„Es ist ein bisschen spooky, eine gespenstische Szenerie“, meint Thomas Ganter: Wenn der Geschäftsführer des Modehauses Lengermann + Trieschmann in Osnabrück derzeit seinen Arbeitsplatz aufsucht, führt sein Weg durch ein verlassenes Parkhaus in sein weitgehend menschenleeres Mode-, Sport- und Erlebnishaus: 9.000 Quadratmeter mit schummriger Notbeleuchtung, temperiert auf wenig einladende 18 Grad. Im dem für Kunden geschlossenen Store trifft Ganter auf 50 Mitarbeiter aus den Abteilungen Buchhaltung, Logistik und Digitales.
Dies spiegelt auch die Lage in anderen Modehäusern wider. „Mein Mann, mein Sohn und ich sind jeden Tag von 10 bis 18 Uhr im Geschäft“, erzählt Ellen Wigner von Erlebe Wigner in Zirndorf. Unterstützt werden sie „von zwei Mitarbeitern der Marketingabteilung, die nicht in Kurzarbeit sind“. Auch bei Garhammer in Waldkirchen sind „an guten Tagen bis zu 20 Prozent der Mitarbeiter im Einsatz“, berichtet Inhaber Johannes Huber.
Lockdown-Maßnahmen
An Herausforderungen und Aufgaben mangelt es nicht. Im Fokus stehen Überlegungen dazu, welche Maßnahmen zur Wiedereröffnung zu ergreifen sind. Wer etwa bisher noch keine Frischluftzufuhr in seinen Store integriert hat, plant, „mobile Luftfilter aufzustellen“, so etwa Jens Ristedt, Inhaber des Modehauses Ristedt in Bremen.
Viele Händler bringen ihre Modehäuser auf Hochglanz oder nutzen die Zeit, um zu renovieren. Damit der Kontakt zur Kundschaft erhalten bleibt, gilt es, die Social Media-Kanäle zu bespielen.
Hauseigene Restaurants warten zum Teil mit „To-go”-Speisekarten auf. Bei Juhasz Mode & Genuss in Bad Reichenhall zum Beispiel stehen neun verschiedene Gerichte auf der Tageskarte, bei Erlebe Wigner hat man sich auf themenbezogene „Genussboxen“ spezialisiert. Die Kundschaft nimmt derartige Angebote sehr gut an, es „hilft uns aber nicht wirklich weiter“, sagt Ellen Wigner. „Wir machen das vor allem, um weiterhin sichtbar zu sein.“
Alle Kanäle nutzen
Welcher Aufgabe die Modehändler dieser Tage in ihren Häusern nachgehen: Sie sehen vor allem die vielen Waren, die sich auf den Verkaufsflächen ansammeln. Daher ist jeder bemüht, die Winterware auf alternativen Kanälen zu vermarkten.
„Wir forcieren natürlich unser Online-Geschäft“, sagt Christian Rugen, Geschäftsführer von CJ Schmidt in Husum: „Die Click & Collect-Rate ist rasant gestiegen.“ Wer keinen eigenen Online-Shop hat, bietet Beratung und Personal Shopping Services per Zoom, Telefon oder Whatsapp oder versendet – wie Garhammer oder Juhasz – individuell zusammengestellte „Style Boxen“.
Stephan Becker, Inhaber des 300 qm großen Fachgeschäfts Constanca in Trier, hat für seine „modischen Kundinnen, die bereits gezielt nach neuer Mode fragen“, bereits Frühjahresware bei seinen Lieferanten abgerufen, „aber mit Valuta“ (A. d. R. Wertstellung). Nun stellt er für seine Stammkundinnen eine Auswahl an Artikeln zusammen, die die Ware an der Ladentür abholen.
Häufig liefern die Chef:innen der Modehäuser auch persönlich Waren aus. Jens Ristedt etwa bewirbt seinen Service eigens als „Fashion Taxi“. Wenngleich jeder sein Bestes gibt, so ist es „natürlich sehr bedrückend, jeden Tag durch ein tolles Modehaus zu gehen, dessen Türen geschlossen bleiben, und die Sorgen in den Augen der Mitarbeiter zu sehen“, sagt Christian Rugen. „Das Schlimmste ist die Unsicherheit“, sagt Johannes Huber. „Jetzt wird bis in den März hinein diskutiert – und man erfährt nicht, wie es weitergeht.“