reduktion von CO2-Emissionen
Wie können Unternehmen konkret ihre CO2- Emissionen im Marketing reduzieren? Der Wechsel von Papier- zu Digitalformaten, wie es Rewe mit dem Verzicht auf Handzettel vormacht, ist eine Möglichkeit, doch auch digitale Kanäle sind nicht emissionsfrei. Hier kann durch die Senkung des Stromverbrauchs, die Reduzierung des Datenvolumens und die Verwendung erneuerbarer Energien in Rechenzentren ein erheblicher Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet werden. Für Printmedien gibt es die Möglichkeit, auf nachhaltigere Materialbeschaffung, weniger Papierbedarf und umweltfreundliche Druckprozesse umzustellen.
Die Studienergebnisse bestätigen unsere Haltung bei Obi, dass ein zielgruppenspezifischer Fit im Werbekontext und die relevante Kanalnutzung unerlässlich sind – auch, um jeden Kanal mit Blick auf unsere CO2-Bilanz so optimiert wie möglich zu nutzen. Daher haben wir uns bereits im Juli 2022 entschieden, in Deutschland zentralseitig auf die Aussendung von Printbeilagen zu verzichten.
Julia FabigKlimafreundliches Marketing als Chance
Die Ergebnisse der Studie zur CO2-Effizienz im Handelsmarketing zeigen klar, dass es kein „gutes“ oder „schlechtes“ Medium gibt. Jeder Kanal hat seine Berechtigung, solange er effizient und klimafreundlich genutzt wird. Für Unternehmen ergibt sich daraus die Chance, ihre Mediaplanung neu auszurichten und nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische Aspekte stärker zu berücksichtigen. Die Zukunft des Marketings liegt in der nachhaltigen Transformation, die eine Zusammenarbeit aller Unternehmensbereiche erfordert. Nur so kann es gelingen, den ökologischen Fußabdruck des Handelsmarketings nachhaltig zu reduzieren. Werbung und Klimaschutz müssen keine Gegensätze sein – sie können Hand in Hand gehen, wenn die richtigen Hebel betätigt werden.