Die Konsum Leipzig setzt Großplakat-Werbung lediglich punktuell und zu speziellen Anlässen ein – zum Beispiel zur Kommunikation ihrer „Landfleisch“-Eigenmarke. Die Genossenschaft betreibt im Großraum Leipzig 70 Nahversorger-Supermärkte, eingebunden in Wohngebiete und damit in direktem Kontakt zur Zielgruppe. „Unser Haupt-Werbeträger ist der POS, sind die Filialen selbst“, erklärt Marketingleiter Henry Schütze.
Immerhin zwischen 10 und 15 Prozent ihres Werbebudgets gibt die Fussl Modestraße Mayr GmbH für Plakatwerbung aus. Der österreichische Modehändler mit gut 100 Filialen zwischen Vorarlberg und Wien fährt dreimal pro Jahr landesweite Großplakat-Kampagnen. Preise werden dabei nicht kommuniziert. „Wir zielen auf Image-Gewinn und auf die Stabilisierung unseres Bekanntheitsgrades“, sagt Geschäftsführer Karl Mayr.
Imagewerbung auf Plakaten betreibt auch die Knauber Freizeit GmbH & Co. KG in Bonn – aber nur auf den eigenen Großflächen im unmittelbaren Bereich der 13 Bau- und Heimwerkermärkte des Unternehmens. Die hohe Bedeutung der Plakatwerbung drückt sich bei Knauber auch im Budget aus. „Das Plakat ist nach Beilagen und Katalog der größte Einzelposten in unserem Werbeetat“, berichtet Knauber-Marketing-Chef Philipp Lösche.
Damit liegt bei Knauber die Bedeutung des Plakats im Werbemix wohl über dem Schnitt. Im 25 Mrd. schweren deutschen Werbemarkt (Bruttowerbedruck 2010 laut Nielsen Media Research) wird knapp eine Milliarde Euro für Plakatwerbung ausgegeben. Obwohl mit 2,1 Mrd. Euro die werbeumsatzstärkste Branche, investiert der Handel in die Plakatwerbung pro Jahr nicht mehr als rund 50 Mio. Euro.
Mit diesem Anteil von rund 3 Prozent an den gesamten Werbeausgaben spielt das Medium also eine eher untergeordnete Rolle. Im Einzelnen zeigt sich allerdings ein differenziertes Bild, abhängig von Branche und Betriebstyp, auch von der Affinität der jeweiligen Marketing-Verantwortlichen zum Plakat. Vor allem große Lebensmittelfilialisten, Drogeriemärkte, Baumarktbetreiber und Consumer-Electronics-Händler nutzen das Medium, um vor allem im direkten POS-Umfeld gezielte Kaufimpulse zu setzen.
Die Großfläche am Kundenparkplatz oder an der Außenwand des Marktes wirkt „through-the-line“, indem sie klassische Werbebotschaften reaktiviert und als Impulsgeber zum Kauf veranlasst. „Wie kein anderes klassisches Medium holt das POS-Plakat die Zielgruppe in einer zeitlichen wie räumlichen Bedarfssituation ab“, formuliert es Stefanie Probstfeld von der awk Außenwerbung GmbH, einem der führenden Dienstleister in diesem Bereich.
Teil der Markenstrategie
Eine Nielsen-Studie bestätigt diese Einschätzung. Danach führt großflächige Plakatwerbung am Point of Sale zu einem Abverkaufsplus von 5-20 Prozent für die beworbenen Produkte. „Der Abverkaufseffekt der einzelnen Produkte hängt allerdings stark von der Marke, der Markenstellung und -bekanntheit, dem Kaufzyklus bzw. dem Verwendungsanlass, der Saisonalität sowie der Notwendigkeit ab, das Produkt spontan kaufen zu wollen“, heißt es bei Nielsen. Plakate am POS erzielen also die besten Ergebnisse, wenn sie Baustein einer übergeordneten Markenstrategie sind.
Wie Großplakate tatsächlich wirken, untersucht eine neue Studie von Brand Science im Auftrag des Frankfurter Fachverbands Außenwerbung. Dazu wurden 49 Werbekampagnen aus Deutschland und der Schweiz analysiert, die sich im Schnitt zu 65 Prozent aus TV, zu 27 Prozent aus Print und zu knapp 6 Prozent aus Plakatwerbung im POS-Umfeld zusammensetzten. Aus der Gesamtheit aller Daten dieser Kampagnen wurde der Einfluss herausgefiltert, den die verschiedenen Marketing- und Verkaufsmaßnahmen auf den Absatz eines Produktes ausübten. Dabei zeigte sich, dass der Einsatz dieser klassischen Medien insgesamt zu einem zusätzlichen Verkaufserfolg von rund 13 Prozent führte.
Betrachtet man diesen zusätzlichen Umsatz alleine, erzielt das Plakat gemäß der Studie fast ein Drittel (31 Prozent) der Verkaufswirkung. Bezogen auf seinen durchschnittlichen Anteil am Mediamix von nicht einmal 6 Prozent ist die Wirkung des Mediums Plakat somit um den Faktor fünf höher. Diese Effektivität des Großplakats hat auch damit zu tun, dass sein Einsatz heute sehr gezielt steuerbar ist. Dabei fließen in der Regel neben Listungsdaten und Zielgruppen-Strukturdaten auch Geomarketing-Daten sowie die „Trade-Dimensions“-Handelsdaten von Nielsen in die Mediaplanung ein.
Wenn darüber hinaus Gestaltung und Inhalte stimmen, hat das Großplakat gute Erfolgsaussichten. Plakate sind keine „gezoomten“ Anzeigen. Je nach Umfeld stehen sie in starker visueller Konkurrenz. Und sie haben maximal 1,5 Sekunden Zeit, die Aufmerksamkeit des Kunden zu wecken. Allein schon deshalb müssen sie mit wenigen Elementen viel Aussagekraft entwickeln. Wie zum Beispiel das mit der „PlakatDiva 2011“ ausgezeichnete Motiv des Schokoladenherstellers Ritter Sport. Es zeigt die aufgetürmten, bunt gemischten Sorten der Schokoladen-Quadrate, darüber der Spruch: „Beitrag gegen einseitige Ernährung“. „Unglaublich frech und selbstbewusst für eine Schokolade, außerdem kommen die Produktvielfalt und das besondere Format der Tafel auf Plakat sehr gut zur Geltung“, urteilte die Jury des Fachverbandes Außenwerbung.
Knauber achtet darauf, dass ein Plakatmotiv stellvertretend ein ganzes saisonales Thema kommuniziert. So steht der beworbene Hochdruckreiniger auf dem Plakat für den Auftakt der Gartensaison. „Unsere Angebote verstehen wir vor allem als Stellvertreter für ein großes Ganzes“, erklärt Philipp Lösche. Knauber kooperiert zwar mit der Industrie, setzt Themen und Timing aber „nach eigenen Maßstäben, nicht nach den Promotionplänen einzelner Hersteller oder den Vertriebszwängen einzelner Produktkarrieren.“
Bei aller Wertschätzung für das Medium sieht Lösche aber auch noch Optimierungsbedarf bei den Anbietern von Außenwerbung. Das betrifft die starre Taktung der buchbaren Werbezeiträume, Qualitätsunterschiede der Flächen, mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Flächenbewertung und eine teilweise noch schlechte Bewirtschaftung der Flächen. Lösche: „Ich sehe immer wieder Plakate von bereits abgeschlossenen Kampagnen.“
Fotos: awk (2), Fussl (1)