Der Online-Handel wächst, die Frequenzen in den Innenstädten sinken. Vor diesem Hintergrund ist es für den stationären Handel geradezu lebensnotwendig, die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu ziehen, die Neugier der Kunden zu wecken, sie immer wieder zu überraschen und das Sortiment insgesamt so inspirierend wie möglich darzustellen.
Aufmerksamkeitsstarke Visual Merchandising-Konzepte und spektakuläre Kampagnen und Einzelmaßnahmen sollten im Optimalfall über alle Kanäle hinweg auch online gespielt werden und gewinnen immer mehr an Bedeutung. Unternehmen stocken ihre VM-Etats auf. „Um wirkliche Glanzpunkte zu setzen, braucht man sehr besondere Ideen und natürlich Budget“, sagt Michaela Strube, Leitung Kommunikation bei Dodenhof in Posthausen.
Marc Ramelow, der 8 Modehäuser im Norden Deutschlands führt, bestätigt das. „Die Budgets haben zugenommen, denn um wahrgenommen zu werden, mussten die VM-Themen deutlich markanter werden.“ Auch bei Lengermann + Trieschmann in Osnabrück ist das „ohnehin schon hohe Budget noch leicht gestiegen“, so Bernhard Fischer, Head of Marketing. Der Löwenanteil entfällt in der Regel auf Weihnachten und die Saisoneröffnungen als wichtigste Meilensteine der Jahresplanung.
Steigende Budgets
Parallel zu den tendenziell steigenden Budgets werden die Inszenierungen immer aufwändiger. „Wir setzen stark auf saisonale VM-Konzepte, die nicht nur ein optisches, sondern dank passender Musik auch ein akustisches Erlebnis sind“, sagt Marc Ramelow. Im Modehaus Kaiser in Freiburg wurde zur Saisoneröffnung im Frühjahr das gesamte Haus „in ein regelrechtes Blütenmeer verwandelt, in dem Figuren mit kunstvoll drapierten Blumenkleidern schwebten“, so Leila Heller-Wamsler, Head of Visual Merchandising. Peek & Cloppenburg, Düsseldorf setzt jährlich 6 große Schaufenster- und Instore Konzepte um, hinzu kommen noch Sale-Fenster und spontane Sonderfenster.
Insbesondere zu Weihnachten können die Aktionen, die einen Vorlauf von bis zu 12 Monaten haben, kaum spektakulär genug sein. Bei Dodenhof wird dieses Jahr ein neuartiges Weihnachtskonzept mit interaktiven Elementen umgesetzt. Mit kostenlos ausgeteilten Zauberstäben und einem persönlichen Zauberspruch können Dodenhof-Kunden in der gesamten Weihnachtszeit auf „magischen Erlebnisreisen“ durch das Center beispielsweise „Pinguine in Bewegung versetzen, 16 Millionen Farben zum Leuchten bringen oder in riesige Gondeln steigen, um dort weihnachtliche Selfies zu machen“, so Michaela Strube.
Ob zur Saisoneröffnung oder zu Weihnachten: Zielsetzung der VM-Maßnahmen ist stets, so Susann Conrad, Head of Visual Merchandising bei Peek & Cloppenburg, Düsseldorf, „den immer schneller werdenden Kundenlauf in den Städten zu verlangsamen, die Bekanntheit unserer Marke zu steigern und unser Image zu stärken und zu pflegen.“ Dabei kommt es vor allem darauf an, Emotionen zu wecken. „Emotionalität ist das allgegenwärtige Thema“, sagt Leila Heller-Wamsler, „wir sind in unseren Inszenierungen deutlich emotionaler geworden.“ Das gilt für die Schaufenster –laut Susann Conrad „einer der wichtigsten Kommunikationskanäle des Marketings und quasi die Visitenkarte des Unternehmens in der Fußgängerzone“ – ebenso wie für die Instore- Bereiche, denn schließlich „muss man auf den Flächen halten, was man im Fenster verspricht“, so Leila Heller-Wamsler.
Feste Aktionsflächen
Mit einem Dekopunkt im Eingangsbereich und vis-à-vis der Rolltreppe ist es daher nicht getan. In den Ramelow-Häusern gibt es „je nach Hausgröße feste Aktionsflächen und in jedem Abteilungsbereich zudem definierte Inspirationsflächen, wo die abteilungsrelevanten Themen präsentiert und die VM-Konzepte visualisiert werden“, sagt Marc Ramelow.
Für spektakuläre Inszenierungen werden aber auch eigens Flächen freigeräumt. So wie bei Kaiser, wo im Rahmen der Herbstkampagne zum Modethema „Hiking“ veritable Schwarzwaldhütten errichtet wurden. Bei Peek & Cloppenburg, Düsseldorf hat man für die 6 Weltstadthäuser ein Pop-up-Flächenkonzept geschaffen, das sich „in Design, Farbe, Architektur und Interieur deutlich von der regulären Verkaufsfläche abhebt“, so Susann Conrad. Dort wird in regelmäßigen Abständen ein Mix aus bekannten Marken und Nischen-Labels, ergänzt durch branchenfremde Lifestyle-Produkte präsentiert. „Der Trend geht klar zu einer aufwändigeren Inszenierung am POS und zu einer Verschmelzung von reiner Dekoration und Ware“, beobachtet Conrad. Auf seine Kernsortimente allein verlässt sich der Handel dabei jedoch nicht. Arrondierende Sortimente im Sinne des Concept Store-Gedankens sind in führenden Häusern inzwischen eine Selbstverständlichkeit.
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