
Hier erkennt man gleich, worum es in diesem Schuhgeschäft geht: Übergrößen! Und dass es diese durchaus auch in attraktiver Form gibt
Foto: Schuhplus
Im Jahr 2002 starteten Georg Mahn und Kay Zimmer mit ihrem Shop für Schuhe in Übergrößen im Keller von Zimmers Großmutter. Die Ware wurde auf einem Tapeziertisch verpackt, das überschaubare Sortiment bestand aus 20 Paar Schuhen. Heute bietet Schuhplus rund 100.000 verschiedene Modelle an und vertreibt die Schuhe weltweit über den Onlineshop und 5 stationäre Geschäfte in Norddeutschland. Rund 85 Prozent seiner Umsätze macht Schuhplus mit dem Online-Handel.
Herzstück des Omnichannel-Konzepts in den stationären Geschäften ist ein digitaler Touchscreen. Dieser bildet den gesamten Webshop ab. So können die Kunden und Kundinnen vor Ort Größen und Passform checken und ein gewünschtes Modell über das Terminal bestellen, wenn es im stationären Geschäft nicht vorhanden ist. In der Regel am folgenden Tag steht das Modell zur Anprobe zur Verfügung oder wird auf Wunsch direkt nach Hause geschickt.

Georg Mahn (links) und Kay Zimmer (rechts) streamen täglich live
Foto: Schuhplus
Darüber hinaus geben Displays an den Produkten Informationen rund um den Schuh und weisen die Preise, Verfügbarkeiten und Lagerorte aus. Geschäftsführer Kay Zimmer: „Das ermöglicht uns, Geschäfte von teils sehr unterschiedlichen Verkaufsflächen zu betreiben.“ Die Verkaufsfläche der Stores variiert zwischen 250 und 1.100 qm.
Omnichannel-Konzept
Die Vernetzung von Online und Offline besteht seit der Firmengründung. „Wir differenzieren nicht zwischen Online- und Offline-Geschäft“, sagt Expansionsleiter Georg Mahn. Vielmehr verstehen die Gründer digitale und nicht-digitale Absatzmärkte als eine Einheit. Die Kunden und Kundinnen sollen durch umfassende und transparente Produktinformationen im Kanal ihrer Wahl ausreichend Informationen zu den Schuhen erhalten und sich für ein passenden Paar entscheiden können.

Über digitale Touchscreens können die Kund*innen im stationären Geschäft auf den Onlineshop zugreifen
Foto: Schuhplus
Auch „virtuelle Schuhanproben“ hat Schuhplus bereits im vergangenen Jahrzehnt getestet, allerdings mit mäßigem Erfolg. Die virtuelle Schuhanprobe sorge zwar für eine positive und kompetente Interaktion, „aber wir haben bisher kein Tool gefunden, das einen signifikanten Einfluss auf die Retourenquote hat“, berichtet Kay Zimmer.
Im Marketing setzt man bei Schuhplus auf „virale Crossmedialität“: 20 verschiedene soziale Kanäle bedient der Schuhfachhändler – teilweise für bestimmte Regionen, um unterschiedliche Zielgruppen „maßgeschneidert“ anzusprechen. „Regionale Events, Angebote und Aktionen etwa an unserem Standort in Hamburg sind für unsere Kunden in Ostfriesland nicht unbedingt relevant“, sagt Georg Mahn, „Content darf nicht mit dem Gießkannenprinzip verteilt werden, darunter leidet die Glaubwürdigkeit.“
Bis Juni dieses Jahres gingen die Gründer meist über ihr Smartphone live, heute streamen sie mit einem 6-köpfigen Team täglich um 10 Uhr aus einem 120 qm großen TV-Studio. Die Inhalte der 10-minütigen Sendung werden gleichzeitig über verschiedene Kanäle ausgestrahlt. Kay Zimmer: „Wir wollten ein zentrales System, um alle Plattformen gleichzeitig, aber auch gezielt auf lokaler Store-Ebene zu erreichen.“ Vier Monate dauerte der Umbau des Dachbodens in der Firmenzentrale, der zuvor als Lagerraum diente, zum TV-Studio.
TV-Studio

Schuhplus TV Studio
Foto: Schuhplus
Die Live-Show dreht sich natürlich rund um die Marke Schuhplus und Schuhe in Übergrößen. „Unverblümt“ nennt Kay Zimmer den Kommunikationsstil. Die Inhalte drehen sich zum Beispiel um die Entstehung einer neuen Filiale, vom Aufbau der Ladenmöbel bis hin zur Eröffnung; es gibt Gewinnspiele und Filme von Gewinnübergaben. Ein Ziel ist es, Käufer und Käuferinnen von Schuh-Übergrößen ein positives Gefühl zu vermitteln. „Gerade Kundinnen mit Übergröße haben viele negative Erfahrungen“, sagt Georg Mahn. In den meisten Schuhgeschäften finden sie nur selten ihre Größe, und wenn, dann wenig modische und attraktive Modelle.
Insgesamt 5 automatische Kameras und Robotersysteme nehmen in dem TV-Studio die Inhalte auf. Über große Monitore kann Schuhplus im Studio mit Zuschauern interagieren oder sie per Smartphone zuschalten. Rund 50.000 Euro hat das Unternehmen in das neue mediale Konzept investiert. Schuhplus gibt an, aktuell eine kumulierte Reichweite von 3,5 Mio. Kontakten im Monat zu haben.
Für die Zukunft plant Schuhplus, deutschlandweit Filialen zu eröffnen: „Die nächsten drei Geschäftsjahre stehen voll und ganz im Zeichen der Filialisierung“, so Georg Mahn. In Kürze eröffnet in Köln das erste Geschäft in Nordrhein-Westfalen.